Test

Skoda Enyaq iV 80 (2021) im ersten Test

Wie schlägt sich das erste Elektro-SUV der Tschechen?

skoda enyaq iv 80 (2021) im ersten test

Unsere französischen Kollegen konnten vor geraumer Zeit den VW ID.4 im Rahmen einer Testfahrt etwas genauer unter die Lupe nehmen. Aber im Volkswagen-Konzern ist die Elektro-Plattform namens MEB nicht nur den Fahrzeugen mit VW-Logo im Grill vorbehalten.

Und während in Ingolstadt noch die letzten Abstimmungsmaßnahmen am Audi Q4 e-tron durchgeführt werden (die Premiere ist für den 14. April anberaumt), ist Skoda mit dem Enyaq iV schon einen Schritt weiter.

Seit Februar 2021 laufen die Auslieferungen an die ersten Kunden und ich konnte das Elektro-SUV im Kodiaq-Format nun einem ersten Kurztest unterziehen. Für die Probefahrt hat mir der Hersteller das 80er-Modell zur Verfügung gestellt – laut Skoda der künftige Verkaufsschlager im Enyaq-iV-Modellprogramm.

Fünf Varianten werden es

In welchen Ausführungen der Elektro-Tscheche noch erhältlich ist oder in Kürze sein wird (50er, 80x und RS kommen etwas später), sehen Sie hier in der Übersicht:

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Der erste (optische) Eindruck

Er sieht schon aus wie ein aktueller Skoda eben aussieht. Anders als der VW, der doch etwas rundgelutscht daherkommt, bewahrt sich der Skoda seine Ecken und Kanten und kreiert so keinen völlig neuen Look. Das klingt mit dem für E-Autos noch viel wichtigeren cW-Wert im Hinterkopf erstmal gar nicht so schlau.

Denn schließlich gilt ab einem gewissen Tempo: Mehr Schrankwand, weniger Reichweite. Und da Motorengeräusche gänzlich fehlen, würde man auch als Passagier jeden unangebrachten und unnötigen Luftwirbel im Innenraum wahrnehmen können.

Aber trotzdem muss ein E-Auto deshalb nicht gleich aussehen wie ein von Wasser geschliffener Isar-Kieselstein. Der Enyaq erreicht seinen Luftwiderstandsbeiwert von etwa 0,26 durch eine flacher liegende Windschutzscheibe, aerodynamisch optimierte Außenspiegel und Felgen, einem geschlossenen Kühlergrill, Air Curtains in den vorderen Stoßfängern, einem einstellbaren Kühlrollo und einem komplett verschlossenen Unterboden.

Und an der Heckklappe? Da sitzt “der größte Spoiler, den wir bei Skoda wohl je hatten”, meint Jens Kosyna, Head of Enyaq iV Business Project, mit einem verschmitzten Lächeln. Für einen großen Flügel musste Skoda also erst ein Elektro-SUV bauen …

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Was die Abmessungen für den Kofferraum und für mich als 1,88 Meter große Testperson für Auswirkungen haben? Ganz einfach: Der Enyaq sieht nicht nur aus wie ein Skoda, er fühlt sich im Innenraum auch an wie einer – zumindest was das Platzgefühl betrifft.

Die Kopf- und Beinfreiheit im Fond ist mehr als ausreichend bemessen (außer Sie sind ein noch gewaltigerer Sitzriese als ich) und der Kofferraum sowie alle weiteren Ablagen im Fond und Cockpit sollten eigentlich keine Stauraum-Wünsche offen lassen.

Leichtbau Light

Ansonsten ist es schon sehr aufgeräumt im Innenraum, was für eine luftige Atmosphäre sorgt. Etwas konträr wirkt da der massive Einsatz von Leder. Auch wenn es ein heller Braunton ist und die Oberflächen mit Olivenöl gegerbt wurden, sorgen – meiner Meinung nach – Kuhhäute immer für einen altehrwürdigen und etwas konservativ angehauchten Flair. Hier würde ich die (leider beim Test nicht verfügbare) Ausstattung aus Bio-Wolle und recycelten PET-Flaschen wählen, die in der Ausstattungslinie “Lodge” mit an Bord ist.

Die Instrumente beschränken sich wie beim ID.4 auf ein kleines Kombiinstrument hinter dem Lenkrad, das die wichtigsten Fahrparameter visualisiert. Eigentlich ein bisschen unnötig, denn mit dem gewaltigen (aber optionalen) Head-up-Display mit AR-Funktion wird das, was sich auf dem Armaturenbrett abspielt, nur noch in zweiter Instanz angesehen.

Die Hauptattraktion ist in jedem Fall der freistehende Bildschirm, den es mit einer Diagonalen von zehn oder 13 Zoll gibt. Die Bedienung fällt auch einem Neuling leicht und der ablenkende Charakter hält sich in Grenzen.

Ganz auf Schalter und Knöpfe wie beispielsweise bei Tesla will man bei Skoda aber dann auch nicht verzichten. Eine gute Sache, denn so überfordert der Hersteller die Kunden nicht übermäßig, die zum größten Teil alleine schon beim Kauf eines Elektroautos über ihren avantgardistischen Reichweitenangst-Schatten springen müssen.

Wirkt der Innenraum sonst irgendwie halbgar oder schlecht verarbeitet? Zugegeben: Manchmal meinen Hersteller ja, dass ihre E-Modelle nicht so perfekt sein müssen wie die Derivate mit konventionellen Antrieben.

So wird gerne einmal bei Verarbeitung und Materialauswahl gespart und als Begründung Punkte wie Kosten- oder Gewichtseinsparungen angeführt. Hartes Plastik gibt es im Skoda zwar auch, aber im Vergleich zum ID.4 haben sich die Tschechen doch etwas mehr Mühe gegeben, diesen Spagat hinzubekommen.

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Und wie fährt er sich?

Auf den Punkt gebracht: Die theoretischen Daten sprechen eine Sprache, die sich in der realen Erfahrung wiederfinden. In der gefahrenen 80er-Version sind das 150 kW und 310 Newtonmeter, die dem hinterradgetriebenen Enyaq einen 0-100-km-Sprint in 8,5 Sekunden und eine abgeriegelte Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ermöglichen. Zu einem Elektrokatapult wird das Modell damit nicht. Okay, der typische E-Kick beim Anfahren ist da, aber ansonsten strotzt der Skoda nicht unbedingt vor Längs- und Querdynamik.

Das vom Hersteller scherzhaft “Skateboardbatterie” genannte Akkupack ganz unten in der Fahrzeugarchitektur senkt zwar merklich den Schwerpunkt und ermöglicht ein stabileres Fahrverhalten, als man das von einem vergleichbar hohen SUV kennt, aber über zwei Tonnen sind eben über zwei Tonnen.

Die machen auch die wunderbar abgestimmte Lenkung sowie das adaptive Fahrwerk (beides über die Modi “Eco”, “Normal”, “Comfort” und “Sport” einstell- und in der Spreizung gut wahrnehmbar) nicht wirklich wett.

Aber das ist okay. Denn der Enyaq will kein Tesla Model S Plaid sein. Er ist ein unauffälliger und praktischer Begleiter für den Alltag, der eben zufällig elektrisch fährt. Wie ein Durchschnitts-Kodiaq mit 200-PS-Diesel eben. Und ein bisschen Spaß wird er Ihnen trotzdem entlocken. Versprochen.

Denn wenn man wirklich will, spürt man den Hinterradantrieb trotz der Masse – an Gewicht und elektronischen Fahrhilfen. Wenn Sie es aber zackiger haben wollen, sollten Sie wohl auf die Allrad-Versionen mit 195 oder 220 kW Leistung warten.

Assistenz und Technik im Überfluss

Wenn der Enyaq in der gefahrenen Variante schon keine Performance-Offenbarung ist, so hat er doch andere Stärken im regulären Fahrbetrieb. Vor allem die Vielzahl an Assistenten, die Skoda anbietet, ist nicht zu verachten. Wünschen Sie sich ein aktuelles System … mit nahezu 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit können Sie es im E-Skoda bestellen – oder es ist sogar serienmäßig. So nimmt mir der Wagen die meiste Arbeit einfach ab und Beschleunigen, Bremsen und Lenken passieren unter meiner Supervision automatisch. Und das nicht irgendwie grobschlächtig, sondern sehr anständig und ohne nennenswerte Auffälligkeiten.

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Clever? Simply Clever!

Neben all den technischen Raffinessen im digitalen Stil verzichtet Skoda auch beim Enyaq nicht auf altbewährte (und neue) “Simply Clever”-Lösungen. Für das Smartphone bieten die Rücksitze eine extra Tasche, in den Türen finden Sie die Regenschirme und der Wischwasser-Verschluss ist gleichzeitig ein Trichter. Der obligatorische Eiskratzer? Der sitzt jetzt in der Heckklappe. Im Tankdeckel wollte ihn Skoda nicht mehr unterbringen, da dieser für längere Zeit und ohne Anwesenheit der BesitzerInnen beim Ladevorgang offen stehen wird. Gelebter und pragmatischer Diebstahlschutz auf Ingenieurniveau … für einen 50-Cent-Eiskratzer.

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Reichweite, Batterie, Ladezeiten

Wie in der obigen Übersichtsgrafik zu erkennen, attestiert Skoda dem Enyaq iV 80 eine Reichweite von bis zu 537 Kilometer. Im lockeren Gespräch sichert sich der Hersteller aber dahingehend ab, dass Kunden mit “über 500 Kilometer” rechnen können. Bei einem Testverbrauch von 21 kWh/100 km – auf einer leider nicht sehr repräsentativen Fahrtstrecke von 50 Kilometern – und einer Netto-Akkukapazität von 77 kWh ergibt sich so aber eine realistischere Reichweite von rund 370 Kilometer. Bei mehr Landstraße und Stadtverkehr sollten aber auch mehr als 400 Kilometer drin sein.

Das Akkupaket im 80er besteht aus zwölf einzelnen Modulen, die unabhängig voneinander ausgetauscht werden können. Ein vielleicht nicht ganz unwesentlicher Pluspunkt, denn wenn nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern die Garantie auf die Batterie erlischt und ein Tausch anstehen sollte – oder die Entwicklung von Akkus sich soweit verbessert, dass ein Wechsel sinnvoll wird – muss nicht gleich das ganze System entfernt werden und man kann sich auf die defekten oder schwächsten Module konzentrieren.

Anders als die Einsteiger-Enyaqs (50er und 60er) kann der 80er mit bis zu 125 kW an einer Schnellladesäule geladen werden. Der 50er schafft hingegen maximal 50 kW, der 60er nur 100 kW. So geht es unter optimalen Bedingungen von zehn auf 80 Prozent in unter 40 Minuten. An einer 11-kW-Wallbox stehen Sie von 0-100 Prozent insgesamt 8 Stunden und 15 Minuten und die Haushaltssteckdose benötigt knapp 40 Stunden, um den Enyaq komplett unter Strom zu setzen.

Preise machen Käufer

Los geht’s bei 43.950 Euro inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer und exklusive der Förderprämien. Das Schwestermodell von VW ist mit 44.450 Euro nur einen Bruchteil teurer. Aber im Detail wird der VW dann doch etwas hochpreisiger sein, wenn man einen Blick in die Serienausstattung wirft.

So sind am Wolfsburger tatsächlich noch 19-Zoll-Stahlfelgen verschraubt, während der Tscheche zumindest 19-Zoll-Alufelgen spendiert bekommt. Und gegenüber anderen Modellen wie beispielsweise dem BMW iX ist der Skoda wirklich ein Schnapper. Die Münchner verlangen nämlich mindestens 77.300 Euro für den Neuzugang.

Fazit

Wenn Ihnen die kantige Skoda-Optik zusagt, dürfte der Enyaq der bessere ID.4 sein. Er macht technisch alles genauso gut wie der VW und ist dabei nicht nur günstiger, sondern vermittelt dazu einen qualitativ besseren Innenraum.

Dabei bleibt er trotz all der modernen – und für manchen vielleicht auch überfordernden Technik – so alltagstauglich und einfach bedienbar wie ein entsprechender Kodiaq mit konventionellem Antrieb. Allerdings fährt er sich dementsprechend auch genauso alltäglich. Was in keiner Weise negativ gemeint ist.

Bildergalerie: Skoda Enyaq iV (2021) im Test

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Skoda Enyaq iV 80

Motor Elektromotor hinten (PSM)

Leistung 150 kW (204 PS)

Max. Drehmoment 310 Nm

Beschleunigung 0-100 km/h 8,5 s

Höchstgeschwindigkeit 160 km/h

Batterie 77 kWh, netto (Lithium-Ionen-Akku)

Elektrische Reichweite > 500 km (WLTP)

Verbrauch 16 kWh/100km

Ladeanschluss CCS2 (AC bis 11kW, DC bis 125 kW)

Aufladezeit Mit DC 125 kW 10-80% in ca. 33 – 38 min

Länge 4.649 mm

Breite 1.879 mm

Höhe 1.616 mm

Kofferraumvolumen 585 – 1.710 Liter

Leergewicht 2.090 – 2.308 kg (je nach Ausstattung)

Anhängelast 1.000 kg (gebremst bei 12% Steigung)

Anzahl der Sitze 5

Basispreis 43.950 Euro

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