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Elektroauto SUV-Coupé Smart #3 Brabus im Test: Ist das noch ein Smart? Und wie!

Wer mit einem Smart #3 unterwegs ist, muss sich damit abfinden, dass dem Auto die eigene Marke nicht geglaubt wird. Das Bild, was ein Smart zu sein hat, hat sich so tief in die Köpfe der Menschen gebrannt, dass es ein Ding der Unmöglichkeit zu sein scheint, die neuen Modelle der Marke ebenfalls als Smart zu akzeptieren.

Zugegeben, die Fahrzeuge, die sich durch den Zusammenschluss von Daimler und dem chinesischen Autohersteller Geely ergeben haben, heben sich ganz wesentlich von der bisherigen Marschrichtung des Unternehmens ab. Statt winziger Kleinwagen, lustigen Fahrzeugtürmen und ersten Gehversuchen mit rein elektrischen Modellen gibt es mit dem #1 und dem #3 (etwas umständlich tatsächlich “Hashtag 3” gesprochen) ausgewachsene E-Fahrzeuge, die problemlos bei den Großen mithalten können. Aber ja, die Unterstellung “Das ist doch gar kein Smart mehr” irgendwie auch.

Nachdem sich die Marke mit dem Kompakt-SUV #1 einen neuen Namen gemacht hat, folgt nun #3. Es wird gemunkelt, dass der Name #2 frei bleiben musste, weil – sobald es die Technik erlaubt – ein echter Nachfolger für den beliebten Kleinstwagen Fortwo folgen soll.

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Smart #3 Brabus in Bildern

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Bei dem #3 handelt es sich um ein SUV-Coupé, welches Ende 2022 vorgestellt wurde, dann zunächst in China zu kaufen war und nun auch auf dem europäischen Markt erhältlich ist. Das Auto gibt es in mehreren Versionen, die Speerspitze bildet das Modell Brabus, benannt nach dem Bottroper Fahrzeugveredler. Das fällt zwar, genau wie alle anderen Smarts, ebenfalls in China vom Band, setzt aber auf eine sportlichere Optik, deutlich mehr Leistung und ein wenig mehr Ausstattung.

Das hat natürlich seinen Preis: Für den #3 in der Brabus-Edition werden derzeit 50.990 Euro fällig. Das Basismodell gibt es schon ab 38.490 Euro. Der Aufpreis bringt allerdings auch recht viel mit sich: Brabus-Käufer dürfen sich über mehr Ladeleistung, eine größere Batterie, Allrad, verbesserte Aerodynamik, größere Felgen, getönte Scheiben, einen adaptiven Fernlicht-Assistenten, Lauflichtblinker, ein Head-up-Display, ein Beats-Soundsystem, eine Wärmepumpe und 150 PS Mehrleistung freuen.

Mit Bleifuß schnell leer, an allen Ladesäulen schnell wieder voll

Die Fahrleistungen sind tatsächlich erstaunlich. Die 428 PS sind mehr als ausreichend und werden vom Allrad-Antrieb schnellstmöglich auf die Straße gebracht. Drückt man durch, flitzt der Smart #3 Brabus in unter 4 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Überholen ist so natürlich gar kein Problem. Allerdings nur bis zu einer gewissen Geschwindigkeit. Denn auch wenn der Brabus-Schriftzug eine andere Sprache spricht, ist der Smart #3 eher zum gemütlichen Cruisen gebaut.

Denn die Endgeschwindigkeit ist bei 185 km/h erreicht – und das auch nur, wenn man selbst auf das Pedal tritt. Die beiden Autobahn-Assistenten steigen schon früher aus. Der Modus “smart Pilot Assist” mit Lenkhilfe will nur bis 130 km/h helfen, der adaptive Tempomat mit Abstandsregelung macht bei 150 km/h Feierabend. Richtig schnell fahren ist mit dem Smart #3 Brabus also eher nicht gewünscht. Das mag mindestens drei Gründe haben: Erstens wird der Wagen ab 160 Sachen doch recht laut und zweitens treibt das schnelle Fahren den Verbrauch in verschwenderische Höhen. Und zuletzt: Wo, außer auf wenigen Autobahnabschnitten, braucht man so hohe Geschwindigkeiten noch?

Apropos Verbrauch: Der variiert – große Überraschung – sehr stark. Fährt man den Smart #3 human mit Bedacht, genehmigt sich das Fahrzeug im Eco-Modus bei moderater Innenraumtemperatur und etwa 10 Grad Celsius Außentemperatur unter 20 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Mit den 66 Kilowattstunden der Batterie auf die vom Hersteller angegebenen 415 Kilometer nach WLTP-Norm zu kommen, wäre aber auch dann ein sehr ambitioniertes Vorhaben. Real waren es im Test etwa 360.

Drückt man auf der Autobahn durch und startet an jeder Ampel wie eine Rakete, lässt sich der Verbrauch auf fast 30 Kilowattstunden hochtreiben. Im Test waren es 28 kWh/100km. Nach etwas mehr als 230 Kilometern war dann schon Schluss.

Doch egal, ob Bleifuß oder entspannter Cruiser: Der Smart #3 fährt in jeder Lebenslage ausgesprochen sicher und souverän, liegt satt auf der Straße und vermittelt ein hohes Gefühl von Sicherheit. Für ganz entspannte Fahrer gibt es außerdem noch ein E-Pedal-Modus, der die Rekuperation nochmals verstärkt und theoretisch das Fahren mit nur einem Pedal erlaubt.

Wichtig: Ohne Bremse geht das aber eigentlich nicht. Die Rekuperation reicht nicht aus, um das Auto zeitnah zum Stillstand zu bringen und im Test gab es die ein oder andere Auffahrwarnung, welche zum Tritt auf die Bremse verleitete. Ob es auch ohne Eingriff nicht zum Unfall gekommen wäre, ist nicht bekannt – zum Ausprobieren fehlte der Mut. Kurz gesagt: Ein reiner Ein-Pedal-Modus sieht anders aus. Das kann der Smart #3 noch nicht perfekt, sofern er das überhaupt will.

Worauf in jedem Fall Verlass ist: Der Akku kommt nach der Fahrt sehr schnell wieder zu Kräften. Der Smart #3 lädt mit bis zu 149,7 Kilowatt und schaffte es im Test von exakt 10 Prozent auf genau 80 in 28 Minuten und 40 Sekunden. Das ist vorbildlich und alltagstauglich. Ebenso erfreulich: Bis auf das günstigste Basismodell laden alle Smart-3-Versionen am Wechselstromanschluss mit 22 Kilowatt, was sich bei Wartezeiten an den oft günstigeren Ladesäulen sehr deutlich bemerkbar macht.

Technik macht Fortschritte

Ladesäulen der Zukunft: So soll die Wartezeit mit dem Elektroauto endlich kürzer werden

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Kleines Manko: Der Ladestecker auf der Fahrerseite störte im Test häufiger, da das Aufladen an der Straße in der korrekten Fahrtrichtung bedeutet, dass man auf der Straße steht. An vielbefahrenen Orten kein schönes Gefühl, zumal ständig die Angst mitschwingt, dass jemand das zur Fahrbahn ragende Ladekabel abfahren könnte.

Der Smart #3 ist trotz seiner sportlichen Bauweise recht geräumig. Vorne wie hinten steht allen Passagieren genug Platz zur Verfügung, der Kofferraum fasst 370 Liter. Klappt man die Rückbank um, sind es 1160 Liter. Das reicht für die meisten Transporte problemlos aus.

Der Innenraum des Brabus ist schön ausgeschmückt und verziert, die Materialauswahl überwiegend hochwertig. Einzig beim grauen Hartplastik der Mittelkonsole wäre weniger definitiv mehr gewesen. Das wirkt etwas zu voll und trotz hochwertiger – soll heißen: knarzfreier – Verarbeitung etwas billig. Ablageflächen gibt es genug. Durch das tiefe Dach kann es, je nach Sitzposition, passieren, dass die Technik am Rückspiegel die Sicht auf eine Ampel am linken Fahrbahnrand behindert. Darauf kann man sich einstellen, aber im Test fiel das üppige Bauteil mehrfach auf.

Die Software muss – und wird – lernen

Die Software ist merklich im Aufbau. Hier und da entdeckt man noch kleinere Unzulänglichkeiten, etwa die eher mangelhafte Ladeplanung bei Langstrecken über Ländergrenzen hinweg oder die im Test fehlende Vorkonditionierung der Batterie vor Ladestopps. Aber es lohnt sich kaum, darüber im Detail zu schreiben: Smart spielte noch während des Testzeitraums ein Update ein, weitere Aktualisierungen mit teils sehr umfangreichen Änderungen stehen in den Startlöchern. Ein Test der Software ist bei solchen Fahrzeugen immer nur eine Momentaufnahme, die morgen schon wieder völlig anders ausfallen kann.

Wichtiger ist die solide Basis: Die Hardware reagiert schnell, das Display lässt sich sehr gut ablesen und für die Anbindung von Smartphones, egal ob Android oder iOS, ist schon jetzt gesorgt. Android Auto und Apple Car Play stehen in ihren kabellosen Varianten zur Verfügung, geladen werden die Smartphones über eine ausreichend dimensionierte Ladebucht in der Mittelkonsole. Zusätzlich gibt's USB-C-Anschlüsse.

Das Soundsystem im Brabus ist von Beats und bietet 13 Lautsprecher – dreht man auf, kommt das auch zur Geltung. Für Unterhaltung in dem Wagen ist gesorgt.

Einparken und manövrieren ist mit dem Smart dank zahlreicher Kameras kein Problem. Über das große Display gibt es eine 360-Grad-Ansicht und viele Sensoren, die einem das Rangieren mit dem Auto erleichtern. Dazu zählen auch bestimmte Momente während der Fahrt, etwa das Rechtsabbiegen an einer Fahrradspur. Dank Totwinkelwarner und Kameras sieht man sehr schnell, ob man freie Bahn hat.

Apropos Assistenten: Die können einem im Smart #3 aktuell ziemlich auf den Wecker gehen. Wie jeder andere Neuwagen auch, nervt der Smart bei jeder Kleinigkeit. Fünf Kilometer pro Stunde zu schnell? Das Auto warnt : “Sie überschreiten das Tempolimit”. Gerne mehrfach. Kurz den Blick nicht auf der Fahrbahn? Das gibt einen Pieps. Sie sehen müde aus, sind es aber nicht? Egal, piep. Vieles davon, aber leider nicht alles, kann man dauerhaft abschalten. Ein kleiner störender Rest bleibt. Und dann wäre da noch der wirklich schlimme Blinkerton. Wunsch an die Software-Abteilung: Bitte Alternativen schaffen, denn Abbiegen mit dem Smart #3 ist eine akustische Zumutung.

Für die ganzen Warnungen kann das Auto – oder der Hersteller – aber nichts. Hier wird nur einem ausgesprochen bevormundenden Gesetz gefolgt. Das müssen neue Autos so machen. Hinter den Kulissen munkelt man, dass an kleinen Workarounds gearbeitet wird, um dem Fahrer Möglichkeiten zu geben, das Generve gesetzeskonform auf ein Minimum zu reduzieren. Bitte schnell!

Elektroauto-Fazit: Smart #3 Brabus

Wie gesagt – mit einem Smart Fortwo sollte man dieses Auto nicht vergleichen. Nimmt man die kleine Stadtschüssel als Maßstab, ist der #3 tatsächlich “kein Smart mehr”. Dieses Auto ist durch und durch erwachsen, bietet viel Komfort und massig Leistung. Das alles verpackt in einen wirklich schönen Wagen, der besonders durch die etwas geringere Höhe und das abfallende Heck viel sportlicher wirkt als der #1.

Das Brabus-Modell bietet überdies Leistung ohne Ende, auch wenn sich das nicht in der Endgeschwindigkeit äußert. Die Beschleunigung ist ein Fest. Im Alltag lässt sich das Auto aufgrund der bequemen Sitze und der vielen Annehmlichkeiten wunderbar bewegen, wer hohe Reichweiten erzielen will, sollte das Dauerdurchtreten des Pedals aber unterlassen.

Was die üblichen Kennzahlen angeht, lässt der Smart #3 eigentlich keine Wünsche offen. Wem das Auto den Preis von 51.000 Euro wert ist, sollte sich um eine Probefahrt bemühen. In seiner Fahrzeugklasse ist der Wagen eine ernste Alternative.

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