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Opel Manta GSe ElektroMOD (2021) in der Sitzprobe

Wieso die Rüsselsheimer diesen Retro-Renner unbedingt in Erwägung ziehen müssen ...

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Sogenannte Restomods – also Autos mit alter und teils legendärer Optik, aber brandneuer Technik – sind schon eine ganze Weile lang ziemlich angesagt. So muss man für aktuelle Beispiele aus der Mod-Szene nicht einmal weit zurückgehen. Nehmen wir etwa die Firma Kimera Automobili, die erst vergangene Woche ankündigte, den Lancia 037 als Restomod zurückbringen zu wollen.

Das Problem bei neuen Fahrzeugen im Klassik-Look? Meist stehen recht kleine Betriebe oder gar Hobbywerkstätten hinter diesen umgebauten oder neu aufgebauten Modellen, die in Handarbeit nur minimale Stückzahlen für zahlungskräftige Fans produzieren können.

Das große Konzerne es wagen, konsequentes Retro-Design mit moderner Technik zu verheiraten, ist dagegen ziemlich selten. Meist schaffen es die wilden Phantasien der Concept Cars am Ende nur als einzelne Gestaltungselemente der vergangenen Tagen in die fertigen Serienprodukte.

Bildergalerie: Opel Manta GSe ElektroMOD (2021): Erste Sitzprobe

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Die Idee ist nicht unbedingt neu

Doch es gibt Ausnahmen. Denken Sie beispielsweise an den Versuch von Jaguar, den ikonischen E-Type zu elektrifizieren. Die Resonanz der Kundschaft nach der Premiere des Modells mit I-Pace-Technik im Jahr 2018 war überwältigend, sodass der Hersteller tatsächlich in Erwägung zog, eine Kleinserie aufzulegen. Am Ende wurde dann aber wieder nichts daraus. Keine Kapazitäten.

Opel geht jetzt einen ähnlichen Weg wie Jaguar. Und dabei greifen die Rüsselsheimer auf ein ähnliche legendäres Fahrzeug zurück: Den Manta A, der vor über 50 Jahren mit Vierzylinder-Benzinmotor gestartet ist und sich im Laufe der Zeit zu einer echten Ikone für die Marke mit dem Blitz gemausert hat.

Ja, Opel hat nun den ersten Restomod der Firmengeschichte gebaut und nach unserer ersten Sitzprobe im hessischen Stammwerk hoffen wir inständig, dass aus dem elektrischen Einzelstück namens Opel Manta GSe ElektroMOD in naher Zukunft ein Serienmodell werden wird. Die Chancen dafür stehen jedenfalls gut.

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“Der Manta GSe zeigt eindrucksvoll, mit welcher Begeisterung wir bei Opel Autos bauen. Er verbindet unsere großartige Tradition mit dem heutigen Wunsch nach emissionsfreier Mobilität für eine erstrebenswert nachhaltige Zukunft. Opel ist bereits mit vielen Modellen elektrisch – und jetzt ist es der legendäre Manta auch”, freut sich Opel-Chef Michael Lohscheller über den Neoklassiker aus Rüsselsheim.

Ein orangeroter Manta von Opel Classic

Doch wie kam es dazu? Mit der Serienversion des neuen Mokka zeigt uns Opel seit geraumer Zeit, wo es designtechnisch in den 2020er-Jahren hingehen soll. Die Zeichen stehen auf “Vizor” – so nennt der Hersteller den Teil der Fahrzeugfronten, der aus den Scheinwerfern und dem Grill besteht. Und dieser sogenannte “Vizor” hat ein Optik-Vorbild.

So wurde sich gestalterisch am Manta A orientiert und dadurch eine ziemlich ansehnliche Frontpartie kreiert, die beim Mokka gut ankommt. Darüber hinaus bietet Opel das Modell auch elektrisch an. Wieso also nicht noch einen Schritt weitergehen und einen richtigen Manta-Nachfolger mit E-Antrieb bauen?

Der Gedanke war geboren und wurde geteilt – mit Designern, 3D-Modellbauern, Ingenieuren, Technikern, Mechanikern, Produkt- und Markenexperten. Ein Spenderfahrzeug war schnell gefunden. Ein orangeroter Manta A mit schwarzem Vinyldach aus der Sammlung von Opel Classic.

Insgesamt ordentlich in Schuss, aber doch ein wenig verlebt. Noch unrestauriert und mit so viel Entwicklungspotenzial, dass die Idee schnell weitere Konturen bekam. Die Opel-Geschäftsführung wurde eingeweiht und es gab spontan grünes Licht von ganz oben für das ElektroMOD-Projekt.

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Jetzt – nur ein paar Monate nach Projektbeginn – begrüßt uns der im CI-konformen Neongelb lackierte Manta GSe mit seinem im sogenannten “Pixel-Vizor” durch animierte Botschaften wie “My German heart has been ELEKTRified” oder “I am on a zero e-mission”. Eine nette Spielerei mit etwas zu viel Showcar-Charakter.

Wenn das einfache Opel-Logo zwischen den LED-Tagfahrlichtern und Scheinwerfern auftaucht, gefällt uns die Front am besten. Wie vermissen hier zudem ein wenig die Vier-Augen-Optik des Klassikers. Dafür muss man sich erst ans Heck begeben, das ziemlich nahe am Manta A ist.

Keine CMP-Basis

Die Abmessungen blieben übrigens weitestgehend erhalten. Genauso wie viele kleine Exterieur-Details, die wir von der Urform kennen. Höhe, Breite und Länge verändern sich aufgrund kleiner Designanpassungen nur im Millimeterbereich. Der Radstand hingegen bleibt mit 2,43 Meter auf Manta-A-Niveau.

Hier hat Opel nicht – wie so oft im Vorfeld vermutet – die CMP-Basis aus dem PSA-Regal genommen und unter die Manta-Karosse gepackt. Diese ist im Corsa-e zwischen den Rädern nämlich 2,54 Meter und im Mokka-e 2,56 Meter lang.

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Unter der Opel-typisch schwarz lackierten Haube musste der Vierzylinder-Benziner des Spenderfahrzeugs trotzdem einem Elektromotor weichen. Statt der konzernüblichen 100 kW (136 PS) stehen dem Einzelumbau ohne Basisgrundlage 108 kW (147 PS) und 255 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung.

Das originale Viergang-Getriebe blieb dem Manta erhalten und schickt die Kraft an die Hinterräder. Fahren könnten Sie trotzdem automatisch – im vierten Gang – oder Sie schalten die Gänge durch. Allerdings ohne Einsatz der Kupplung. Ein wirklich cooles Feature.

Temperaturregler mit neuer Funktion

Die Batterie sitzt hinter der Rückbank und verfügt über eine relativ kleine Kapazität von 31 kWh. Damit ist die Reichweite von gut 200 Kilometern nicht wirklich langstreckentauglich, aber das Gewicht des ElektroMOD wurde nur um rund 200 kg in die Höhe getrieben. Auf nun rund 1.200 kg.

Das reguläre Laden des Lithium-Ionen-Pakets erfolgt über einen 9 kW-On-Board-Charger für ein- und dreiphasigen Wechselstrom. Eine Ladung dauert vier Stunden. Von einer Schnellladefunktion ist bisher nicht die Rede. Dafür aber von Rekuperation. Die Stärke lässt sich sogar verstellen. Und zwar über den ehemaligen Temperaturregler des Spenderfahrzeugs.

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Mit einem Druck auf den originalen Türöffner springt das Schloss auf und die leichte Blechtür gibt den Blick auf den Innenraum frei. Die Sportsitze mit ihrer zentralen gelben Dekorlinie sind einst für den Adam S entwickelt worden. Eigentlich wollte Opel die Mokka-Sitze nutzen, da sich diese aber nicht nach vorne klappen lassen, musste auf das Dreitürer-Gestühl aus Opels ehemaligen Lifestyle-Kleinstwagen zurückgegriffen werden.

Im Seitenhalt-Kriterium sicherlich eine gute Wahl. Allerdings bauen die Sitze – vor allem im Vergleich zu den loungigen Originalsesseln des Manta A – ziemlich hoch und der Kopf kommt dem Dach schon bedrohlich nah.

Schock: Kein Kenwood!

Während klassische Elemente wie die Fensterkurbeln, das airbaglose Petri-Lenkrad, der Schaltknauf, der Handbremshebel, die runden Luftausströmer, die manuelle Pumpe für Wischwasser oder der ziemlich aus der Zeit gefallene Zigarettenanzünder einen zurück in die 70er-Jahre versetzen, wurden die klassischen Rundinstrumente durch das “Opel-Pure Panel” aus dem Mokka ersetzt.

Das Ergebnis überzeugt und die Erbauer waren selbst überrascht, wie gut die beiden 12,0 und 10,0 Zoll großen Bildschirme in das Auto passen. Für Musik sorgt eine Bluetooth-Box von Marshall. Nett. Aber Kenwood hätten wir irgendwie besser gefunden. Vielleicht in der Serie?!

Wie es jetzt weitergeht, verrät Opel noch nicht so wirklich. Laut Hersteller wollen die Manta-Macher ihre Erfahrungen beim Bau des ElektroMOD erst einmal sammeln, analysieren und aufbereiten. Also bloß nicht zu viel versprechen. Das erklärte Ziel im ersten Schritt soll dann ein Rezept für Opel-Fans sein, die in Eigenregie die Umgestaltung ihres Manta-Oldies zu einem elektrischen Neoklassiker in Angriff nehmen könnten.

Ob das der richtige Weg ist? Wahrscheinlich nicht. Denn viele Manta-Besitzer werden sich nicht finden lassen, die den oft lange konservierten Zeitzeugen der Automobilgeschichte für einen Elektroumbau hergeben würden.

Was bleibt, ist die Hoffnung, dass Opel das positive Feedback mitnimmt und eventuell doch in eine eigenständige Neuauflage des sportlichen Coupés weiterdenkt. In Großserienmaßstäben auf CMP-Basis. Diesem Manta würden wir dann auch größere Dimensionen, etwas mehr Technik, aktuelle Sicherheitsstandards und ein paar zusätzliche Kilos durchgehen lassen. Der Imageboost wäre trotzdem phänomenal.

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