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Zeitreise in die 70er: Der Oldtimer DAF 66 mit Variomatic

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Zeitreise in die 70er: Der Oldtimer DAF 66 mit Variomatic 

Mit dem DAF 66 auf der Klotinger Heide – hier hat Ingrid Leifert Mitte der 70er-Jahre das Autofahren gelernt und erste Runde mit dem Holländer gedreht. Jetzt hat sie sich wieder diesen seltenen Klassiker zugelegt.

Welver – Sie wurde belächelt, fast schon bemitleidet; sogar mit Argwohn wurde ihr begegnet. Doch Ingrid Leifert setzte sich durch; auch gegenüber dem Vater, der nach negativen Erfahrungen mit dem VW 411 auf Fiat eingeschworen war. „Ich wollte den DAF“, hatte sich damals die angehende Abiturientin in das orangene Gefährt aus dem Oranje-Land verguckt. Ihr erstes Auto sollte jenes ungewöhnliche Mobil aus den Niederlanden werden, das mit seinem Variomatic genannten Getriebe so ziemlich einzigartig war.

Und entsprechend durch den Kakao gezogen wurde. Ein Wagen ohne mechanische Schaltung war verpönt, der DAF wurde als Diakonissen-Auto verhohnepipelt. Auto fahrende Frauen hatten es in den 70er-Jahren ohnehin schwer. Der 7. Sinn mit seinen TV-Spots zum Autofahren aus jener Zeit lässt grüßen. Doch Ingrid Leifert hatte einen starken Willen, ließ sich nicht beirren.

Der DAF sollte es sein, den sie bei Göttgens in Soest entdeckt und zur Probe gefahren hatte. Die einfache Handhabung, eben ohne Schaltung, begeisterte die Ursulinen-Gymnasiastin. Und auch ihre Mitschülerinnen. „Ich war oft als Taxi zur Schule in Werl unterwegs“, ließen sich ihre Altersgenossinnen nur allzu gern mitnehmen, wenn sie mit dem DAF 55 vom Elternhaus auf der Klotinger Heide nach Werl fuhr.

Vater dreht gerne Runden mit handlichem Holländer

Der beim Soester Händler angebotene holländische Kleinwagen war gar nicht so selten in den Garnisonsstädten Soest und Werl. Im Kreis Soest stationierte Soldaten aus den USA, England, Kanada oder Belgien hatten die Zweitwagen ihrer Frauen – Automatik war in vielen dieser Länder üblich – vor ihrer Rückkehr in die Heimat in Zahlung gegeben.

„Es war ein bezahlbarer, gebrauchter Kleinwagen“, hatte Ingrid Leifert den Holländer ins ihr Herz geschlossen. Daran änderte auch nichts, dass er ihr quasi unter dem Allerwertesten wegrostete – eine in den 70ern weit verbreitete Krankheit damaliger Autos. Doch Göttgens wusste Rat, hatte im Jahr darauf ein DAF 66 Coupé im Angebot. „In Rot mit Silberstreifen“, war Ingrid Leifert hin und weg. „Ein tolles Auto“; auch wenn die Großeltern schon ihre Mühen beim Ein- und Aussteigen hatten. „Hinten wurde es sehr eng, vor allem für Opa mit seinem Hut“, muss die DAF-Liebhaberin rückblickend schmunzeln.

zeitreise in die 70er: der oldtimer daf 66 mit variomatic

Unter der vorn angeschlagenen Motorhaube schlägt ein Renault-Herz; das Reserverad hier zu platzieren, war damals nicht unüblich.

Trotz allem fuhr sie ihn bis 1983, kam allerdings nur in den Semesterferien dazu. „Beim Studieren in Berlin brauchte ich kein Auto.“ Daheim auf der Klotinger Heide fuhr Bruder Willi hin und wieder damit, ohne sich aber von der Begeisterung seiner Schwester anstecken zu lassen. Doch – oh Wunder – der Vater drehte doch ganz gern mit dem handlichen Holländer seine Runden; die Abneigung gegenüber der Variomatic war verschwunden.

Natürlich sollte es wieder ein DAF werden

Allerdings fuhr er auch eine Delle in die Karosserie, die nach dem Studium ohnehin auch ein Opfer des Rostfraßes geworden war. Also musste ein neues Auto her. Natürlich sollte es wieder ein DAF werden. Doch inzwischen hatte Volvo die Holländer übernommen, inzwischen verkauften die Schweden die Kleinwagen mit der Variomatic unter ihrem Namen. Ingrid Leifert, die inzwischen eine Stelle als Bibliothekarin in Wuppertal gefunden hatte, bewältigte die Steigungen im Bergischen Land fortan mit ihrem silbernen Volvo 66 GLS mit roter Innenausstattung mühelos. Und auch die Heimfahrten auf die Klotinger Heide.

zeitreise in die 70er: der oldtimer daf 66 mit variomatic

Mit dem DAF 66 auf der Klotinger Heide – hier hat Ingrid Leifert Mitte der 70er-Jahre das Autofahren gelernt und erste Runde mit dem Holländer gedreht. Jetzt hat sie sich wieder diesen seltenen Klassiker zugelegt, hat ihn „Davy“ getauft.

1988 endete aber die Beziehung mit der Variomatic. „Ich habe ihn schweren Herzens abgegeben“, wechselte sie zu einem Ford Fiesta – natürlich mit einem Automatikgetriebe, und zwar jenem CVT-Getriebe, das der Variomatic am nächsten kam.

Nun nach Ende ihrer beruflichen Tätigkeit wurde die Liebe zum DAF aber neu entfacht. „Ich hatte schon über ein E-Auto nachgedacht. Aber bei den paar Kilometern, die ich hier fahre, lohnt sich das nicht, bin ich doch meist zu Fuß oder mit der Bahn unterwegs“, kam Ingrid Leifert nach ihrer Rückkehr nach Welver auf die Idee, sich nach jenem Auto umzusehen, das ihr in der Jugend so viel Freude bereitet hatte. „Ich hatte einen DAF-Lkw gesehen und fragte mich, ob es die Pkw überhaupt noch gibt.“

Baujahr 1973, vier Vorbesitzer

Tatsächlich wurde sie in Braunschweig fündig. 19 Jahre war er dort im Besitz einer Familie, die sich um die tadellose Optik und den guten Gesamtzustand verdient gemacht hatte. Vier Vorbesitzer gab es insgesamt, allesamt im Raum Braunschweig, die Erstzulassung datiert von Januar 1974. Daher ist vom Baujahr 1973 auszugehen, genau vor 50 Jahren also.

Bruder Willi Leifert nahm den Oldie unter die Lupe, las sich in die ungewöhnliche Technik ein und fand Rat bei einem betagten Experten im Raum Sonsbeck. So konnten die technischen Schwierigkeiten behoben werden, sodass der DAF jetzt wieder tadellos läuft. „Es ist schon empfehlenswert, wenn man technikaffin ist“, freut sich Ingrid Leifert über die Hilfe durch ihren Bruder. Und die Anbindung an einen DAF-Club ist ratsam, gibt es hier doch Tipps im Umgang mit den holländischen Raritäten auf vier Rädern. Schließlich sind Werkstätten, die sich mit der außergewöhnlichen Variomatic auskennen, recht dünn gesät. Immerhin: Ersatzteile gibt es in den Niederlanden problemlos.

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Ein Blick ins Cockpit des DAF 66, der 1973 auf seine vier Räder gestellt worden ist.

Bei ihrer Schatzkiste denken Ingrid und Willi Leifert jetzt darüber nach, die wenig stilechte Lautsprecherbox aus dem Kofferraum zu entfernen und damit auch die durch den Fußraum laufenden Kabel. Ansonsten muss demnächst gewiss mal wieder Hand angelegt werden an der Karosserie. Denn kleine braune Stellen zeigen, dass der Rostfraß wieder um sich greifen würde, wenn man ihm nicht frühzeitig Einhalt gebietet.

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