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Sollen SUVs aus der Stadt verschwinden?

Der TÜV-Verband wollte wissen, was die Deutschen von Fahrverboten und höheren Parkgebühren für besonders große und schwere Fahrzeuge halten. Großstädter hatten eine andere Meinung dazu als die Bewohner von kleineren Städten.

sollen suvs aus der stadt verschwinden?

Vergrämungs-Taktik: Mancherorts wird darüber nachgedacht, großen und schweren Autos das Dasein in der Innenstadt zu verwehren oder wenigstens zu verteuern. Mercedes-Benz

Am SUV scheiden sich die Geister – und zwar heftig. Die einen – darunter viele ältere Autofahrer und -fahrerinnen – schätzen die hoch aufbauenden Fahrzeuge überaus, denn Ein- und Ausstieg gelingen bequem, die Übersicht ist gut, das Platzangebot großzügig. Für die anderen aber stellen SUVs das Feindbild schlechthin dar – als unsoziale Stadtpanzer werden sie kritisiert, zu groß, zu schwer, zu durstig seien sie und nicht zuletzt eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.

Bitte ein Bannstrahl?

Immer wieder branden daher Diskussionen darüber auf, ob SUVs und andere automobile Schwergewichte überhaupt noch etwas in der Innenstadt zu suchen haben oder ob sie nicht der von öffentlicher Hand geschleuderte Bannstrahl treffen sollte. Im Auftrag des TÜV-Verbands ist nun das Markt- und Sozialforschungsinstitut Ipsos der Stimmungslage auf den Grund gegangen: In einer repräsentativen Umfrage wurden insgesamt 2500 Personen ab 16 Jahren um ihre Meinung gebeten.

Wie sie sich zur Frage eines Fahrverbots für besonders große und schwere Autos verhielten, hing von der Größe der Stadt ab, in der die Interviewten lebten. So sprach sich knapp über die Hälfte der Großstädter (51 Prozent) für ein Fahrverbot aus, 45 Prozent waren dagegen, 4 Prozent gaben sich unentschlossen. Die Bewohner von Klein- und Mittelstädten jedoch votierten mehrheitlich gegen innerstädtische Fahrverbote. Speziell in Kleinstädten mit weniger als 20.000 Einwohnern befürworteten nur 40 Prozent Zufahrtsbeschränkungen für SUVs & Co., während knapp 54 Prozent dagegen waren. Ein nahezu ausgewogenes Bild gab die Gesamtbevölkerung ab: 47 Prozent äußerten sich “pro” Fahrverbot, 48 Prozent “contra”, 5 Prozent gaben an, unentschlossen zu sein.

Mehrheit für Park-Zuschlag

Eine deutlichere Mehrheit fand der Vorschlag, den Besitzern großer und schwerer Fahrzeuge höhere Abgaben und Parkgebühren abzuverlangen, weil Autos von Format mehr Platz und Ressourcen in Anspruch nehmen als kleinere: Fast zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) schlossen sich einer solchen Idee an.

Wenn Großstadtbewohner eher für Fahrverbote plädieren als Klein- und Mittelstädter, dann liegt das möglicherweise daran, dass es vor allem die Metropolen sind, die mit Staus und Parkplatznöten zu kämpfen haben. Denkbar ist auch, dass Großstadtbürger grundsätzlich weniger auto-affin denken, schließlich können sie alternativ ein dichtmaschiges Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln wie Straßen- oder U-Bahnen nutzen.

Gerne gekauft

Festzuhalten bleibt: SUVs sind die große Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre. Die Neuzulassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) weist ihnen beispielsweise für die ersten fünf Monate 2023 einen Marktanteil von 28,7 Prozent aus, kein anderer Fahrzeugtyp erreichte diese Beliebtheit, nicht die “Golf-Klasse” der Kompakten (19,6 Prozent) und auch nicht die der Kleinwagen (11,7 Prozent). Hinzu kommen noch die Geländewagen mit 11,4 Prozent, die in der Statistik gesondert ausgewiesen werden.

Größer, breiter, schwerer

“Seit Jahren werden Autos immer größer, breiter und schwerer”, sagt Fani Zaneta, Expertin für Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband. Das Größenwachstum erschwere vor allem in Großstädten eine ausgewogene Gestaltung des Verkehrsraums, da gleichzeitig der Fahrzeugbestand immer weiter wachse und andere Verkehrsmittel wie Fahrräder und E-Scooter mehr Platz benötigten. Abwehrstrategien gegen automobile Dickschiffe sind deshalb nicht nur Gegenstand von hypothetischen Befragungen wie der des TÜV-Verbands, sondern werden auch in der Realität längst erwogen. Paris beispielsweise will ab dem 1. September die Parkgebühren für Schwergewichte auf 18 Euro pro Stunde verdreifachen, deutsche Städte wie Freiburg, Tübingen, Konstanz oder Hannover denken über ähnliche Maßnahmen nach.

SUV ist nicht gleich SUV

Wer speziell das SUV als zu beseitigendes Ärgernis empfindet, sollte allerdings genauer hinsehen. Denn Regelungen wie die von Paris beziehen sich keineswegs auf eine bestimmte Fahrzeuggattung, sondern bewerten das Auto nach seinem Gewicht (mehr dazu lesen Sie hier). Handlungsbedarf wird bei Verbrenner- und Hybridmodellen ab 1600 Kilogramm gesehen. Und SUV ist nicht gleich SUV – es gibt kleine, leichte und sparsame wie den Seat Arona, größere wie den Toyota Highlander, aber auch richtige Brummer wie Porsche Cayenne oder Bentley Bentayga, die offiziell schon als Geländewagen geführt werden. Letztlich könnte also ein SUV wie der VW T-Cross (1254 Kilogramm) weiterhin durch die City fahren und preiswert dort parken dürfen, während einen VW Passat TDI, der mit 1678 Kilogramm die Gewichtsgrenze reißt, durchaus Sanktionen träfen – vom sozial eigentlich überaus akzeptierten, aber über zwei Tonnen schweren Multivan ganz zu schweigen.

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