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Mercedes eActros 600: E-Lkw für über 1000 km elektrisch am Tag​

Mit dem neuen eActros 600 stellt Mercedes-Benz ein elektrisches Lkw-System vor, das im Bereich 500 bis 1000 Tageskilometer agieren soll.​

mercedes eactros 600: e-lkw für über 1000 km elektrisch am tag​

(Bild: Mercedes-Benz)

Der Mercedes-Benz eActros 600, benannt nach seiner 621 kWh (brutto) fassenden LFP-Batterie, soll nach Herstellerangaben bis etwa 500 km mit einer Ladung kommen und mit den gesetzlich vorgeschriebenen Lenkpausen am Tag bis “deutlich über 1000 km”. Auf vielen Strecken genügt für Tagesfahrleistungen in dieser Gegend laut Hersteller der sofort verfügbare CCS-Stecker mit 400 kW Ladeleistung.

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Das Fahrzeug ist technisch auf 1000 kW Ladeleistung ausgelegt, hier fehlen aber noch standardisierte Stecker und Megawatt-Ladestationen. Sobald es die Technik gibt, soll man sie einfach nachrüsten können. Mit 1 MW maximaler Ladeleistung dauert die Ladung von 20 auf 80 Prozent SoC etwa 30 Minuten. Der Akkuhub beträgt 95 Prozent. Mercedes legt die Fahrzeuge inklusive Batterie auf eine Laufleistung von bis 1,2 Millionen km in 10 Jahren aus. Nach dieser Zeit soll die nutzbare Kapazität der Batterie noch 80 Prozent betragen. Die Ingenieure setzen also voll auf die Eigenschaften von Lithium-Eisenphosphat (LFP).

Übliche Fernverkehrs-Tagesetappen liegen im Bereich 800 km, je nach Streckenprofil, Frachtlade-/-entladezeiten und Verkehr. Vierstellige Tagesfahrleistungen treten meistens erst im Mehrschichtbetrieb auf und gehen dann (selten) bis über 1200 km. Mehr als 60 Prozent der Langstreckenfahrten bei Mercedes-Trucks-Kunden (und nicht nur dort) liegen allerdings im Bereich unter 500 km, wären also ohne Nachladen fahrbar, was günstige Stromnachladekosten daheim im Fuhrpark ermöglicht. Der Verkauf beginnt laut Mercedes bereits “dieses Jahr” (2023), allerdings erst mit 50 Erprobungsfahrzeugen, auch in Kundenhand. Die Serienfertigung startet voraussichtlich Ende 2024.

Lasten und Kosten

Bei einem angenommenen zulässigen Gesamtgewicht von 44 t (wie sie die EU gerade europaweit als Standard erwägt) liegt die Nutzlast des eActros 600 bei 22 t, bei 40 t bleiben also 18 t Nutzlast. Schwierig wird es bei den Kosten: Der eActros 600 wird “das Zweieinhalbfache” eines vergleichbaren Diesel-Actros kosten. Mercedes rechnet in manchen Szenarien mit einer Kostenparität oder gar Kostenvorteilen gegenüber Diesel bei 600.000 km in 5 Jahren, das kommt aber stark auf Strompreise, Dieselpreise und die in Deutschland bereits umgesetzten Ermäßigungen der eben stark erhöhten Maut für E-Lkw an. Mit viel unterwegs laden, den auf die Megawatt-Ladungen umzulegenden Investitionskosten für Leitungen und Stationen und den vor allem in Deutschland teuren Strompreisen kann der eActros durchaus auch teurer fahren als das Dieselmodell.

mercedes eactros 600: e-lkw für über 1000 km elektrisch am tag​ Über den CCS-Stecker fließt Gleichstrom mit bis zu 400 kW. Die Batterie kann aber mit bis zu 1000 kW geladen werden, sobald es dazu Stecker und Standards gibt.

Die Margen in der Logistikbranche liegen typischerweise bei nur wenigen Prozent. Für Unternehmer besteht in den knappen Kalkulationen ein erhebliches Risiko bei mehr als doppelt so hohen Schwellenkosten und unsicherer Energiepreise, weswegen Mercedes' Pressemitteilung gleich staatliche Förderung sowohl bei den Fahrzeugen als auch bei den Ladestationen empfiehlt. Der Hersteller hofft zudem auf Logistikunternehmen in der ersten Welle, die sich mit E-LKW profilieren wollen – siehe Pepsi in den USA mit ihren Tesla Semis. Im europäischen Strommix spart der eActros 600 in 10 Jahren und 1,2 Millionen km gegenüber einem Diesel-LKW rund 40 Prozent CO₂ ein.

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Ausstattung

Die Batterie besteht aus drei Packs à 207 kWh brutto. Die E-Achse läuft mit 800 V Nennspannung und treibt die Räder über zwei Motoren und ein Viergang-Getriebe an. Das Getriebe ist wie beim Diesel dazu da, die Motoren möglichst lange in ihren effizientesten Lastbereichen zu betreiben. Ob das Praxisvorteile gegenüber einem Einganggetriebe bringt, werden Vergleiche mit dem US-Konkurrenten Tesla Semi zeigen. Die Motoren bringen 400 kW Dauerleistung und 600 kW Spitzenleistung. Statt Retarder gibt es die elektrische Bremse, einstellbar in fünf Stufen. Man kann zudem One-Pedal-Driving aktivieren, bei dem das Fahrzeug automatisch elektrische und hydraulische Bremse dosiert beim vom Gas gehen. Wie bei Mercedes' Autos regelt das System die elektrische Bremsdosierung u. a. nach der Route.

mercedes eactros 600: e-lkw für über 1000 km elektrisch am tag​ E-Achse mit 2 Motoren und Vierganggetriebe. Der eActros gehört damit zu den wenigen E-Fahrzeugen mit mehr als einem Gang.

Die Logistikplanung erfolgt am nahtärmsten über Mercedes Fleetboard. Dort soll es zum Marktstart zusätzlich zu den bisherigen Funktionen einen Lademanager geben, ein Logbuch mit automatischer Verbrauchserfassung und Live-Batteriedaten. In der Kabine stehen die Flotteninfos auf der Mittelkonsole zum Abruf bereit, bei der Herstellerlösung ginge es also ohne zusätzlichen Bildschirm. Das Aussehen des eActros hängt stark an 8 cm zusätzlicher Länge, die Mercedes in Aerodynamik investierte. Damit verbessert sich der cW-Wert des eActros gegenüber dem Actros um 9 Prozent, was entscheidend war für die Reichweitendaten. Eine Form wie die des Tesla Semi ginge in Europa zulasten des nutzbaren Volumens, weil die maximale Gesamtlänge vorgeschrieben ist (siehe dazu Freightliners Cascadia-Linie, die zum Mercedes-Konzern gehört). Die Nebenabtriebs-Optionen des Actros bleiben erhalten und werden um zusätzliche rein elektrische Optionen erweitert, alles im Bereich 22 bis 90 kW. Der elektrische Betrieb von Nebenaggregaten hat den Vorteil, dass er wesentlich leiser ist als beim Diesel.

mercedes eactros 600: e-lkw für über 1000 km elektrisch am tag​ Mercedes-Stärke Aerodynamik: Der eActros hat einen 9 % besseren cW-Wert als der Actros, hauptsächlich aus 8 cm zusätzlicher Länge gewonnen.

Sicherheit und Service

Der eActros erhält die vom Actros bekannten Sicherheitspakete. Die Verarbeitungs-Rechenleistung liegt jedoch wesentlich höher und die Sensoren decken einen weiteren Winkel ab als bisher, sodass die Systeme besser arbeiten können sollten. Als Service-Option ist “Mercedes-Benz Complete” verfügbar, ein Service-Vertrag inklusive der automatischen Telediagnose “Uptime”. Die Software versucht, geplante Werkstattaufenthalte zu bündeln und ungeplante Aufenthalte dahingehend zu vermeiden, dass sie im Idealfall erkannt werden, bevor das Fahrzeug liegen bleibt. Einen Ladevertrag gibt es zum Start auch, die Preise stehen aber noch nicht fest. Die genannten Wartungs-Optionen sind zwar nicht billig, können aber beim Umstieg auf eine andere Antriebstechnik für mehr Planungssicherheit sorgen. Sie können beim bereits bestehenden Mercedes-Beratungsdienst “eConsulting” Ihre Fragen zum Thema “Wie betreibe ich E-LKW kosteneffizient?” stellen.

mercedes eactros 600: e-lkw für über 1000 km elektrisch am tag​ Kameraspiegel und alle Fahrsicherheitssysteme des Actros, allerdings mit mehr Rechenleistung und breiterem Sensor-Abtastfeld aufgebohrt.

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(cgl)

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