Nach rund einem Jahrzehnt hat Apple die Pläne für ein eigenes E-Auto scheinbar aufgegeben. Auch wenn andere Tech-Player weiterhin ihren Hut in den Ring werfen, reflektiert dieser Schritt deutlich die komplexen Anforderungen der Automobilindustrie.
Nach einem Jahrzehnt voller Prototypen, ambitionierter Softwareentwicklung und Übernahmegerüchten um McLaren markiert die jüngste Entscheidung Apples eine signifikante Wende. (Bild: Adobe Stock / hanohiki)
Nun sei Bloomberg zufolge die Entscheidung zur Beerdigung des Apple-Autos in den vergangenen Wochen von der Chefetage besiegelt worden. Schon zuvor hieß es, Apples Verwaltungsrat habe von Konzernchef Tim Cook und dem aktuellen Projektleiter Kevin Lynch nach den Kurswechseln und Milliarden-Ausgaben der Vergangenheit Klarheit über die Pläne eingefordert. Die Ankündigung überraschte vor allem die zuletzt rund 2000 Mitarbeiter des Projektes. Ein Teil der Entwickler aus Apples Auto-Team solle künftig an Software mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, schrieb das Wall Street Journal unter Berufung auf informierte Personen.
Scheitern Tech-Player an den Hürden der Autobranche?
In den vergangenen Jahren ließen auch häufige Personalwechsel die Unruhe rund um Apples Projekt erkennen, das laut Medienberichten den Codenamen Titan trug. So ging der einst als Leiter eingesetzte ehemalige Tesla-Manager Doug Field 2021 zu Ford, wo er nun das Elektroauto- und Digital-Geschäft verantwortet. Selbst als der Hype um ein mögliches Apple-Auto in den vergangenen Jahren immer wieder hohe Wellen schlug, zeigten sich einige Branchenexperten stets skeptisch, dass der Konzern das wirklich durchziehen würde. Zu anders sei das Geschäft der Autobranche, argumentierten sie.
„Klassische Tugenden wie Karosseriekonstruktion, leistungsfähige batterieelektrische Antriebe sowie hocheffiziente Produktion gehören zum Erfolgsrezept. Vielfach unterschätzt werden gerade von Neueinsteigern auch die Herausforderungen in den Bereichen Vertrieb und Service. Gerade hier stimmt der Satz nicht, dass ein modernes Auto ein Smartphone auf Rädern ist“, so der Branchenexperte weiter.
Europäische Automobilhersteller müssen wachsam bleiben
Das könnte vielleicht auch der Grund dafür sein, dass Apple Spekulationen zufolge darüber nachgedacht hatte, eine Abkürzung mit dem Kauf eines Autoherstellers wie McLaren oder eines Autozulieferers zu nehmen. Tesla-Chef Elon Musk behauptete vor ein paar Jahren, er habe inmitten der existenziellen Probleme des Autobauers beim Produktionsstart des Volumenfahrzeugs Model 3 ein Angebot an Apple gerichtet, das Unternehmen zu kaufen. Apple-Chef Cook habe hingegen kein Interesse an einem Treffen gezeigt.
Fintl sieht diese Unternehmen auch weiterhin auf dem Vormarsch: „Die Ambitionen der Techplayer sind sicherlich ungebrochen. War es bisher oft so, dass der Einstieg in die automobile Welt mit einem eigenen Fahrzeug verbunden war, so zeigt sich in den letzten Jahren, dass der Weg in den Automobilmarkt vielleicht neu gedacht werden muss.” Die Tech-Giganten würden der Branche in Zukunft nicht mehr nur als Lieferanten von Komponenten für das Fahrzeugbetriebssystem sowie Infotainmentlösungen begegnen – vielmehr würde das Feld der KI-Assistenten ein neues Einfallstor in die Fahrzeugflotten der Welt werden. Angesichts der starken Konkurrenz aus den USA und China müssten europäische Hersteller besonders wachsam sein und technologische Alternativen – sei es aus Deutschland, Frankreich oder UK – im Blick behalten. Sonst drohten neue Abhängigkeiten.
mit Material der dpa