Test

BMW 230e xDrive Active Tourer mit 326-PS-PHEV im Test

Neueste eDrive-Generation bringt sehr viel Performance und Reichweite

bmw 230e xdrive active tourer mit 326-ps-phev im test

Was ist das?

Der mit großem Abstand stärkste und verrückteste BMW 2er Active Tourer aller Zeiten. Jap, die Elektrisierung macht’s möglich, dass ein kompakter Pampersbomber ab Werk plötzlich mehr Leistung hat als ein E36 M3.  Überlegen Sie sich das mal: 326 PS und 457 Nm. In einem Minivan. Da sollte neben der Isofix-Halterung auch gleich der Brechbeutel serienmäßig sein.

Große Schuld an so viel Antriebsmacht hat die neueste Ausbaustufe von BMWs e-Drive-Technologie. Inzwischen sind wir bei Generation 5 angelangt, die in den vollelektrischen iX und i4 debütierte und nun Schritt für Schritt auch in konventionelleren BMWs Einzug halten darf.

PHEV-Projektleiter Sven Münzinger erläutert, dass es bei Motor und Batterie viele Gleichteile zwischen den BEVs und den Plug-in-Hybriden wie dem neuen 230e xDrive Active Tourer gibt. Natürlich sind sie unterschiedlich skaliert, aber grundsätzlich sei das alles Baukasten.

So kommt nun auch im 2er AT eine elektrisch erregte Synchronmaschine zum Einsatz. Vorteile gegenüber magneterregten Motoren – kein Verbrauch von seltenen Erden und eine stabilere Leistung bei höheren Drehzahlen. Der E-Motor liefert hier 176 PS und 227 Nm. Dazu kommt ein 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner mit 150 PS und 230 Nm.

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Die 0-100 km/h gehen in 5,5 Sekunden, maximal fährt der 230e 205 km/h schnell. Rein elektrisch sind 140 km/h machbar, die E-Maschine unterstützt und rekuperiert aber bis zur Vmax. Apropos: Die maximale Rekuperationsleistung liegt bei 0,15g. Zum Vergleich: Vollelektrische BMWs rekuperieren mit bis zu 0,19g.

Die Batterie sitzt nun erstmals im Unterbau eines 2er Active Tourer. Ihre Kapazität wurde gegenüber dem Vorgänger auf 14,2 kWh (netto) verdoppelt. BMW verspricht eine elektrische Reichweite von bis zu 90 Kilometer, eine Steigerung von 53 Prozent im Vergleich zum alten 225e.

Interessant: Im Service-Fall sind die einzelnen Akku-Module über den Unterboden tauschbar. Damit kann man theoretisch auch auf technische Entwicklungen reagieren und nach ein paar Jahren bessere Module einsetzen.

Laut den Münchnern sind die Batterien für eine Lebensdauer von 15 Jahren oder 300.000 Kilometer ausgelegt. Garantie gibt es für acht Jahre oder 150.000 Kilometer.

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Die Gesamtreichweite des Autos steigt von gut 420 auf nun über 600 Kilometer. Dafür ersetzte man den ziemlich mickrigen 36-Liter-Benzintank gegen ein Exemplar mit immerhin 47 Liter. Und weil hier irgendwie alles mächtig nach oben geht, darf künftig auch mehr Strom durchs Ladekabel fließen. Die AC-Ladeleistung verdoppelt sich auf 7,4 kW. Münzinger betont, dass hier in Zukunft auch noch nachgelegt werden könnte.

Neben dem fast schon absurd kräftigen 230e xDrive wird es auch weiterhin einen 225e xDrive geben, der im Prinzip auf die gleiche Hardware setzt. Dessen Systemleistung liegt bei 245 PS. Beide PHEVs wiegen mit 1.840 Kilo rund 220 Kilo mehr als der Vierzylinder-Verbrenner 223i. Sie sollen ab Juli verfügbar sein und kosten vor Umweltbonus 43.950 Euro beziehungsweise 47.550 Euro.

Konkurrenz gibt es eigentlich nur in Form des Mercedes B 250 e mit 218 PS, der bis zu 77 Kilometer rein elektrisch fahren soll und ab 39.350 Euro verfügbar ist

Was ist sonst noch neu? 

Nun, an der zweiten Generation des 2er Active Tourer ist so ziemlich alles neu. Neue Plattform, neues iDrive 8-Bediensystem mit einem 12,3-Zoll-Instrumentendisplay und einem 10,5-Zoll-Infotainmentscreen unter einem leicht gebogenen Glas, neue Karosserie mit einem wirklich sehr sehr großen Grill und einem auf 0,26 verbesserten cW-Wert. Aber wenn Sie en Detail lesen wollen, was sich alles verändert hat und wie es um den neu gestalteten Innenraum bestellt ist, verweise ich Sie auf den ausführlichen 2er-Active-Tourer-Test auf unserem Mutter-Portal Motor1.

Wie fährt er?

Die Testfahrt erfolgte offiziell mit einem Prototypen, obwohl eigentlich nichts mehr auf diesen Status hinwies. Also kurz unterschreiben, dass man vorhat, das Vorserienfahrzeug in einem Stück zurückzubringen und dann rein ins Hybrid-Vergnügen.

Auch hier war das M-Sportfahrwerk mit seinen variablen mechanischen Dämpfern an Bord, deren Zusatzventile Druckspitzen im Dämpfer wegglätten. Je nach Fahrweise und Straßenbelag wird es also weicher oder härter. Wie ein Adaptiv-Dämpfer, nur dass er eigentlich keiner ist.

Was direkt auffällt: Der 230e übernimmt grundsätzlich das komfortable Fahrverhalten der herkömmlichen 2er-AT-Modelle, liegt aber durch das Gewicht der Batterie im Fahrzeugboden wesentlich satter und kurvt mit deutlich weniger Aufbaubewegung.

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Das super spaßige, weil etwas wilde, hecklastige Handling der Verbrenner kommt hier weniger zum Vorschein, allerdings zieht er sich deutlich flacher, Allrad-neutraler und souveräner durch die Kurve. Es ist ein spürbarer Unterschied und auch hier merkt man, dass BMW selbst bei einem hochbauenden Familien-Crossover Wert auf eine gewisse Fahrdynamik gelegt hat.

Ziemlich impulsiv und extrovertiert wird es dafür an anderer Stelle und zwar jedes Mal, wenn man im Sport-Modus den Pinsel komplett in den Boden haut. Das Zusammenspiel zwischen raubeinigem Dreizylinder-Benziner und ansatzlos effektivem E-Motor funktioniert famos. Der Schub kommt ohne Verzögerung und reichlich gewaltig, sehr als säße man in einem reinen E-Auto. Dazu kommt es bei jedem Gangwechsel noch zu einem kurzen Extra-Push.

Komplettiert wird das Spektakel durch die hanebüchene (naja, zumindest hochgradig ungewöhnliche) Soundkulisse. Denn auch die 2er AT PHEVs erhalten beim Durchbeschleunigen in den sportlichsten Fahrstufen die von Hollywood-Legende Hans Zimmer beigesteuerten Electric Sounds. Im Hintergrund tobt also der aufmüpfig polternde Dreizylinder, während Ihnen vordergründig auch noch ein 80er-Jahre-Videospiel-Raumschiffstart um die Ohren gehauen wird. Witzig ist es allemal. Ob das auch auf Dauer so ist, müssen Sie selbst herausfinden.

Aber zurück zu den Szenarien, die den Alltag mit dem Plug-in-Active Tourer eher prägen werden. Die aktive Rekuperation etwa, die anhand von Verkehrsschildern, Topografie (Gefälle, Kreisverkehre, Ortseinfahrten) oder vorausfahrenden Fahrzeugen arbeitet, funktioniert angenehm und ziemlich zuverlässig.

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Und dank der überaus soliden Rekuperationsleistung kann man sich wirklich einiges an Energie zurückholen. Auf einem Bergab-Stück von 5-6 Kilometern konnte ich in der höchsten Rekuperationsstufe immerhin sieben Kilometer Reichweite einspeisen.

Am Ende der 48 Kilometer langen Fahrt zeigte der Bordcomputer von anfangs 90 noch 53 Kilometer elektrische Restreichweite an. Der Verbrenner verbrauchte zusätzlich etwa 3 Liter/100 km. Neben ein wenig Autobahn umfasste die Teststrecke auch einiges an Stadtfahrt und relativ viel Bergstraße, wo der 230e durchaus sportlich bewegt wurde.

Fazit: 8,5/10

Den 2er Active Tourer mit einem 326-PS-Plug-in-Hybrid-Antrieb zu kombinieren? Hat was von Kanonen und Spatzen. Und braucht natürlich absolut niemand. Das ändert nichts daran, dass BMW hier einen sehr fähigen und verflucht schnellen PHEV konstruiert hat, der Laune macht und sich in Sachen E-Reichweite aufs nächste Level hievt.

Im Normalfall sollte der 3.500 Euro günstigere 225e xDrive natürlich völlig ausreichen, aber gerade in Bezug auf den nächsten 1er sehen wir hier einen sehr spannenden Antrieb. Es wird interessant zu beobachten sein, ob BMW dann vielleicht sogar noch einen Schritt weiter in Richtung M Performance-Hybrid geht.

Bildergalerie: BMW 230e xDrive PHEV Active Tourer (2022) im Test

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BMW 2er Active Tourer

Motor Dreizylinder-Turbobenziner mit 1.499 ccm plus Elektormotor

Getriebeart 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe

Antrieb Allradantrieb

Leistung Systemleistung: 326 PS (150 PS-Verbrenner plus 176 PS-E-Motor)

Max. Drehmoment Systemdrehmoment: 457 Nm (230 Nm Verbrenner plus 227 Nm E-Motor)

Beschleunigung 0-100 km/h 5,5 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit 205 km/h

Leergewicht 1.840 kg

Kofferraumvolumen 406-1.370 Liter

Batterie 16,3 kWH (netto: 14,2 kWh)

Ladeanschluss AC-Lader: 7,4 kW

Aufladezeit 0-100 %: 2,5 Stunden; Haushaltssteckdose: < 8 Stunden

Elektrische Reichweite 90 km

Verbrauch WLTP-Verbrauch: 1,1-1,4 Liter

Emission 22-30 g/km CO2

Basispreis 47.550 Euro

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