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Smart City-Coupé/Fortwo (1998–2007): Klassiker der Zukunft?

Kaum ein anderes Auto polarisiert so stark wie der spätere Fortwo. Jetzt wird er 25 Jahre alt

smart city-coupé/fortwo (1998–2007): klassiker der zukunft?

Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik “Kennen Sie den noch?” studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe “Klassiker der Zukunft?” vorstellen.

Heutzutage ist Mikromobilität in aller Munde: Ob Microlino oder Opel Rocks-e. Wenig Auto für manchmal viel Geld wird als Zukunftslösung angepriesen. Dabei ist die Idee eines kleines Stadtautos nicht neu. Sie reicht Jahrzehnte zurück und erlebte ihren Höhepunkt vor 25 Jahren in Gestalt der damals neuen Marke Smart.

Am 2. Juli 1998 lief zum ersten Mal ein Auto mit einem bis dahin völlig neuen Fahrzeugkonzept vom Band: der Smart Fortwo, anfangs noch Smart City Coupé genannt. Tatsächlich reichen die Wurzeln noch 25 Jahre weiter zurück, bis ins Jahr 1972. Damals entwickelte Daimler ein Konzept für ein kleines Stadtauto als Reaktion auf die zunehmende Verkehrsüberlastung in den Städten sowie die zunehmende Luftverschmutzung. Obwohl dieses ursprüngliche Konzept es vom Reißbrett zur Form eines Rohrrahmen-Testfahrzeugs schaffte, wurde es bis 1981 auf Eis gelegt.

In diesem Jahr interpretierte ein anderes Konzept die ursprüngliche Idee konkreter. Es hieß NAFA – kurz für “Nahverkehrsfahrzeug”. Es erfüllte die Anforderungen an ein emissionsarmes Stadtauto mit geringem Platzbedarf bei gleichzeitiger, besonders effizienter Raumnutzung. Leider entsprach die damalige Technik für Kleinwagensicherheit nicht den hohen Sicherheitsstandards von Daimler.

Frühe Stadtauto-Studien von Mercedes-Benz

Mercedes NAFA (1981)

1989 hatte Nicolas G. Hayek, Erfinder des Konzepts der Swatch-Uhr, bekannt gegeben, dass er ein kleines Stadtauto auf den Markt bringen wollte. Der Kleinwagen sollte den Erfordernissen des Individualverkehrs in Ballungsräumen entsprechen und durch Umweltverträglichkeit und Funktionalität ebenso überzeugen wie durch Preiswürdigkeit.

Dabei sollte ein Kleinstwagen mit Elektroantrieb oder Hybridantrieb entstehen. In Zusammenarbeit mit Volkswagen konnte sich VW jedoch nicht zur Produktion entschließen, und es kam zu Streitigkeiten mit Hayek. Hayek wandte sich daraufhin an Mercedes-Benz.

Aus den ersten Gesprächen zwischen Mercedes-Benz und Nicolas G. Hayek entstand nach kurzer Zeit die Micro Compact Car AG mit Sitz im schweizerischen Biel. Nach dem Start der Entwicklung 1994 folgten recht schnell zwei Designstudien. Schließlich feierte das Smart City Coupé (später in Smart Fortwo umbenannt) 1997 seine Weltpremiere auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt (IAA).

Die Produktion begann im Juli 1998 in dem dafür errichteten Werk im französischen Hambach. Der Verkauf startete im folgenden Oktober. Im selben Jahr gab Nicolas G. Hayek seine Anteile der Micro Compact Car AG ab. Smart wurde eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Daimler-Benz AG (heute Daimler AG).

Besonders auffällig am Fortwo (intern: C 450, Coupé – A 450, Cabriolet) war seine geringe Länge von nur 2,50 Meter. Breite und Höhe waren fast gleich, nämlich 1,50 Meter. Die daraus resultierende Würfeloptik sorgte bei Skeptikern für den Spitznamen “Elefantenrollschuh”.

Und warum dauerte es rund ein Jahr von der Vorstellung bis zum Marktstart? Nun, auch den Smart traf das Schicksal der ersten Mercedes A-Klasse: Hoher Schwerpunkt plus Elchtest gleich Kippgefahr. Verschärfend kam hinzu, dass dem Smart jene Batterie im Boden fehlte, die im eigentlichen Elektrokonzept angedacht war.

Ergo bekam auch der Smart ein ESP, allerdings zunächst nur in abgespeckter Form. Zudem verbreiterte man die Spur an der Hinterachse, wie man gut anhand von frühen Prototypen vergleichen kann. Die tragende Basis des Fahrzeugs bildete die so genannte Tridion-Sicherheitszelle aus hochfestem Stahl, an die dann die weiteren aus Thermoplast gefertigten Karosserieteile und Aggregate montiert wurden.

Smart warb damit, dass Fortwo-Besitzer ihr Auto theoretisch auf eine ganz neue Farbe umrüsten konnten. Aus Kostengründen blieb dieser Vorgang aber eher selten. Überraschen konnte der auch als Cabrio angebotene Fortwo mit seinem Raumkonzept. Auch wir erinnern uns noch an das eigene Erstaunen nach einer ersten Fahrt. Ein stetiger Kritikpunkt blieb das automatisierte Sechsgang-Schaltgetriebe mit seinen langen Schaltpausen, die bei ungeübten Fahrern für Kopfnicken sorgten.  

Für den Antrieb war ein Dreizylinder-Turbomotor mit anfangs 599 Kubik Hubraum hinter den Sitzen und unter dem Kofferraum quer vor der Hinterachse zuständig. Leistung? 33 kW (45 PS), 40 kW (54 PS) und ab dem Facelift 2003 45 kW (61 PS). Der Motor wurde serienmäßig bei 135 km/h abgeregelt.

Im November 1999 wurde ein überarbeitetes Modell mit überarbeitetem Fahrwerk (Schraubenfedern in den Federbeinen statt GFK-Blattfedern) und Innenraum (Standard-Stofffarbe grau statt blau) auf den Markt gebracht. Ab Januar 2000 wurde der Smart Fortwo auch mit einem Common-Rail-Dieselmotor mit der internen Bezeichnung OM 660 angeboten. Mit einem Hubraum von 0,8 Litern (799 ccm) und drei Zylindern war er damals der kleinste in Serie gefertigte Pkw-Dieselmotor der Welt mit einem Normverbrauch von 3,3 l/100 km und einer Leistung von 30 kW (41 PS).

Im Januar 2003 erschien die überarbeitete Version des Smart Fortwo, erkennbar an den Pseudo-“Doppelscheinwerfern” mit einem größeren Ottomotor mit nunmehr 698 Kubik Hubraum, einer Leistung von 37 kW (50 PS) respektive 45 kW (61 PS) und einem erweiterten ESP mit Bremseingriff an einzelnen Rädern. Erneut wurde das Fahrwerk überarbeitet und die Karosserie um 10 mm angehoben, da das ESP nun die fahrdynamischen Einflüsse des höheren Schwerpunkts kompensierte.

Ist ein früher Smart also sammelwürdig? Sondermodelle wie der Smart Crossblade ohne Frage. Damals von Robbie Williams beworben, hatte das Spaßauto kein Dach und keine Windschutzscheibe. Statt herkömmlicher Türen gab es nur schmale Überrollbügel an den Seiten, gebaut wurden lediglich 1.995 Exemplare. Oder auch der spätere Smart Roadster.

Aber ein ganz normaler Fortwo der ersten Baujahre? Nun, ganz einfach zu reparieren ist die komplexe Knutschkugel nicht. Dafür aber ein bewahrenswertes Zeugnis, wie weit man schon vor 25 Jahren in Sachen Mikromobilität war. Rund 800.000 Smart der ersten Generation wurden gebaut, noch sind genügend übrig.

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