- Marco Polo von Mercedes: Was hat sich mit dem Facelift geändert?
- Mercedes: Wie macht sich der Marco Polo in der Praxis?
- Kein Platz für Zwei? Der Marco Polo im Camping-Urlaub
- Unser Fazit zum Marco Polo
- Datenblatt Marco Polo 300 d 4matic Edition
Romantik pur verspricht so ein Camping-Wochenende in den Bergen. Im Marco Polo ist es zwar eng, aber gemütlich. © Daimler
Familientaxi, Campervan, Transporter und Luxuslimousine gleichzeitig – der Marco Polo von Mercedes Benz will einer für (fast) alles sein. Wir haben den brandneuen Daimler-Kleinbus mit Westfalia-Ausstattung getestet und sagen für wen und für was er sich wirklich eignet.
- Der neue Marco Polo von Mercedes glänzt durch seine edle Ausstattung.
- Jetzt gibt es den Campervan auch mit einem großen 239 PS starken Diesel.
- Trotz seiner Größe fährt sich der Kleinbus so leicht wie ein Pkw.
Marco Polo von Mercedes: Was hat sich mit dem Facelift geändert?
Das ist neu: Genauso wie bei der V-Klasse, die ja als Basis für den Marco Polo dient, gibt es nur ganz dezente Veränderungen im Bleichkleid. Die überarbeitete Frontpartie etwa, die man in der AMG-Variante auch mit Diamantgrill haben kann. Oder die Luftdüsen in Turbinen-Design, die es bei den Pkw schon lange gibt. Leider ist der größere Infotainment-Bildschirm nicht in der Konsole integriert und sieht deshalb wie nachträglich eingebaut aus. Die damit verbundenen höheren Entwicklungskosten wollte Mercedes* für das Facelift wohl nicht ausgeben.
Sieht aus wie ein Mercedes ist auch ein echter Mercedes sogar im Cockpit. Jetzt auch mit den feinen Turbinendüsen. © Daimler
Anders bei den Motoren. Die größte Neuerung ist der erstmalig zur Verfügung stehende Diesel mit 239 PS. Schneller kann man nicht ins Ausflugswochenende starten: In 9,4 Sekunden spurtet der V 300d 4matic von 0 auf Tempo 100, mit 210 Sachen geht es auf die Autobahn Richtung Berge, Meer, Wald und Flur. Bei diesen Fahrleistungen muss alles gut verstaut und verzurrt sein, sonst fliegt einem so manches um die Ohren. Großer 2,0-Liter-Motor, knackige 9-Gang-Automatik, dazu Allrad – damit lässt sich sogar ein Campervan flott durch die Kurven jagen.
Mit 239 PS ab ins Wochenende. Der neue große Dieselmotor bietet gute Fahrleistungen, dann wird er aber durstig. © Daimler
Mercedes: Wie macht sich der Marco Polo in der Praxis?
Für welchen Zweck taugt er nun der Marco Polo? Trotz der Länge von 5,14 Metern lässt sich der Edeltransporter erstaunlich leicht und komfortabel fahren. Mehr wie eine Limousine als ein Transporter. Der Dieselmotor ist Mercedes typisch gut gedämmt, das Interieur entspricht ebenfalls dem gewöhnten Stuttgarter Sterne-Niveau. Was auch für den Sound gilt: Neun Lautsprecher und ein 5-Kanal-Verstärker – klingt einfach gut.
Praxistauglich ist der Marco Polo nahezu in jeder Lebenslage. Ob als Pendlerfahrzeug mit einem Durchschnittsverbrauch von 6,7 Litern oder als Transporter für den Wochenend-Einkauf. Bei einer Fahrzeughöhe von knapp unter zwei Metern muss man nämlich keine Angst vor Tiefgaragen haben. Das ist auch für manche Urlaubsländer wichtig. An vielen Küstenabschnitten sind die Parkplätze* für Autos über zwei Metern mit einem Balken gesperrt.
Übernachten in der freien Natur: Davon schwärmen viele. Mit einem Campervan rückt der Traum näher. © Daimler
Wenn man die Sitzbank ausbaut entwickelt der Marco Polo sogar Transporter-Qualitäten. Allerdings sollte man genau prüfen, was man hinten reinpackt. Schnell ist der Boden in Yachtholz-Optik ruiniert, die Klavierlack-Oberflächen der edlen Camping-Einbauten verkratzt. Unsere Meinung: So tauglich der Marco Polo als ganz normales Alltagsauto auch ist. Wer zum Beispiel ein Haus baut und dafür ein geeignetes Fahrzeug zum Transport diverser Materialien sucht, sollte aber auf den Vito von Mercedes zurückgreifen. Der ist viel robuster.
Auch als Familientaxi, wenn die Mitgliederzahl die Vier überschreitet, eignet sich der Marco Polo nur bedingt. Die Sitzbank hinten bietet nur Platz für zwei. Dafür aber mit schon fast verschwenderischer Beinfreiheit. Um mehr Leute hineinzukriegen, müsste man sich rein theoretisch eine zusätzliche Sitzbank oder ein Einzelsitz besorgen und bei Bedarf einbauen. Das macht aber keiner, der mit seinen Kindern, Oma und Opa mal nur zum Essen aufs Land düsen will. Wer so einen Familienbus braucht, sollte auf die normale V-Klasse zurückgreifen.
Dafür punktet der Marco Polo, wenn es um Wochenend-Freizeitaktivitäten zu viert geht wie etwa Baden oder Bergwandern. Abgesehen vom vielen Platz, bei dem auch die schon aufgeblasene Schwimmente, Luftmatratze oder das SUP-Board locker reinpasst, hat man ja auch noch einen Kühlschrank an Bord für Brotzeit und Getränke. Und wenn es regnet, dann findet das Picknick halt im Auto statt. Der Tisch ist schnell aufgeklappt, und sowohl Fahrer- als auch Beifahrersitz lassen sich umdrehen, so dass man sich bei der Pausenjause gegenübersitzt.
Gedeckt für eine mediterrane Brotzeit ist hier der Tisch. Fahrer- und Beifahrersitz lassen sich nach hinten schwenken. © Daimler
Womit wir bei der eigentlichen Bestimmung des Marco Polo sind. Schließlich steht der Bestseller auch für Urlaubsfreuden. Wir fuhren damit zu zweit nach Südtirol. Theoretisch hätten auch vier im Bus schlafen können. Zwei unten auf der umgebauten Liege und zwei oben im Bett unter dem elektrisch aufklappbaren Dach. Aber wirklich nur rein theoretisch und nur dann, wenn man auf Stockbetten und Jugendherbergscharme steht.
Eher für Kinder eignet ist das Bett im aufklappbaren Dache. Dann können bis zu vier Personen im Marco Polo übernachten. © Daimler
Vier Personen im Marco Polo – da wird doch die Sardine in der Büchse verrückt. Denn auch für zwei ist es schon ziemlich eng, vor allem wenn es draußen kalt ist und regnet. Dass sich zwei Menschen gleichzeitig umziehen – keine Chance. Da muss einer auf den Vordersitzen pausieren. Die Zeit kann man aber gleich sinnvoll nützen und die Jalousien für Seiten- und Frontscheibe in Form einer Schürze anbringen. Ein Unterfangen, das zumindest beim ersten Mal Mühe kostet, bis man das Prinzip verstanden und die Saugknöpfe an der richtigen Stelle angebracht sind.
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Kein Platz für Zwei? Der Marco Polo im Camping-Urlaub
Damit haben die Tücken des Campinglebens aber gerade erst angefangen. Erst einmal die Betten machen. Ganz einfach die Sitzbank entriegeln, sanft rollt sie nach hinten. Auf Knopfdruck legen sich Lehne und Kopfstützen um. Zusammen mit der Heckablage entsteht so eine ebene Liegefläche. Dann noch Matratze und Laken drauf, fertig ist das Doppelbett. Allerdings eines für frisch Verliebte, weil es wirklich schmal ist und auch nicht den geringsten Schnarcher verzeiht.
Einfach die Sitze umklappen, und das funktioniert sogar elektrisch, schon hat man eine ebene Liegefläche für das Bett. © Daimler
Aber noch ist es zu früh für die Bettruhe. Noch ein wenig Lesen. Aber wo ist, verdammt und zugenäht, jetzt die Nachtlektüre? Hmm! Stimmt, wir haben die Bücher im Schrank verstaut. Da kommt man jetzt aber nicht mehr ran, weil der Tisch eingeklappt ist und sich die Platte genau zwischen Bettkante und Schublade befindet. Dann einfach noch ein Bier. Das ist zwar nicht unmöglich, gestaltet sich aber ebenfalls schwierig. Denn die schicke, schwarze Küchenzeile mit Zweiflammen-Gaskocher, Spüle und dem sich nach oben öffnenden Kühlschrank ist mit allen möglichen Utensilien wie Schminktasche und Kulturbeutel belegt. Und so wird der Ausflug nach Südtirol ein Kampf mit der Tücke des Objekts. Eine Aufgabe für echte Entdecker, wie auch der große Marco Polo einer war.
Die Küchenzeile besteht aus Spüle, Zwei-Flammen-Gaskocher und einem Kühlschrank. Edel ist die Klavierlack-Optik. © Daimler
Unser Fazit zum Marco Polo
Der Marco Polo ist ein komfortabler, leicht zu fahrender, alltagstauglicher Bus, den man auch als rollendes Luxusbett fürs Wochenende hernehmen kann. Ohne Dusche und Klo eignet er sich nicht wirklich als Campervan, mit dem man zwei Wochen lang unterwegs ist. Der Preis fängt bei rund 66.600 Euro an für die schon recht ordentlich ausgestatteten Variante “Edition” mit dem großen Motor und Allrad-Antrieb. Dafür hält sich der Wertverlust aber auch in engen Grenzen. So ein Marco Polo glänzt mit einem guten Wiederverkaufswert, wenn man sich überhaupt von ihm trennen kann.
Den Sonnenaufgang vom Bett aus anschauen: Nur richtig herum parken muss man seinen Marco Polo. © Daimler
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Datenblatt Marco Polo 300 d 4matic Edition
Hubraum: | 1950 ccm |
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Leistung: | 239 PS bei 4200 U/min |
Drehmoment: | 500 Nm zwischen 1600 und 2400 U/min |
Getriebe: | 9G-Tronic Automatik |
Länge/B/H: | 5140/1928/1975 mm |
Leergewicht (zul): | 2555 kg / 545 – 635 je nach Ausstattung |
Anhängelast (gebremst): | 2000 kg |
Gepäckraumvolumen: | 670 l |
0 auf 100: | 9,4 s |
Top-Tempo: | 210 km/h |
Normverbrauch: | 6,7 Liter |
Co2: | 176 g/km |
Abgasnorm: | Euro 6d-Temp |
Preis (je nach Ausstattungslinie): | ab 61.713 Euro |
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Rudolf Bögel
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