Mehr als nur eine Designstudie für die Show, wie bei Apple: Der Smartphoneanbieter Xiaomi produziert nun eigene Autos in einer eigenen neuen Autofabrik in Peking.
Der Schriftzug auf dem Auto ist ungewohnt. Man kennt ihn von den Smartphones, die hinten im Flaggschiffladen unweit der Schanghaier Kathedrale und des Fußballstadions ausgestellt sind. Doch es ist kein angebissener Apfel, der da hinten auf dem Auto prangt. Stattdessen steht da in Kleinbuchstaben „xiaomi“. Die Chinesen sind der Smartphone-Produzent, der den Schritt durchgezogen hat, mit dem Konkurrent Apple ewig geliebäugelt hatte, nur um sich dann doch nicht zu trauen.
Es ist eine Kampfansage: an die deutschen Premiumhersteller, an die vielen chinesischen Start-ups, deren Autos sich in einer ähnlichen Preisklasse tummeln, – und vor allem an Tesla. Der US-Hersteller schwächelt in China ohnehin schon. Lei sagte nun, der Vergleichspunkt sei in den meisten Aspekten das Model 3 der Kalifornier gewesen. Für die Top-Version war die Zielsetzung noch ambitionierter, wie man im Design überdeutlich sieht: der Porsche Taycan.
Als VW- und Tesla-Schreck bekannt
So groß das mediale Interesse an dem Auto ist, am Ende kommt es auf die Kunden an: Xiaomi erhielt nach eigenen Angaben in den ersten 27 Minuten 50.000 Bestellungen. Die Börse interpretierte das positiv: Der Aktienkurs gewann mehr als zwölf Prozent, Konkurrenten wie Nio, Xpeng und Tesla büßten deutlich ein. Doch die Börse hat in der Vergangenheit schon häufiger Elektroautohoffnungen erst gefeiert und dann fallen gelassen.
In der Spitzengruppe der chinesischen Elektro- und Hybridautos
Wer an die manchmal futuristischen Fahrzeuge auf den Straßen Schanghais gewöhnt ist, findet an den Xiaomi-Karossen wenig Aufregendes: Das Design, verantwortet von einem ehemaligen BMW-Designer, sieht verdächtig nach Porsche aus und damit vielen anderen Fahrzeugen chinesischer Start-ups zum Verwechseln ähnlich. Auf Douyin, der chinesischen Tiktok-Version, gab es dafür Spott. Xiaomi hat weitere Modelle angekündigt. Die Türen der Autos mussten in dem Laden leider geschlossen bleiben. Das Cockpit schien die gleiche Standardausstattung zu haben, wie man sie von den meisten chinesischen Elektroautos kennt: Ein schmaler Bildschirm, wo einst die Tachoscheibe war, ein größerer oberhalb der Mittelkonsole. Der Rest des Cockpits sieht nach Durchschnitt und plastiklastig aus. Die Passagiere auf der Rückbank scheinen auf Bildschirme verzichten zu müssen. Auf den ersten Blick gibt es wenig, was das Fahrzeug von der Konkurrenz abhebt. Anders ausgedrückt: Das Auto braucht eine sehr gute Software.
Neben der starken Marke und den vielen Läden im ganzen Land liegt darin Xiaomis große Stärke. Digitale Argumente spielen für chinesische Autokäufer eine viel größere Rolle als für deutsche. Falls es den Entwicklern gelungen ist, das Auto nahtlos in das Ökosystem einzubinden, wäre das für die vielen Xiaomi-Handybesitzer ein gewichtiges Argument, auch ein Xiaomi-Auto-Besitzer zu werden. Dass der Ansatz funktionieren kann, zeigt der Smartphone-Konkurrent Huawei gerade mit Bravour. Der wehrt sich zwar mit Händen und Füßen dagegen, als Autohersteller bezeichnet zu werden, ist aber an einigen Herstellern beteiligt und stellt die Fahrzeuge in seinen Läden aus. Die Marke Aito hat sich im Januar und Februar in die Spitzengruppe der chinesischen Elektro- und Hybridautos katapultiert. Laut der Schanghaier Beratung Automobility hat die Marke in dem Zeitraum knapp 60.000 Fahrzeuge verkauft, Rang 6 im Ranking. Zum Vergleich: Tesla kam auf 70.000, VW auf gut 25.000 Elektroautos, die Hälfte der Bestellungen von Xiaomi also.