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Mercedes EQE SUV: Wie fährt sich das Elektro-SUV mit Stern?

Mercedes stellt seiner Elektro-Limousine EQE auch ein SUV zur Seite. Es ist nicht minder fein und technisch ebenfalls ein Hochkaräter. Aber rechtfertigt das den hohen Preis? Die reichweitenstärkste Variante EQE 350+ SUV im Fahrbericht:

mercedes eqe suv: wie fährt sich das elektro-suv mit stern?

So sehen SUVs im Elektro-Zeitalter aus: Mercedes EQE SUV mit geschlossenem Kühlergrill, bündig versenkten Türgriffen und stromlinienförmiger Silhouette. Hersteller

Wie er aussieht:

Der Name gibt bereits einen so klaren Hinweis, dass ein Erklärungsversuch fast schon die Intelligenz unserer Leser beleidigt. Sorry also, aber ja – das EQE SUV ist das SUV vom EQE, der vollelektrischen Business-Limousine von Mercedes. Würde man nach einem Pendant in der Verbrennerwelt suchen, fände man die Referenzgröße im GLE.

Mit 4,86 Metern fällt das SUV neun Zentimeter kürzer aus als die Limousine. Die Formgebung ist eine ruhig-unspektakuläre, ersichtlich haben die Designer glatten Flächen und rundlichen Konturen den Vorzug vor einem gewagten Captain-Future-Look gegeben. Das hat natürlich auch mit aerodynamischem Feinschliff zu tun. Die windschlüpfigste Modellvariante bringt es auf einen cW-Wert von 0,25, was unter anderem Zutaten wie den Radspoilern, der umfangreichen Unterbodenverkleidung, dem Dachspoiler oder den bündig versenkten Türgriffen zu danken ist, die einladend ausfahren, wenn sich der Fahrer beziehungsweise die Fahrerin mit dem Schlüssel nähert.

Gebaut wird das EQE SUV übrigens im US-Werk Tuscaloosa/Alabama, wo es sich in Gesellschaft der anderen großen Mercedes-SUVs befindet.

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Wie er eingerichtet ist:

Selbstredend edel, selbstredend luxuriös, selbstredend in erstklassiger Verarbeitungsqualität. Hinter dem Lenkrad baut sich ein digitales Fahrerdisplay im Tablet-Stil auf, der üppig dimensionierte Zentralbildschirm ist eine optische Fortsetzung der mächtigen Mittelkonsole und liefert Bilder von beeindruckender Brillanz.

Mercedes hat mit seinem reaktionsschnellen MBUX-Infotainment und der famos verständigen Sprachassistenz eines der besten, wenn nicht das beste System auf dem Markt zu bieten. Die Möglichkeiten gleichen einer digitalen Wundertüte, deren Inhalte sich in so vielen Untermenüs verästeln, dass man das letzte wahrscheinlich selbst nach zehnjähriger EQE-Haltedauer noch nicht kennengelernt hat. Eintauchen in die Menüstruktur lässt es sich auch über die kleinen Touchflächen am Lenkrad, was gut gemeint sein mag, in der Praxis aber nicht wirklich zufriedenstellend funktioniert, vor allem dickere Daumen führen mangels Treffsicherheit immer wieder in die Irre.

Gegen rund 5800 Euro Aufpreis verwandelt Mercedes den gesamten Armaturenträger in eine 141 Zentimeter breite Bildschirmlandschaft mit dem unbescheidenen, aber zutreffenden Namen “Hyperscreen”. Auch der Beifahrer erhält so auf Wunsch seine eigene digitale Spielwiese, beispielsweise zum Filmegucken. Wenn der Blick des Fahrers neugierig herüberschweift, dunkelt das wachsame System für ihn spielverderberisch, aber sicherheitsdienlich das Bild ab.

Unser Testwagen hatte den Hyperscreen nicht. Kennenlernen konnten wir ihn aber schon, fühlten uns dem digitalen Overkill damals ziemlich nahe und finden die hohe Mehrausgabe nach wie vor verzichtbar. Auch im Standard-Cockpit kann schon genügend los sein. Bunt leuchten gegebenenfalls Anzeigen und Ambientelicht, und für 690 Euro mag man sich außerdem die Zierelemente aus Magnolienholz leisten, in die eine gefühlte Tausendschaft von Mercedes-Sternchen aus Aluminium eingearbeitet ist.

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Wie viel Platz er hat:

Das EQE SUV ist ein stattliches Fahrzeug, entsprechend schwer fällt es, von Raumnöten zu sprechen. Der Zustieg durch die großen Türen erfolgt bequem, der große Mercedes bringt seine Passagiere komfortabel unter, ohne dass es irgendwo zwackt. Hinter der elektrisch öffnenden Heckklappe tut sich ein ausreichend fassungsfreudiger 520-Liter-Kofferraum auf, der sich durch Umklappen der im Verhältnis 40/20/40 geteilten Rücksitzlehnen bis auf 1675 Liter erweitern lässt. Die so entstehende Ladefläche ist funktionalerweise nahezu flach. Ebenfalls praktisch: Werden die Rückenlehnen in die steile Cargo-Stellung gebracht, vergrößert sich das Standard-Ladevolumen auf 580 Liter.

Vieles lässt sich in dem großen Ablagefach zwischen den Vordersitzen unterbringen. Einen Frunk unter der Fronthaube bietet das Elektro-SUV aber nicht. Mercedes hat auf das Staufach verzichtet, um stattdessen einen luftreinigenden Hepa-Filter unterbringen zu können.

Was ihn antreibt:

Der von uns gefahrene 350+ ist die zweitstärkste Variante des EQE SUV und gleichzeitig – dazu später mehr – der Reichweitenkönig im Programm. Der Elektromotor mobilisiert 215 kW/292 PS und produziert ein Drehmoment von 565 Newtonmetern, den Fahrstrom bevorratet eine Lithium-Ionen-Batterie mit 90,6 kWh nutzbarer Kapazität. Alternativ zum Hecktriebler gibt es auch eine Allrad-Ausführung namens EQE 350 4Matic. Bei ihr erhöht sich die ansonsten eher spärliche Anhängelast von 750 auf bis zu 1800 Kilogramm.

Ein Blick auf die weiteren Varianten: Basismodell ist der EQE 300 (180 kW/245 PS, Hinterradantrieb), oberhalb des 350+ angesiedelt finden sich 500 4Matic (300 kW/408 PS), Allrad), AMG 43 4Matic (350 kW/476 PS) und AMG 53 4Matic (460 kW/625 PS), die allesamt mit Allradantrieb arbeiten.

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Wie er sich fährt:

Ganz prächtig. Der EQE 350+ ist ein fahrerischer Gentleman und Könner, der zu keinem Zeitpunkt den Eindruck vermittelt, mit seinem nicht unerheblichen Gewicht von immerhin 2,4 Tonnen überfordert zu sein. Die Tempointensivierung erfolgt ohne Verzug und mühelos, von 0 auf 100 km/h geht es in ordentlichen 6,7 Sekunden, erst bei 210 km/h greift die Elektronik abregelnd ein. Dank der exzellenten Geräuschdämmung dringt nur leises Sirren in den Innenraum, ansonsten herrscht Stille. Und die empfehlenswerte Luftfederung (Airmatic) sorgt dafür, dass der EQE in geschmeidiger Gelassenheit alles übergleitet, was sich ihm an straßenbaulichen Widrigkeiten in den Weg stellt.

Das gilt insbesondere in der Grundeinstellung “Comfort”, die das Wesen und den Daseinszweck des Fahrzeugs als kultivierter Langstreckler am besten unterstreicht. “Sport” erlaubt es zwar, die gesamte Fuhre beherzter um die Kurven zu zirkeln, aber in diesem Fall müssen sich die Passagiere mit einer klar strafferen Fahrwerksabstimmung arrangieren.

Einen erstaunlichen Gewinn an Handlichkeit beschert die optionale Hinterachslenkung. Mit ihrer Hilfe lässt sich der große Brocken auch in Lücken und Ecken manövrieren, die anzusteuern man eigentlich als viel zu verwegen einschätzen würde.

Die drei Rekuperationsstufen von Segeln bis hin zu verstärkter Bremsenergierückgewinnung lassen sich bequem über Lenkradwippen ansteuern. Man kann aber auch “D Auto” wählen und den Eco-Assistenten machen lassen, der situationsoptimiert arbeitet. Das bedeutet, dass er beispielsweise auf vorausfahrende Fahrzeuge reagiert und in deren Gefolge bis zum Stillstand verzögert, an einer Ampel beispielsweise.

Wie weit er kommt:

Die WLTP-Norm stellt pro Akkuladung 485 bis 596 Kilometer in Aussicht. In der Praxis sind 400 bis 450 Kilometer realistisch.

Wie viel er verbraucht:

Auch das hängt von den üblichen Faktoren wie Fahrweise oder Außentemperatur ab. Wer die Autobahn mit beherztem Tempo unter die Räder nimmt, kann es schon auf Werte von knapp 30 kWh/100 km bringen. Im langsamen Stadtverkehr mit seinen vielen Rekuperationsphasen sind aber auch 18 kWh drin. Durchschnittlich haben wir mit unsem Testwagen 21,2 kWh/100 km verbraucht.

Wie er lädt:

An der AC-Wallbox dreiphasig und mit bis zu 11 kW, einen 22-kW-Onboardlader gibt es leider nur als Sonderausstattung. Zuhause, wo man in aller Regel über Nacht lädt, wird man den stärkeren Charger zwar nicht unbedingt vermissen. Doch an der öffentlichen Ladestation macht es durchaus einen Unterschied, ob der Akku nach neuneinhalb oder 4,8 Stunden wieder voll ist.

Die DC-Schnellladeleistung beträgt maximal 170 kW, was wir bestätigen können und was ordentlich, aber nicht überwältigend ist. Im Idealfall genügt eine gute halbe Stunde, um den Ladestand von zehn auf 80 Prozent aufzubessern.

An entsprechend geeigneten Ladesäulen beherrscht das EQE SUV “Plug & Charge”: Der Ladevorgang startet automatisch, sobald das Fahrzeug angeschlossen ist, eine App oder Ladekarte braucht es nicht.

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An dieser Stelle wollen wir auch auf die Laderoutenplanung zu sprechen kommen. Denn die funktioniert richtig gut: Das Navi berechnet sinnvolle Ladestopps bei der Wegführung mit ein, gleichzeitig wird die Batterie so vorkonditioniert, dass sie sich bei Ankunft an der Stromtankstelle auf Wohlfühltemperatur befindet, was wiederum die Ladeleistung optimiert. Zudem gibt es eine Suchfunktion, mit deren Hilfe man sich die Ladestationen im Umkreis oder entlang der Route auflisten lassen kann. Infos zu Verfügbarkeit und Ladeleistung (Filtermöglichkeit) werden mitgeliefert. Auch die Navi-Karte zeigt die Ladepunkte in der Umgegend an.

Was er bietet:

Serienmäßig unter anderem 19-Zoll-Leichtmetallräder, LED-Scheinwerfer, das Assistenz-Paket (Adaptivtempomat, Spurhalte- und Totwinkel-Assistent), das Parkpaket (Rückfahrkamera, Parkautomatik), ferner die Kombination aus 12,3-Zoll-Fahrerdisplay und 12,8-Zoll-Zentraldisplay, Navi, Sitzheizung, Klimaautomatik, elektrische Heckklappe und Wärmepumpe.

Was er kostet:

Ab 86.810 Euro. Ein Fall für den Umweltbonus ist das EQE SUV damit nicht mehr. Unser Testwagen kam auf geradezu erschreckende 119.000 Euro.

Was wir meinen:

Das Mercedes EQE 350+ SUV bietet elektrisches Fahren auf höchstem Niveau. Das Platzangebot ist familientauglich, das Lademanagement vorbildlich, die Reichweite alltagskonform, das Multimediasystem hochintelligent. Über ein paar Schwächen bei der Bedienbarkeit hinwegzusehen, fällt nicht schwer. Schon eher Anlass zum Hadern gibt der hohe Preis. Ein Mercedes ist noch nie kompatibel mit schmalen Geldbeuteln gewesen. Daran hat sich auch im elektrischen Zeitalter nichts geändert.

Ulla Ellmer

Die Daten des Mercedes EQE 350+ SUV

Antrieb: Elektromotor, Hinterradantrieb, Eingang-Automatik

Leistung: 215 kW/292 PS

Max. Drehmoment: 565 Nm

Batterietyp: Lithium-Ionen

Batteriekapazität: 90,56 kWh (nutzbar)

Ladeanschluss: Typ 2, 3-phasig, 11 oder 22 kW und CCS, bis 170 kW

Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h (abgeregelt)

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,7 sec

Reichweite WLTP: 485 – 596 km

Normverbrauch WLTP: 21,6 – 17,5 kWh/100 km

Testverbrauch: 21,2 kWh/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

Energie-Effizienzklasse: A+++

Länge: 4,86 m

Breite: 1,94 m ohne, 2,14 m mit Außenspiegeln

Höhe: 1,69 m

Sitzplätze 5

Gepäckraum: 520 – 1675 l

Leergewicht: 2430 kg

Zuladung: 545 kg

Anhängelast: 750 kg gebremst/ungebremst

Versicherungs-Typklassen: 21 (HP), 29 (TK), 29 (VK)

Preis: Ab 86.810 Euro

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