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Weitere Proteste: Mercedes-Mitarbeiter haben Angst

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Mitarbeiter demonstrieren Mitte März vor der Mercedes-Niederlassung in Darmstadt. Auch die Belegschaft in Frankfurt fragt sich, wie es weitergeht.

Rund 200 Beschäftigte der Frankfurter Mercedes-Niederlassung an der Heerstraße haben im Rahmen einer bundesweit konzentrierten Aktion am Donnerstag gegen den drohenden Verkauf der 83 konzerneigenen Autohäuser in Deutschland protestiert. Bundesweit sind dort 8000 Menschen beschäftigt, allein in Frankfurt und Offenbach 627. Zählt man den Rest des Niederlassungsverbunds Rhein-Main-Neckar hinzu – das ist ein Zusammenschluss der konzerneigenen Auto­­häuser in Frankfurt/Offenbach, Hanau, Darmstadt, Dieburg und Mainz sowie Mannheim, Heidelberg und Landau –, beträgt die Zahl der Betroffenen in diesem Gebiet circa 1600.

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Unsichere Zukunft: Die Mercedes-Niederlassung in Frankfurt an der Heerstraße

Bei ihnen, so berichten es Arbeitnehmervertreter, gehe die Angst um, wenngleich nach Unternehmensangaben noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft einzelner Häuser getroffen wurde. Ein Mercedes-Sprecher wiederholte auf F.A.Z.-Anfrage die Aussage, dass jede Niederlassung „individuell und niederlassungsspezifisch“ geprüft werde.

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Wollen um Stellen kämpfen: Die Frankfurter Betriebsratsvorsitzende Christine Kuwaldt (links) und ihr Stellvertreter Matthias Becker

Die Mercedes-Betriebsräte rechnen aber fest mit einer Veräußerung, die sie ablehnen. Schließlich, so sagt es Christine Kuwaldt, die nicht nur die Frankfurter Betriebsratsvorsitzende, sondern auch Mitglied des Gesamtbetriebsrats ist, habe es „schon zwei Sondierungsgespräche gegeben“.

Die Annäherung beider Seiten gestalte sich nicht einfach, berichtet sie nach einer Betriebsversammlung am Donnerstagvormittag. Zusammen mit der IG Metall habe man 83 Punkte identifiziert, über die man vor den Verkaufsverhandlungen des Konzerns mit etwaigen Interessenten reden müsse.

Die Krux: Die Beschäftigten in den Mercedes-Niederlassungen arbeiteten zu deutlich besseren Konditionen als die An­gestellten von Vertragshändlern, sagt Christian Egner, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall in Frankfurt. „Grundsätzlich hat die Mercedes-Benz AG eine ganz andere wirtschaftliche Tragfähigkeit, dort gibt es eine Beschäftigungsabsicherung bis Ende 2029. Dort bekommt man Urlaubs- und Weihnachtsgeld, eine Ergebnisbeteiligung und hat 30 Tage Ur­laub.“

Bei anderen Autohäusern gebe es oft nur 24 Urlaubstage im Jahr, zudem werde auch länger gearbeitet als die 36 Stunden pro Woche im konzerneigenen Betrieb. „Bei uns gibt’s auch Altersteilzeit, im Autohaus nicht“, so Matthias Becker, der stellvertretende Frankfurter Betriebsratsvorsitzende. Der Mercedes-Sprecher will sich zu den Sorgen rund um die Arbeitsbedingungen auf Anfrage nicht äußern und bittet um Verständnis dafür, dass man zu „laufenden Gesprächen“ nicht Stellung nehme.

Dass diese Gespräche schnell mit einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Lösung enden, erwartet man seitens der IG Metall und des Betriebsrats nicht. Bis Ende April seien noch Sondierungstermine angesetzt.

„Wir mussten für die Standortsicherung bluten“

Neben dem verhandelnden Gesamtbetriebsrat prüft auf Arbeitnehmerseite noch eine sogenannte Hintergrundkommission aus Mitgliedern der IG Metall und der Niederlassungsbetriebsräte die Situation. „Davon ist die AG gar nicht begeistert“, berichtet Christine Kuwaldt, die aber auch betont, man müsse der Aktiengesellschaft auch Zeit geben, sich die Anliegen der Arbeitnehmervertreter erst einmal anzuhören.

Den Zeitplan des Unternehmens halten Kuwaldt, Egner und Becker für ehrgeizig: Bis zum Sommer will sich Mercedes mit den Betriebsräten geeinigt haben, um dann den Verkauf forcieren zu können.

Nach Angaben des Unternehmens wird im Falle von Gesprächen mit potentiellen Käufern nur in die engere Auswahl kommen, wer „alle Voraussetzungen für den bestmöglichen Betrieb eines Autohauses nachweisen kann“.

Das lässt auf große Händlergruppen schließen, was die Belegschaft an den 83 Standorten aber nicht ruhiger schlafen lässt. „2014 sind schon 63 Betriebe verkauft worden. Damals haben wir auf drei Prozent des Entgelts verzichtet, zudem gab es eine neue Berechnung der Ergebnisbeteiligung. Schon vor zehn Jahren wollte der damalige Vorstandsvorsitzende alle Niederlassungen verkaufen, und wir mussten für die Standortsicherung bluten“, erinnert sich Kuwaldt zurück, die seit 1984 für Mercedes arbeitet.

Das Resultat seien extreme Einschnitte gewesen, so die Betriebsratsvorsitzende. „Zuletzt hat ein Werksmitarbeiter 7300 Euro Ergebnisbeteiligung bekommen – wir 1000.“ Der Konzern mit dem Stern beschwichtigt, Kündigungen werde es nicht geben. „In zahlreichen europä­ischen Ländern hat Mercedes-Benz bereits Betriebe an unabhängige Händler übergeben, und die Erfahrungen bestärken uns: Alle Betriebe sind weiterhin am Netz, die Kunden hervorragend betreut, und die Belegschaft hat auch nach Betriebsübergang vertraglich vereinbarte Arbeitsplatzsicherheit.“ Doch wie genau die nun aussehen soll, ist unklar.

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