Finanzen

Smart

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Xiaomi

Xiaomi auf neuen Wegen: Smartphoneriese baut jetzt Autos

xiaomi auf neuen wegen: smartphoneriese baut jetzt autos

Xiaomi-Gründer und Unternehmenschef Lei Jun stellt in Peking das Elektroauto seines Smartphonekonzerns vor.

Der Schriftzug auf dem Auto ist ungewohnt. Man kennt ihn von den Smartphones, die hinten im Flaggschiffladen unweit der Schanghaier Kathedrale und des Fußballstadions ausgestellt sind. Doch es ist kein angebissener Apfel, der da hinten auf dem Auto prangt. Stattdessen steht da in Kleinbuchstaben „xiaomi“. Die Chinesen sind der Smartphone-Produzent, der den Schritt durchgezogen hat, mit dem Konkurrent Apple ewig geliebäugelt hatte, nur um sich dann doch nicht zu trauen.

Es ist einer der spektakulärsten Eintritte in Chinas längst hoffnungslos überfüllten E-Autobranche. Xiaomi-Gründer Lei Jun will 10 Milliarden Dollar in das Abenteuer stecken und spielt die gesamte Klaviatur, um Fantasie und Begeisterung der chinesischen Öffentlichkeit zu wecken. Häppchenweise gibt er neue Details bekannt, bleibt zwischendurch vage, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Bis zum Verkaufsstart an diesem Donnerstag war der Preis ein Geheimnis. Am Abend gab Lei ihn dann endlich bekannt: 215.900 chinesische Yuan, keine 28.000 Euro, kostet das Einstiegsmodell. Die Teuerste Version gibt es für 299.900 Yuan, das sind umgerechnet weniger als 40.000 Euro.

Patriotischer Überschwang

Es ist ein sehr kompetitiver Preis. Und das nächste Zeichen, dass das Premiumsegment in China preislich immer weiter nach unten gezerrt wird. Xiaomi, das mit dem Pekinger Staatskonzern BAIC den gleichen Partner hat wie Mercedes, setzt damit die deutschen Premiumhersteller weiter unter Druck. Der Vergleichspunkt war in den meisten Aspekten das Model 3 von Tesla, sagte Lei. Doch für die Top-Version habe man eher mit dem Porsche Taycan mithalten wollen.

So groß das mediale Interesse ist, am Ende kommt es auf die Kunden an. Ein patriotischer Überschwang der chinesischen Kundschaft, wie es ihn rund um das neue Huawei-Handy im Herbst gab, scheint bisher nicht zu entstehen. Auf Weibo, dem X-Pendant der Chinesen, schafft es das Auto am Donnerstagnachmittag zunächst nur auf Rang 13 der meistdiskutierten Themen und das auch noch mit der Kritik, dass eine Tür etwas schief zu hängen scheine.

Auch in dem Schanghaier Laden hält sich der Andrang in Grenzen. Die Security-Männer, die am Eingang die Namen der Besucher notieren, hätte sich der Konzern zumindest am Dienstagnachmittag sparen können. Einige Interessierte begutachten die beiden Fahrzeuge, die meisten sind junge Männer. Eines der Autos ist so knallhellblau, dass man sich kurz fragt, ob es nach Kaugummieis schmeckt. Es handelt sich um das teuerste Modell, den SU7 Max. Für 500 Kilometer Reichweite müsse er 15 Minuten laden, sagt einer der Mitarbeiter. Er sei mit einer Ningde-Batterie mit 800 Kilometer Reichweite ausgestattet. Die Batterie kommt also von CATL, dem Weltmarkführer für Elektroauto-Batterien mit Werk im thüringischen Arnstadt, der auf Chinesisch nach seiner Herkunftsstadt in der Provinz Fujian benannt ist. Der kleine Bruder weiter hinten im Laden, ein olivgrüner SU7 ohne Max, schafft mit einer Batterie von BYD 700 Kilometer, fährt der Mitarbeiter fort. CATL und BYD, im Westen vor allem als VW- und Tesla-Schreck und weltgrößter Elektroautohersteller bekannt, machen zusammen mehr als die Hälfte des weltweiten Marktes für E-Auto-Batterien aus.

Design ähnelt anderen Wettbewerbern

Wer an die manchmal futuristischen Fahrzeuge auf den Straßen Schanghais gewöhnt ist, findet an den Xiaomi-Karossen wenig Aufregendes: Das Design, verantwortet von einem ehemaligen BMW-Designer, sieht verdächtig nach Porsche aus und damit vielen anderen Fahrzeugen chinesischer Start-ups zum Verwechseln ähnlich. Auf Douyin, der chinesischen Tiktok-Version, ist der Spott groß. Xiaomi hat weitere Modelle angekündigt.

Die Türen der Autos müssen in dem Laden leider geschlossen bleiben. Doch im Cockpit sieht man von außen die gleiche Standardausstattung, wie man sie von den meisten chinesischen Elektroautos kennt: Ein schmaler Bildschirm, wo einst die Tachoscheibe war, ein größerer oberhalb Mittelkonsole. Der Rest des Cockpits sieht nach Durchschnitt und plastiklastig aus. Die Passagiere auf der Rückbank scheinen auf Bildschirme verzichten zu müssen. Auf den ersten Blick gibt es wenig, was das Fahrzeug von der Konkurrenz abhebt. Oder anders ausgedrückt: Das Auto braucht eine sehr gute Software.

Neben der starken Marke und den vielen Läden im ganzen Land liegt darin Xiaomis große Stärke. Digitale Argumente spielen für chinesische Autokäufer eine viel größere Rolle als für deutsche. Falls es den Entwicklern gelungen ist, das Auto nahtlos in das Ökosystem einzubinden, wäre das für die vielen Xiaomi-Handy-Besitzer ein gewichtiges Argument, auch ein Xiaomi-Auto-Besitzer zu werden.

Dass der Ansatz funktioniert, zeigt der Smartphone-Konkurrent Huawei gerade mit Bravour. Der wehrt sich zwar mit Händen und Füßen dagegen, als Autohersteller bezeichnet zu werden, ist tatsächlich aber an einigen Herstellern beteiligt und stellt die Fahrzeuge in seinen Läden aus. Die Marke Aito hat sich im Januar und Februar in die Spitzengruppe der chinesischen Elektro- und Hybridautos katapultiert. Laut der Schanghaier Beratung Automobility hat die Marke in dem Zeitraum knapp 60.000 Fahrzeuge verkauft, Rang 6 im Ranking. Zum Vergleich: Tesla kam auf 70.000, VW auf gut 25.000 Elektroautos.

TOP STORIES

Top List in the World