Der Golf wird morgen 50, und Golfsburg feiert seinen Geburtstag: Wie der Golf zur Legende wurde, wie er eine klassenlose Gesellschaft erfand, und warum er zum Erfolg verdammt war und seine Zukunft elektrisch ist.
- Zum Erfolg verdammt
- 37 Millionen mal verkauft, aber klassenlos
- Golfsburg und eigenes Lebensgefühl
- Konzernchef mit Silberstreifen
- Der umkämpfte Thron
- Nächste Generation elektrisch
- Der neue Golf und die Zukunft
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte früher einen, Musiker Peter Maffay schon mehrere, VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo sowieso. Der Volkswagen Golf ist das mit Abstand beliebteste Auto in Deutschland. Ganze Generationen machten ihre Fahrerlaubnis in dem Klassiker aus Wolfsburg. Nun wird der Käfer-Nachfolger 50 Jahre alt.
Zum Erfolg verdammt
Für VW war es ein Schicksalsjahr, das 807 Millionen D-Mark Verlust (413 Mio. Euro) einbringen sollte und 5 Prozent Rückgang bei der Belegschaft. Die Gründe: Absatzrückgang, Währungsschwankungen und vor allem steigende Kosten für Material und Personal. Viel zu lange habe die Marke am Käfer festgehalten, der sich immer schlechter verkaufte, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Bochumer Center Automotive Research. Der neue Hoffnungsträger Golf I war zum Erfolg verdammt – und für den sorgte er auch. „Ohne den Golf„, sagt Dudenhöffer, „würde es VW heute in der Form wohl nicht geben.“
37 Millionen mal verkauft, aber klassenlos
Mehr als 37 Millionen „Gölfe„, wie man die Mehrzahl in Wolfsburg liebevoll nennt, wurden seit dem Start weltweit verkauft. Inzwischen läuft im Werk die achte Generation vom Band. „50 Jahre, das gibt es nicht so oft, dass eine Ikone so alt wird und sich immer wieder neu erfindet“, sagt der heutige Markenchef Thomas Schäfer, der beim Anlauf des Modells kurz vor seinem vierten Geburtstag stand. „Das ist schon ein Phänomen.“ Vor allem, weil das Auto quer durch alle Käuferschichten punkte. „Der Golf war immer wirklich klassenlos“, sagt Schäfer. „Den kann jeder fahren. Vom Rechtsanwalt oder Vorstandsvorsitzenden bis runter zum normalen Arbeiter. Es gibt wenige Autos, die das geschafft haben.“ Auch er selbst fahre privat natürlich Golf.
Golfsburg und eigenes Lebensgefühl
Konzernchef mit Silberstreifen
Der heutige Konzernchef Oliver Blume, aufgewachsen in Braunschweig, saß schon als Kind im Golf. Sein Vater hatte in den Siebzigern einen der ersten Golf GTI, mit dem die Marke den Kompaktwagen 1976 auf Sportlichkeit trimmte. Zusammen mit dem Vater habe er den dunkelgrünen GTI Ende der Siebziger dann mit silbernen Seitenstreifen versehen, erinnert sich der heute 55-Jährige. Und am Wochenende wurde das Auto gemeinsam gewaschen, „mit der Fußball-Bundesliga-Konferenzschaltung im Radio“, wie der bekennende Fan von Eintracht Braunschweig hinzufügt.
Der umkämpfte Thron
In Deutschland ist der Golf seit Jahren das meistverkaufte Auto. Doch der Thron wackelt. In Deutschland konnte der er den Spitzenplatz auch 2023 verteidigen, in Europa insgesamt musste er ihn inzwischen an Teslas Model Y abgeben. Und auch konzernintern ist der Golf nicht mehr die Nummer eins: Beim jährlichen Absatz hat ihn das 2007 aufgelegte Kompakt-SUV Tiguan längst überflügelt. „Bis zu den insgesamt 37 Millionen Auslieferungen vom Golf braucht es beim Tiguan aber noch ein bisschen“, sagt Schäfer. Was angesichts der bisher ausgelieferten gut acht Millionen Tiguan wohl noch Jahrzehnte dauern wird. „Er holt aber mit großen Schritten auf.“
Nächste Generation elektrisch
Ob der Plan aufgeht? Experte Ferdinand Dudenhöffer sagt. „Der Golf ist ein tolles Auto. Aber jedes Auto hat seine Zeit. Die Frage ist aus Kundensicht: Wie glaubwürdig ist ein Elektro-Golf?“
Der neue Golf und die Zukunft
Dem aktuellen Verbrenner-Golf spendiert VW zum Geburtstag jetzt noch einmal ein umfangreiches Facelift. „Damit ist das Fahrzeug für die nächsten Jahre gut aufgestellt“, sagt Schäfer. „Und dann müssen wir schauen, wie sich der Hochlauf der Elektromobilität weiterentwickelt.“ Sollte der derzeit mäßige Elektro-Absatz weiter so schwach bleiben, könne man beim Verbrenner später auch noch einmal ein weiteres Facelift nachlegen. Aber, so betont Schäfer: „Ein komplett neues Fahrzeug wird es als Verbrenner nicht noch einmal geben.“