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Fiat 500 Elektro (2021) im Praxistest: Vom Gestern ins Heute

Der kleine Stadtflitzer vermag positiv zu überraschen

fiat 500 elektro (2021) im praxistest: vom gestern ins heute

Die Dame am Aldi-Parkplatz ist überrascht und fasziniert: “Den gibt es jetzt auch als Elektroauto?” So ist es. Mit diesem Fiat 500 hat die Marke vor gut einem Jahr für eine Überraschung gesorgt. Bis dato sah es so aus, als hätten die Italiener mit Elektromobilität so viel zu tun wie ein Chianti-Produzent mit Weißbier.

Nur Insider wissen noch, dass Fiat vor Jahren den 500 für den US-Markt unter Strom setzte, was sich als wirtschaftliches Desaster entpuppte. Jetzt soll alles besser werden (und die aktuellen Zulassungszahlen geben Fiat recht): Der neue, sachlich getaufte 500 Elektro sieht zwar immer noch dem Verbrenner-500 und dem Vorbild von 1957 ähnlich, nutzt aber eine komplett eigenständige Plattform.

Was ist das?

Sehen wir uns die Abmessungen des Fiat 500 Elektro an: Dort hat er gegenüber dem Cinquecento von 2007 etwas zugelegt, ohne Pavarotti-Abmessungen anzunehmen. 3,63 Meter Länge sind gut sechs Zentimeter mehr als bisher, gut drei Zentimeter sind es bei Breite, Höhe und Radstand (2.322 mm). Die Elektroversion bleibt also stadtgünstig klein.

Bildergalerie: Fiat 500 Elektro (2021) im Praxistest

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Zur Auswahl stehen der klassische Dreitürer, der 3+1 mit schmaler Zusatzpforte auf der Beifahrerseite und das “Cabrio” mit Rolldach. Sie alle sind mit 87 kW (118 PS) und 42 kWh-Akku (netto 37,3 kWh) erhältlich. Als Preisbrecher für alle, die nur wenig fahren, ist noch der 500 “Action” im Programm. Ihn gibt es nur als geschlossenen Dreitürer mit 70 kW (95 PS) und 23,8-kWh-Akku (netto 21,3 kWh).

Er wird bei 135 km/h abgeregelt, die stärkere Version bei Tempo 150, beide sprinten in nur 3,1 Sekunden auf 50 km/h, bis 100 ist der “große” 500 um 0,5 Sekunden schneller. Deutlicher ist der Unterschied bei der Reichweite: Bis zu 190 respektive 321 Kilometer gibt Fiat an, in der Stadt sollen 257 bis 460 km drin sein.

Wie ist er innen?

Soweit also die Theorie, ich betätige den schicken Türgriff und setze mich hinein. Einmal umgeblickt: Aha, hinten bleibt der 500 eng, der Fond ist eher etwas für Kinder. 185 Liter Kofferraum sind auch überschaubar, aber der Fiat ist ja auch ziemlich kurz. Dafür fühlt sich die Elektroversion vorne deutlich luftiger an, weil der wuchtige Mitteltunnel aus dem Verbrenner-500 entfallen ist.

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Das Cockpit ist übersichtlich gestaltet und für Fiat-Verhältnisse relativ hochwertig geraten, was aber auch von der gewählten Ausstattung abhängt. Hartplastik korrespondiert mit Elementen in Wagenfarbe. Fest steht: Hier wie auch außen wirkt der 500 weniger puppig und verspielt, mir gefällt das. Schade nur, dass Fiat bislang keine richtig bunten Farben anbietet.

Etwas gewöhnungsbedürftig sind im Cockpit die großen Tasten zur Auswahl der Fahrstufen, schön hingegen die große Ablage unter der Mittelarmlehne, ebenso das übersichtliche Zentralinstrument. Ich sitze zwar hoch, aber nicht so sehr wie im bisherigen 500 und vor allem nicht mehr so “hockerartig”. Ungewohnt: Statt eines Türöffners gibt es einen Knopf. Das Infotainment mit 10,25-Zoll-Touchscreen könnte etwas flotter reagieren.

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Wie fährt er sich?

Andiamo, Ragazzi! Los gehts! Die Beschleunigung ist gut, wenngleich von “Volare” (fliegen) nicht die Rede sein kann. Aber wie bei so vielen Elektroautos begeistert die ansatzlose Beschleunigung, die (ich erwähnte es schon) bis Tempo 50 durchaus flott ist. Danach wird der Fiat etwas normaler, aber man muss feststellen: Der beste 500 mit Automatik, den es je gab.

Da der Kleinstwagen mit 1,68 Meter auch schön schmal ist, mutiert er zum König der Stadt. Mit Blick auf die montierten 16-Zoll-Felgen und den kurzen Radstand geht der Federungskomfort absolut in Ordnung. Einzig in der Lenkung würde ich mehr Präzision erwarten, sie liefert wenig Rückmeldung.

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Drei Fahrmodi stehen zur Auswahl bereit: Normal (ohne Rekuperation), Range (mit Rekuperation) und Sherpa (Drosselung, um sich zur nächsten Ladesäule zu schleppen). Ich nutzte meist “Range”, auch weil das One-Pedal-Fahren im städtischen Umfeld angenehm ist.

Verbrauch und Laden

Wie sieht es mit Verbrauch und Laden aus? Der stärkere 500 Elektro wiegt gut 1,4 Tonnen, wovon 294 Kilogramm auf die Batterie entfallen. Der “kleine” 500 schleppt nur 182 kg herum, sein Akku bietet ja auch weniger Speicher. Zwischen 15,9 und 16,2 kWh lag mein Durchschnittsverbrauch mit dem 118-PS-Fiat, offiziell nennt der Hersteller 14,0 bis 14,4 kWh. Meine Einschätzung: Im Alltag dürften 14,5 bis 15,0 kWh machbar sein.

Ein echter Pluspunkt des Fiat 500 Elektro und zwar in jeder Variante ist seine serienmäßige Fähigkeit zum CCS-Schnellladen. Maximal 50 kW sind es an der Basis, 85 kW bei den stärkeren Versionen. Mit dem passenden Schnelllader lassen sich 80 Prozent der Batterie in nur 35 Minuten wieder aufladen. Innerhalb von fünf Minuten kann eine Reserve von 50 Kilometer nachgezapft werden.

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Wir erreichten rund 50 kW, innen wurde angezeigt, wie lange es noch bis 80 und 100 Prozent dauerte. Gut: Selbst bei 99 Prozent betrug die Ladeleistung noch 12 kW. Vorschau von 47 auf 80 Prozent: 19 Minuten. “Vollgetankt” wurden 260 km Reichweite angezeigt (Außentemperatur 28 Grad), eine Abweichung von gut 50 km gegenüber der WLTP-Werksangabe.

Die Preise

Und was kostet der Elektro-500? Die 42-kW-Variante beginnt inklusive guter Serienausstattung bei 29.560 Euro. Der 3+1 kostet mindestens 31.560 Euro, das Cabrio 32.560 Euro. Kein Schnäppchen also, wenngleich natürlich noch 9.000 und ein paar zerquetschte Euro an Prämien abgezogen werden können.

Wer sich nur in der Stadt bewegt, sollte unbedingt einen Blick auf den 500 Action mit 23,8-kWh-Akku werfen. Mit Klimaanlage, diversen Assistenten, CCS-Laden und Keyless-Go kostet er nur 23.560 Euro. Nach Prämien unter 15.000 Euro also, was dem ursprünglichen Gedanken des 500 schon näher kommt. Mal sehen, wie interessant sich die Leasingraten entwickeln …

Fazit:

So viele wirklich kleine und zugleich vollwertige Elektroautos sind gar nicht auf dem Markt. Der Dacia Spring ist billiger und schwächer als der Fiat 500 Elektro, dem Renault Twingo Electric ist der Italiener bei ähnlichen Preisen überlegen, ebenso einem Smart. Den VW e-Up gibt es neu nicht mehr wirklich. Innen wie außen ist der neue 500 gelungen und eigenständig, er fährt sich gut. Sehr gut ist die immer vorhandene Schnellade-Fähigkeit.

Unser Wunsch: Knalligere Farben, den großen Akku auch mit weniger Serienausstattung zu einem günstigeren Preis. Wer ein Schnäppchen machen will, sollte den “kleinen” 500 Electric erwägen. Oder auf die Serienversion des Fiat Centoventi warten, die mit ähnlicher Technik voraussichtlich 2022 kommt. Bis dahin können wir aber festhalten: Bravo, Fiat!

Fiat 500 Elektro Icon Dreitürer (42 kWh)

Motor Permanentmagnet-Elektromotor

Leistung 87 kW (118 PS)

Max. Drehmoment 220 Nm

Antrieb Frontantrieb

Getriebeart 1-Gang-Untersetzungsgetriebe

Beschleunigung 0-100 km/h 9,0 Sek.

Höchstgeschwindigkeit 150 km/h

Länge 3.632 mm

Breite 1.683 mm

Höhe 1.527 mm

Kofferraumvolumen 185 – 550 Liter

Leergewicht 1.365 kg (DIN)

Zuladung 400 kg

Batterie Lithium-Ionen, 96 Zellen in 2 Modulen, 42 kWh (brutto)/37,3 kWh (netto)

Elektrische Reichweite 312 – 321 km, bis zu 460 km innerorts (WLTP)

Verbrauch 14,0 – 14,3 kWh/100 km

Basispreis 29.560 Euro

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