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Überraschungs-Dritter bei den Sport-Limousinen

Biturbo-V8, komplett hybridfrei, noch dazu im Limousinengewand? Wird’s jetzt klassisch? Nein, im Gegenteil. Alpina B5 GT, Audi RS7 und Mercedes-AMG GT 63 S sind ebenso aktuell wie ewigkeitstauglich. Versprochen!

überraschungs-dritter bei den sport-limousinen

© Achim Hartmann

Biturbo-V8, komplett hybridfrei, noch dazu im Limousinengewand?

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Diese drei zeitgenössischen Sport-Viertürer sind ebenso aktuell wie ewigkeitstauglich.

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Alle drei bieten durchweg hohe Fahrsicherheit in allen Geschwindigkeitsbereichen, nur bedingt zuverlässige Verkehrszeichenerkennung und hervorragendes Matrixlicht.

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Auch die Getriebe unterscheiden sich eher in der Technik als in der Funktion.

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3,2 Sekunden nimmt sich der Alpina für den Sprint auf 100 km/h. Audi und Mercedes-AMG brauchen jeweils nur 0,1 Sekunden länger. 

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Der B5 GT kommt mit 20-Zoll-Rädern, Stahlbremse und Stahlfederung.

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Vergleichsweise sehr komfortabel gefedert, gibt der Alpina konsequent die pfeilschnelle Reiselimousine.

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Der klassische Fünfer-Stil wird dezent aufgewertet.

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Natürlich trägt der B5 GT im Innenraum die typische Alpina-Plakette.

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Das bekannte BMW-Infotainment ist erwartungsgemäß top bedienbar.

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Das Platzangebot ist ordentlich, die Stufenheckform des geräumigen Alpina erleichtert den Einstieg.

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Präzise Lenkung, reichlich Grip, dynamisches Handling, kurze Bremswege: Der Audi lässt wenig zu wünschen übrig. 

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31,7 Meter genügen dem RS 7 von Tempo 100 auf null, ob mit kalter oder warmer Bremse. Die Mitbewerber brauchen zwischen 2,3 und 3,1 Meter mehr.

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Mutmaßlich profitiert der RS 7 dabei neben seiner optionalen Keramikbremse besonders von den Conti SportContact 7.

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Hervorragendes Matrixlicht haben alle drei Kandidaten, Laser nur der Audi.

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Direkt ins Auge sticht die hochwertige Verarbeitung.

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Die Bedienung ist Audi-typisch eher bildschirmlastig, ein paar physische Tasten gibt es aber auch noch.

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Das Platzangebot ist mehr als ausreichend, die Sitze bequem.

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Insgesamt tritt der AMG sehr wuchtig auf.

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Beim Fahrspaß profitiert er von seiner Lenkung, den gekonnt abgestimmten Fahrmodi und der Regelelektronik.

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Auf Wunsch kann der AMG auch heckbetontes Handling bei guter Fahrpräzision und ordentlichem Komfort.

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Im Gegensatz zum nüchternen B5 GT bietet der AMG deutlich mehr Innenraumglamour.

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Die Fahrmodi sind vielseitig und einfach wählbar.

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Wenn man erstmal sitzt, sind die Sitze bequem. Der Einstieg ist aber relativ beschwerlich.

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Auch die Zuladung ist im engen AMG nur mäßig.

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1. Audi (569 Punkte)

2. Alpina (547 Punkte)

3. Mercedes (543 Punkte)

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Sein hoher Preis kostet den AMG Punkte, was die bessere Ausstattung nicht wettmachen kann. Gute Optionsmöglichkeiten offerieren alle drei High-End-Limousinen, ebenso eint sie das durchweg sehr hohe Kostenniveau und die vergleichbaren Wiederverkaufschancen.

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In Zeiten wie diesen, wo das imaginäre globale Titanic-Klavier immer lauter zu klimpern beginnt und Autos zunehmend elektrisch sirren, empfehlen wir, einfach mal die Tür zu schließen, in den Sessel zu sinken und ein wenig Klassik zu genießen. Gern wie wir jetzt in den seitenhaltigen Sesseln dreier hoch qualifizierter Sportlimousinen. Konsequent traditionell. V8-Biturbo vorn, weder E-Maschine noch Traktionsbatterie, wohl aber Allradantrieb und reichlich mechanische Traktion.

Das Ganze nicht federleicht, im Vergleich zu Elektroboliden jedoch fast asketisch. Gefühlsecht sowieso. Es genügt, die Motoren zu zünden und ihren Arbeitstakt zu spüren. Jeweils acht Kolben flitzen durchs V, orchestriert von Nockenwellen, beatmet per Airbox, Einspritzung, Ventilen und einer exakt berechneten Abgasanlage. Muss man nicht unbedingt haben. Und doch ist es schön.

Audi RS7 fährt kompetent

Bereit zum Start mit dem Audi RS 7? Also los! Die Handflächen am Lenkrad mit griffigem Alcantara-Bezug sensieren gleich, dass Audi da etwas gemacht hat. Klare Ansage: RS muss präziser, trockener, dynamischer werden. So hat Audi den RS 7 beim Facelift zwar nicht revolutioniert, aber geschärft. Mit etwas mehr Leistung dank größerer Twin-Scroll-Turbolader – geschenkt, kaum jemand spürt bei 600 PS plus die 30 mehr –, optionalen 22 Zoll großen Schmiede-Fräsrädern (pro Stück minus fünf Kilogramm) samt griffigen Conti SportContact 7 und einem modifizierten Mittendifferenzial.

Bingo. Nicht knüppelhart, sondern kompetent abrollend nehmen sich Stahlfedern und Adaptivdämpfer sämtlicher Unebenheiten an. Klar schmeckt man den RS durch, dafür hat man ihn schließlich gewählt, permanentes Getrommel verkneift sich der Audi jedoch, kontrolliert seine Karosserie ohne störendes Wanken und Nicken, wofür das Optionsfahrwerk mit einer Verbindung der Dämpfer über zwei separate diagonale Ölleitungen sorgt.

Kürzester Bremsweg im Vergleich

Zusammen mit dem Allradantrieb und der Allradlenkung kommt dabei ein sehr verlässliches Fahrverhalten raus. Klar, wer zu schnell in die Kurve reinfährt, erntet trotz der breiten, gripmächtigen 285er vorn leichtes Untersteuern. Der RS 7 möchte nicht überfahren, sondern mit Gefühl geführt werden. Nach kurzer Zeit hat man den Bogen raus, die passende Geschwindigkeit intus, und dann geht es ebenso schnell wie vergnüglich durch enge wie lange Bögen. Der Vierliter-V8 spricht sauber an, zieht kräftig durch und dreht freudig, unterstützt von der situativ schaltenden Achtgangautomatik, die im Sportmodus eine Prise Dramatik unterhebt. Das Ganze weder vordergründig wuchtig noch hochdrehzahlig, eher homogen und energisch.

So energisch wie die Bremswirkung, die dank Zehnkolbenzangen vorn, Keramikscheiben sowie SportContact 7 den Mitbewerbern aus 100 km/h drei Meter aufbrummt. Traktion ist dank variabler Kraftverteilung (maximal 70 vorn oder 85 hinten) sowie elektronisch gesteuertem Sperrdifferenzial ebenfalls kein Thema, kalkulierbares Eigenlenkverhalten ebenso wenig. Je nach Fahrmodus bleibt der Audi mit allen vier Rädern auf Spur oder kommt je nach Gaspedalstellung etwas mit dem Heck raus. Kontrolliert, nicht als Drift-Überfall.

Im Gegenteil, aktiv gefahren macht sich der 2,1-Tonner gefühlsmäßig kleiner und leichter, als er ist, lädt offensiv dazu ein, beim Bremsen, Einlenken und Herausbeschleunigen die jeweiligen Momente in die Wunschlinie zu integrieren. Dabei helfen ihm die präzise Lenkung mit festem Handmoment, das verschärfte Mittendiff sowie die elektronische Fahrwerksplattform, eine Software, die sämtliche Variablen zu einem homogenen Ganzen fügt. Schlüssig wie das ganze Auto: Angefangen bei den gut stützenden Sportsitzen, der nach Eingewöhnung ordentlichen Bedienung mit klar strukturierten Bildschirmdarstellungen und teils physischen Tasten über das gute Platzangebot (nach beschwerlichem Einstieg, speziell hinten), den großzügigen Kofferraum samt großer Klappe bis zur angenehmen Akustik (trotz acht Kilogramm weniger Dämmmaterial) mit geringen Wind- und erfreulichen Motorgeräuschen. Hier helfen die Optionen Akustikverglasung einerseits und Sportabgasanlage andererseits.

Erfreuliche Motorgeräusche? Als Hubraum-Chef mit 4,4 Litern für den Alpina doch ein Leichtes, oder? Nun, der B5 GT scheint sich als Motto für seine Abschiedstour Dezenz ausgesucht zu haben. Trotz enormer Fahrleistungen tritt er zurückhaltend auf. Ja, Sound ist da, schön rund und bassig. Aber: immer ein Stück entfernt. Der V8 setzt sich nicht auf deinen Schoß und brüllt: Auf geht’s. Er generiert seine 634 PS und 850 Newtonmeter souverän und unauffällig, unterstützt von entdrosselter Luftführung, neuen Ansauggeräuschdämpfern, höherem Ladedruck und einer Alpina-Abgasanlage, bevor sie über die softwareseitig angepasste ZF-Achtgangautomatik auf die 20 Zoll Pirelli P Zero losgelassen werden.

Alpina B5 GT: Vmax 330 km/h

Alpina verspricht nicht nur feines Ansprechverhalten und Leistungsentfaltung, der B5 GT erfüllt. Beim Tritt aufs Gas und bei freier Autobahn müssten die Zahlen auf dem Tachodisplay eigentlich glühen, so schnell flitzen sie. Subjektiv zoomt keiner der beiden Konkurrenten so schnell auf 200, 250, 300 wie der Alpina, was die Messwerte auch belegen. Wo bei anderen jenseits 200 km/h die Fahrwiderstände leise anklopfen, pflügt der Alpina durch. Gediegen, komfortabel, schnell. Vibrationen? Nö. Das Gefühl, unter der Haube strampeln Kolben, rasen Ventile? Weniger. Okay, da rauschen Turbos, und die Abgasanlage basst ein wenig, dramatisch ist hier aber nichts. Im Gegensatz zu den Geschwindigkeiten, in die einen Bovensiepens Stärkster lockt.

Bei dem sie außer Versteifungen am Vorderwagen und einer 10-Millimeter-Tieferlegung der Karosserie nix am Fahrwerk ändern, was zu einem stabilen, entspannten, ja fast schon stoischen Fahrverhalten führt. Egal bei welchem Tempo. Auf der Autobahn stören lediglich die starken Windgeräusche jenseits 200, die Folge von mäßigen Passungen an Scheiben und/oder Türen auf der rechten Seite.

Sonst passt hier alles, unterscheidet sich der Alpina kaum von seiner Basis, dem BMW M550ix, einem veritablen Sleeper, der ebenfalls Power mit Dezenz verbindet. Nur dass der B5 GT überall eine Schippe drauflegt, im Innenraum die typische Alpina-Plakette, spezielles Leder sowie eigene Farben trägt. Wer außen auf die Aufkleber-Folklore verzichtet, ist im Prinzip inkognito unterwegs.

Passend zur Persönlichkeit des B5 GT. Sich mit der Vorderachse in die Kurve verbeißen, die Linie nicht mehr hergeben und mit wehenden Fahnen rausdriften? Nun ja. Äh, nein. Im Normalbetrieb rutscht der mit unter zwei Tonnen Leichteste im Feld eher sanft über alle viere zum Außenrand, als Eigenlenkspielchen zu provozieren.

Grundsätzlich schnell und kalkulierbar, die Lenkung mit dickem Lenkradkranz recht leichtgängig in Comfort, insgesamt mit ruhiger Mittellage, ohne jede Stößigkeit bei gutem Fahrbahnkontakt – jedoch ohne die Bissigkeit und Transparenz, die man in dynamischen Kurven von einer Sportlimousine erwartet. Passend dazu sorgen Stahlfedern und Dämpfer sowie die 20-Zoll-Räder für ein hohes Komfortniveau vom sanften Abrollen zu sorgfältiger Absorption kurzer Unebenheiten bei guter Kontrolle der Karosseriebewegungen auf langen Wellen.

Anspringende Erzählfreude über den Fahrbahnzustand? Nein. Lieber macht der B5 GT unmerklich Strecke, ebnet Topografie, lässt die Landschaft vorbeiwischen. Er generiert Geschwindigkeit, ohne es einen in den Handflächen oder sonst wo ungefiltert spüren zu lassen. Er siezt seinen Fahrer, macht ihn schnell, ohne ihn dabei wirklich zu fordern. Der Puls bleibt unten, das Lavalina-Leder des Lenkradkranzes trocken. Rote Wangen und Herzklopfen produzieren höchstens die Autobahntempi von bis zu 330 km/h.

Nicht wegen des Alpina, nur wegen des Verkehrs in der Praxis. Praxis liegt dem Alpina ansonsten mit leichtem Einstieg, reichlich Platz, ausreichend Ablagen, bequemen Sitzen und einem leicht bedienbaren Infotainment (“altes” System …) von der Sprachsteuerung über die Navigation und Unterhaltung bis zu den Assistenzen.


AMG GT 4-Türer: kurz vor dem Facelift

Rote Wangen und Herzklopfen? Für ihn seit seinem Start 2018 ein Thema: den AMG GT Viertürer, montiert in Halle 36, Sindelfingen. Noch, denn mit dem aktuellen Facelift wechselt die Produktion zu Valmet nach Uusikaupunki (den Namen fragen wir am Schluss ab). Der V8 bleibt jedoch “One man one engine”, made in Affalterbach und Kern des GT, was er dunkel grollend mit fühlbarem Power-Trembling im Stand betont.

AMG öffnete mit dem 6,2-Liter-Sauger einst die Big-Block-Büchse der V8-Pandora, da müssen auch Vierliter-Biturbos auf Großkolbenmaschine machen. Was ihm gelingt, er wirkt lebendiger, fetter als die anderen, selbst als der größere Alpina-V8. Dabei nie aufdringlich laut, stets emotional. Er kommt einem nah, so wie der ganze AMG, der zwar nicht wirklich auf dem GT basiert (sondern dem E-Klasse T-Modell), dennoch Front-Mittelmotor-Habitus zitiert.

Schon wegen der Inneneinrichtung, gegen die Alpina und Audi fast buchhaltermäßig rüberkommen. Die zupackenden Schalensitze, das Alcantara-Lenkrad mit beleuchteten Modusreglern und die V-förmige Mittelkonsole (samt großen, gut bedienbaren Tasten) spielen Coupé. Ergänzt durch die optionalen Einzelsitze hinten, zu denen man wie zu den vorderen zwar etwas beschwerlich gelangt, die dann aber erfreulich bequem und stützend polstern.

Sinnvoll, wenn der AMG seines Fahrdynamik-Amtes waltet. Wie die anderen in gut drei Sekunden auf 100, lässt der Vorwärtsdrang Richtung Topspeed nur unwesentlich nach. Was nicht ausschließlich Geradeausbolzen bedeutet. Im Gegenteil, obwohl Schwerster des Trios, liebt der 63 S Kurven, in denen er mit Allradlenkung, Dreikammerluftfederung samt Adaptivdämpfern, vollvariabler Kraftverteilung, Sperrdifferenzial sowie aktiver Aerodynamik mit Lamellen vorn und Verstellspoiler hinten spielen kann.

Je nach Fahrmodus und -weise von neutral-sicher bis dynamisch-heckbetont beißt der AMG subjektiv noch einen Tick williger mit der Vorderachse in den Asphalt, während die 315er-Michelin hinten zum Querfahren laden. Das Ganze schön organisch, unterstützt von einer Lenkung, die Präzision mit Transparenz und angenehmem Kraftaufwand mischt. Sowie einem Antriebsstrang, der seine Wucht und Drehfreude unterstützt vom Neungangautomaten fein dosierbar raushaut. So ein bisschen raunt er dir immer “Gib’s mir” zu. Selbst wenn der Alpina leicht davonzieht, der Audi etwa gleich schnell ist, der AMG zwitschert fröhlicher mit den Ladern, wummert mächtiger – wenn auch mit dem zweithöchsten Verbrauch und zum höchsten Preis.

Allein deshalb muss er sich vor dem Umzug nach – na? – Uusikaupunki hinter dem gekonnt modellgepflegten Audi und dem bereits ausverkauften Alpina auf Platz drei einsortieren. In Zeiten wie diesen.

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