Auto

Wie KI Sicherheit und Erlebnis des autonomen Fahrens steigern kann

Nach rund drei Jahren Laufzeit hat das Förderprojekt Karli mit der Ergebnispräsentation in der Arena2036 seinen Abschluss gefunden. Karli steht dabei für Künstliche Intelligenz (KI) für Adaptive, Responsive und Levelkonforme Interaktion im Fahrzeug der Zukunft. Vor wenigen Tagen fanden sich rund 150 Teilnehmende aus Wissenschaft, Industrie, Politik sowie Presse in Stuttgart-Vaihingen ein. Die zwölf im Projekt involvierten Konsortialpartner demonstrierten dort ihre Forschungsergebnisse zu Anwendungen im Pkw, die ganz besonders durch einen neuen KI-Ansatz profitieren sollen.

Neben zahlreichen Vorträgen und einer umfassenden Plakatausstellung rund um die Projektarbeit, konnten die Anwesenden die KI-Applikationen auch praxisnah testen: im Einsatz in Demonstratoren, stehenden Fahrzeugen und sogar während der Fahrt. Der Fokus des Projekts lag auf der Ausgestaltung der Interaktion zwischen dem Auto und seinen Nutzenden mithilfe von KI – unter Berücksichtigung der wechselnden Anforderungen unterschiedlicher Automatisierungslevel beim Fahren.

„Gerade in der Automobilbranche befinden wir uns inmitten eines technologischen Umbruchs. Natürlich zum einen mit Blick auf die Antriebstechnik. Aber auch in Bezug auf die Weiterentwicklung des automatisierten Fahrens“, sagt Nina Stock, Oberregierungsrätin Digitalisierung und Industrie 4.0 im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen ihrer Begrüßungsrede. Stock fährt fort: „Noch ist das vollautomatisierte Fahren keine faktische Realität. Doch sie scheint zum Greifen nahe, sind doch bereits heute Fahrassistenten und Teilautomatisierungen im Einsatz. Für den wünschenswerten Durchbruch ist es notwendig, die Sicherheit und damit das Vertrauen in das autonome Fahren weiter zu steigern. Initiativen wie das Karli-Projekt tragen dazu einen entscheidenden Teil bei.“

Sicherheit und Komfort steigern

Dr. Frederik Diederichs, technischer Projektleiter von Karli und Fachgruppenleiter am Fraunhofer IOSB, stellt das Projekt vor: „Automatisiertes Fahren im öffentlichen Straßenverkehr entbindet Nutzende heute und auch in naher und mittelfristiger Zukunft nur zeitweise von der Fahrzeugsteuerung. So könnte, je nach Automatisierungslevel, zum Beispiel bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten, guter Wetterlage oder niedrigem Verkehrsaufkommen, eine passive Nutzungsrolle eingenommen werden, bei der man sich fahrtfremden Aktivitäten widmen kann. Veränderte äußere Bedingungen können jedoch jederzeit die Übernahme von aktiven Steuerungsaufgaben erforderlich machen.“

Diederichs spezifizierte das Forschungsvorhaben in dieser Hinsicht: „Wir haben uns in Karli der Aufgabe gewidmet, eben diesen Wechsel zwischen aktiven und passiven Nutzungsrollen möglichst sicher und komfortabel zu gestalten. Dazu profitieren wir von den Möglichkeiten, die KI uns heute bietet. Im Wesentlichen geht es darum, die Situation im Fahrzeug richtig zu interpretieren und die notwendige Mensch-Maschine-Interaktion entsprechend individuell auszugestalten – und das alles unter Wahrung ethischer Gesichtspunkte, der Datensicherheit und des Datenschutzes nach europäischen Standards.“

Das Projekt hat seine Aufmerksamkeit im Speziellen auf drei KI-Anwendungen gerichtet für die sogenannten SAE-Level zwei bis vier: Teilweise Automatisierung des Fahrens (2), Bedingte Fahrautomatisierung (3) sowie Hochautomatisiertes Fahren (4). SAE-Level sind Stufen, die das assistierte, automatisierte und autonome Fahren entsprechend des SAE-Standards J3016 klassifizieren. Und jede Stufe sieht eine andere Rolle für den involvierten Menschen vor. „Karli nutzt KI, um die nutzenden Personen stets im Bewusstsein über ihre wechselnden Aufgaben zu halten“, erklärt Diederichs.

Wechsel zwischen aktivem und passivem Nutzungsverhalten

Das Team für levelkonformes Verhalten entwickelte Lösungen für die Interaktion zwischen Fahrenden und Fahrzeug in Bezug auf den notwendigen Rollenwechsel bei unterschiedlichen Automatisierungs-Leveln. In der Regel haben Nutzende nur einige Sekunden Zeit, um beispielsweise vom entspannten Lesen eines Buchs hin zur aktiven Steuerung des Autos zu wechseln.

Sobald das Auto ein Verhalten detektiert, das auf dem entsprechenden Automatisierungs-Level nicht erlaubt ist, interagiert das multimodale HMI (Human Machine Interface) im Fahrzeug mit den Nutzenden. Ein KI-Agent wählt die Art des Signals (akustisch, visuell, haptisch oder eine Kombination) entsprechend des Zustands der fahrenden Person aus.

Mensch-Maschine-Interaktion ausgestalten

Das Arbeitspaket KI-Interaktion beschäftigte sich mit Fragestellungen rund um die Ausgestaltung der MMI (Mensch-Maschine-Interaktion) und damit der Wahrnehmung der KI im Auto. Wie sollte die generelle Aktivität einer KI im Fahrzeug sichtbar gemacht werden? Wie muss ein KI-Avatar aussehen, damit man ihm zum einen angemessen vertraut und zum anderen versteht, was er kommunizieren möchte? Und wie kann die KI die Fahrenden und die Nutzungssituationen semantisch verstehen?

wie ki sicherheit und erlebnis des autonomen fahrens steigern kann

Fraunhofer IAO

Durch generierte User Interfaces können Ansprachen durch das Auto an die Nutzenden individuell und angepasst an die Situation erfolgen. Innenraumsensoren erfassen die Zustände der Fahrenden und das Fahrzeug erfragt zum passenden Zeitpunkt Nutzungsvorlieben. Diese Daten mit großen Sprachmodellen kombiniert, versetzen das Auto in die Lage, Kontext zu erkennen und ohne Ablenkung mit Nutzenden zu interagieren. Störende Meldungen werden verringert, indem sie sich auf die Historie und den Kontext beziehen, individuell zugeschnitten werden und zu passenderen Zeitpunkten erfolgen.

Reiseübelkeit vorbeugen

Das Forschungsthema Motion Sickness erkennen und vermeiden widmete sich der Fragestellung, wie der Einsatz von KI das Eintreten von Reisekrankheit bei fahrtfremden Aktivitäten nicht nur erkennen, sondern dieser auch vorbeugen kann. Hierzu ist es notwendig, dass die KI lernt, Streckenverläufe und deren Beschleunigungen zu antizipieren und diese mit den aktuellen Nutzungssituationen im Innenraum abzugleichen. Mit diesen Informationen kann die KI dann in Interaktion mit den Fahrenden treten, um Empfehlungen zur Verhaltensanpassung zu geben und Motion Sickness zu vermeiden.

Christoph Wannemacher von Konsortialleiter Continental Automotive Technologies richtete seine Worte in Richtung Förderer und Projektträger: „Wir bedanken uns recht herzlich beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und unserem Projektträger, TÜV Rheinland Consulting, für das Vertrauen in unser Konsortium sowie die Zukunftsfähigkeit unseres Forschungsvorhabens. Wir sind überzeugt, in den vergangenen drei Jahren zu Ergebnissen gelangt zu sein, die für die Zukunft des automatisierten Fahrens nicht nur von Relevanz, sondern gleichermaßen für die Industrie real umzusetzen sind.“

Quelle: Fraunhofer IAO – Pressemitteilung vom 19.09.2024

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