Der Mazda6 ist nicht mehr taufrisch, der BMW 320i hingegen schon. Steht der Gewinner damit fest? Mitnichten. Die Kontrahenten fahren in vielen Bereichen auf Augenhöhe.
- Der Punkt für Fahrdynamik geht an den 3er
- Gefällige Linien gegen bösen Blick
- Drehdrücksteller für alle
- Alles auf Augenhöhe? Nicht beim Preis!
Geht’s noch? Oder sind die bei AUTO BILD jetzt komplett irre? Da lassen die einen Mazda6 gegen einen BMW 3er antreten. Der Japaner ist gefühlt auf dem Stand von 2017 stehen geblieben, der BMW hat sein letztes Facelift im vergangenen Jahr bekommen. Ja, das ist richtig, aber ganz so einfach machen wir es uns natürlich nicht. Denn die in die Jahre gekommene Limousine aus dem Land der aufgehenden Sonne ist ein durch und durch solides Auto, das sich ob der über Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen nicht verstecken muss.
Den Japaner gibt es ausschließlich mit dem großen 2,5-Liter-Benziner. Der erfreut im Teillastbereich mit einer Zylinderabschaltung und leistet ordentliche 194 PS.
Der BMW fährt als 320i mit einem turbounterstützten Vierzylinder, der 184 PS bereitstellt. Die unterschiedliche Philosophie beider Fahrzeuge wird beim Drehmoment klar. Während der Bayer seine maximale Kraft von 300 Newtonmetern bereits ab 1350 Kurbelwellenumdrehungen an den Start bringt, liegen die 258 Newtonmeter des Mazda erst ab 4000 Touren an. Wer es also liebt, mit Schmackes von der Kreuzung zu schießen, das Heck ein bisschen wedeln lassen will, um in 7,9 Sekunden Tempo 100 zu erreichen, der ist mit dem 320i bestens bedient. Wer keine Gummistreifen auf den Asphalt malen muss, kommt mit dem Mazda nach 8,4 Sekunden nicht wesentlich langsamer auf Landstraßentempo.
Während der BMW seine sportliche Attitüde beim Start auch lautmalerisch zum Besten gibt, bleibt der Japaner zurückhaltend, wirkt dann aber im oberen Tempobereich etwas rauer als der Bayer. In dessen Innenraum ist bis Tempo 150 eigentlich gar nichts zu hören, außer dem Windspiel an den Außenspiegeln. Auch in der Endgeschwindigkeit nehmen sich die beiden nicht viel. Der Mazda6 wird auf Wunsch 223 km/h schnell, der BMW 320i bringt es mit ausreichend Anlauf auf Tempo 235.
Der Punkt für Fahrdynamik geht an den 3er
Die Spreu trennt sich vom Weizen, wenn es um die Fahrdynamik geht. Hier ist der Bayer nicht nur ob seines M-Pakets im Vorteil. Der BMW hat eine Lenkung, die auf den Punkt arbeitet, die Sport-Automatik schaltet über acht Stufen und ist zielsicherer beim Verteilen der Kräfte als die Sechsstufenautomatik des Mazda. Die Sportbremsanlage bringt den 320i mit kalten Scheiben nach guten 34,8 Metern zum Stehen, während der mit knapp 1,6 Tonnen nahezu gleich schwere Japaner erst nach mittelmäßigen 38,2 Metern zum Halten kommt.
- Motor Bauart/Zylinder: Vierzylinder, Turbo
- Einbaulage: vorn längs
- Ventile/Nockenwellen: 4 pro Zylinder/2
- Nockenwellenantrieb: Kette
- Hubraum: 1998 cm³
- kW (PS) bei 1/min: 135 (184)/5000
- Nm bei 1/min: 300/1350
- Vmax: 235 km/h
- Getriebe: Achtstufenautomatik
- Antrieb: Hinterradantrieb
- Bremsen vorn/hinten: Scheiben/Scheiben
- Testwagenbereifung: 225/40–255/35 R 19 Y
- Reifentyp: Michelin Pilot Sport 4S
- Radgröße: 8–8,5 x 19″
- Abgas CO2: 152 g/km
- Verbrauch*: 6,8 l
- Tankinhalt: 59 l
- Kraftstoffsorte: Super
- Ottopartikelfilter: Serie
- Vorbeifahrgeräusch: 66 dB(A)
- Anhängelast gebr./ungebr.: 1600/750 kg
- Stützlast: 75 kg
- Kofferraumvolumen: 480 l
- Länge/Breite/Höhe: 4713/1827–2068**/1440 mm
- Radstand: 2851 mm
- Grundpreis: 50.700 Euro
- Testwagenpreis (wird gewertet): 58.280 Euro
In flott gefahrenen Kurven überzeugt der BMW mit Hinterradantrieb mehr als der Mazda mit dem immer etwas zum Untersteuern neigenden Frontantrieb und der bei Weitem nicht so verwindungssteifen Karosserie. Aber noch mal: Der Mazda6 will kein Sportwagen sein. Sein Claim ist seit seiner Einführung das “ZoomZoom”. Sie erinnern sich? Stilvoll sollte es ab 2002 über die Piste gehen. Und genau das kann der 4,78 Meter lange Japaner in der Jubiläumsausstattung 20th Anniversary auch 21 Jahre später.
Gefällige Linien gegen bösen Blick
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD Hellbraune Sitzbezüge aus Nappaleder, das mit perforiertem Leganu-Vegan-Wildleder kombiniert wurde. Den Kontrast dazu liefern ein schwarzer Dachhimmel sowie schwarze Holzapplikationen. Und es gibt, man möge dieses Retroteil ebenso wenig unterschätzen wie die analogen Rundinstrumente, ein Glashubschiebedach.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD Weiterhin im Preis enthalten ein Bose-Soundsystem, ein Matrix-LED-Lichtsystem und eine LED-Innenraumbeleuchtung mit Ambientelicht, elektrisch einstellbare Vordersitze, Sitzheizung vorne und hinten (außen) sowie Sitzbelüftung vorne. Dazu ein 360-Grad-Monitor, eine radargestützte Geschwindigkeits-Regelanlage mit erweiterter Stauassistenzfunktion sowie das Mazda-Connect-System mit Apple CarPlay (kabellos) und Android Auto.
Drehdrücksteller für alle
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD Berührungsführung ist dem Mazda-Bildschirm währende der Fahrt fremd. Die funktioniert nur im Stand. Würde aber ohnehin nicht viel bringen, denn erstens ist er zu weit vom Fahrer entfernt, zweitens nicht größer als ein aktuelles Smartphone. Insofern erfolgt die Bedienung wie gehabt und vertraut über den Drehdrücksteller in der Mittelkonsole, der dem im BMW so ähnlich ist, dass man sich fragt, wer vor Jahr und Tag wohl von wem gelernt hat.
- Beschleunigung
- 0–50 km/h: 2,8 s
- 0–100 km/h: 7,9 s
- 0–130 km/h: 13,4 s
- 0–160 km/h: 21,2 s
- Zwischenspurt
- 60–100 km/h: 4,5 s
- 80–120 km/h: 5,8 s
- Leergewicht/Zuladung: 1564/506 kg
- Gewichtsverteilung v./h.: 50/50 %
- Wendekreis links/rechts: 11,5/11,5 m
- Sitzhöhe: 520 mm
- Bremsweg
- aus 100 km/h kalt: 34,8 m
- aus 100 km/h warm: 33,4 m
- Innengeräusch
- bei 50 km/h: 57 dB(A)
- bei 100 km/h: 63 dB(A)
- bei 130 km/h: 67 dB(A)
- bei 160 km/h: 70 dB(A)
- Verbrauch
- Sparverbrauch: 6,1 l S/100 km
- Testverbrauch Durchschnitt der 155-km-Testrunde (Abweichung zur WLTP-Angabe): 7,7 l S/100 km (+13 %)
- Sportverbrauch: 10,7 l S/100 km
- CO2 (Testverbrauch): 182 g/km
- Reichweite (Testverbrauch) 765 km 760 km
Den 320i können die Insassen auch ansprechen. Mit “Hey BMW” lassen sich hier nicht nur Ziele eingeben oder Radiosender suchen, es können die Sitzheizung aktiviert, die Klimaanlage eingestellt oder die Fenster geöffnet werden.
Bild: Christoph Börries / AUTO BILD Wer mit dem Mazda reden will, wird schnell davon Abstand nehmen, denn die Verständigung ist von vielen Missverständnissen begleitet. Klare Informationen gibt es dafür über das Head-up-Display, das im Japaner Serie ist. Aber auch hier fliegt der BMW weit voraus. Größer, schärfer und mit detailreichen Navigationseinblendungen ist der Bayer schon im 21. Jahrhundert angekommen.
Alles auf Augenhöhe? Nicht beim Preis!
Ans Ziel kommt man aber auch mit dem Mazda6. Nicht so sparsam wie mit dem BMW, denn der verbraucht auf der AUTO BILD-Teststrecke lediglich 6,8 statt 7,4 Liter Super, aber insgesamt ist auch das nahezu auf Augenhöhe. Nicht mehr auf Augenhöhe ist der Preis. Denn all die zeitgemäßen Beigaben des 320i lassen sich die Münchner entsprechend bezahlen, sodass der Preis unseres Testwagens am Ende bei 58.280 Euro liegt. Das sind dann 9630 Euro mehr, als für den vollausgestatteten Mazda6 aufgerufen werden. Wahrlich keine Kleinigkeit. Der BMW liegt mit seinen technischen Finessen und seinem fahrerischen Können in der Endauswertung nach Punkten klar vorne. Dennoch ist der Mazda6 eine durchaus solide und auch attraktive Alternative, die sich bei den verwendeten Materialien und der Verarbeitung nicht vor dem Bayern verstecken muss.