Mercedes

Mercedes-Benz

Mercedes EQA im Test: Leise säuselt das E

Die deutschen Automobilhersteller werden in Sachen Elektromobilität immer besser. Schaut man sich Vergleichstests an, dann braucht sich dabei auch Mercedes vor der internationalen Konkurrenz qualitativ nicht verstecken. Der Stuttgarter Hersteller ist zudem dabei, seine neuen Modelle zunehmend auf Plattformen mit 800-Volt-Technik weiterzuentwickeln, womit ein deutlich schnelleres Laden einhergeht. Auch das Einstiegsmodell, der kompakte Mercedes EQA, könnte bald auf einer neuen Plattform und in windschnittigerer Form vorgestellt werden, im Herbst soll ein Prototyp filmisch festgehalten worden sein.

Doch bevor das soweit ist, hat Mercedes für das aktuelle Modelljahr sein bestehendes Elektro-SUV EQA einem Facelift unterzogen. Das aufgefrischte Modell war nun in der Version EQA 300 4Matic in der Ausstattungslinie AMG Line Premium zwei Wochen lang Gast unserer Redaktion. Das Fahrzeug ist 4,46 Meter lang, 2,02 Meter breit (inklusive Spiegel) sowie 1,62 Meter hoch. Angetrieben wird der EQA 300 von einem 168 kW (228 PS) leistenden Allradantrieb mit 390 Newtonmetern maximalem Drehmoment. Die nutzbare Batterie fasst 66,5 kWh Energie. Folgende Stärken und Schwächen sind uns während des Testzeitraums aufgefallen:

mercedes eqa im test: leise säuselt das e

Daniel Krenzer

Die Pluspunkte des Mercedes EQA

Die Fahreigenschaften: Wie von Mercedes gewohnt, überzeugt der EQA mit sehr guten Fahreigenschaften. Bis zur Höchstgeschwindigkeit von 163 Stundenkilometern laut Tacho fährt sich das kompakte E-SUV sehr agil, liegt satt auf der Straße und ist angenehm ausgewogen gefedert. Die drei Fahrmodi Eco, Normal und Sport unterscheiden sich recht deutlich und ermöglichen somit eine Anpassung des Setups an die persönlichen Vorlieben. Im Sport-Modus beschleunigt der Allradantrieb sehr entschlossen, im Eco-Modus geschieht dies deutlich sanfter – und bei 130 Stundenkilometern ist abgeregelt. Dafür sinkt dann der Verbrauch, und es steigt im Gegenzug die Reichweite. Generell fällt die enorme Laufruhe des EQA sehr positiv auf.

Das Infotainment: Die Darstellung der Navigation im optionalen und gestochen scharfen Head-up-Display in Kombination mit dem Mitteldisplay ist sehr gut und äußerst hilfreich. So wird nicht nur mit Spuranzeigen und auf der Karte die Richtung vorgegeben, es wird auch ein Kamerabild der Kreuzung auf dem Display gezeigt, auf dem dynamische Pfeile genau zeigen, was zu tun ist. Auch die an die Navigation gekoppelte Ladeplanung ist sehr zuverlässig, bei nicht sonderlich zaghaften 130 Stundenkilometern auf der Autobahn passen die Annahmen über den Restakkustand am Zielort ziemlich genau. Das hilft vor allem E-Auto-Neulingen, die Reichweitenangst schnell abzulegen und dem Fahrzeug zu vertrauen.

mercedes eqa im test: leise säuselt das e

Die Menüführung ist ebenfalls gut und übersichtlich, und bei der Bedienung steht es dem Fahrer frei, ob er die zugegebenermaßen vielen Knöpfe und Regler am Lenkrad sowie unter dem Mitteldisplay verwenden will, dort per Touchfunktion unterwegs ist oder die Sprachsteuerung bedient. Diese lässt sich mit „Hey Mercedes“ oder per Knopfdruck aktivieren und ist ein erstaunlich guter Zuhörer. Während wir bei manch asiatischen Modellen schon fast an den Versuchen, per Sprache Anweisungen zu geben, verzweifelt sind, war im Mercedes fast jeder Versuch ein Treffer. Die Soundanlage hat zudem einen sehr ordentlichen Klang.

Der Komfort: In Fahrzeugen von Mercedes lässt es sich gut aushalten, das beweist auch der EQA. Die Sportsitze in der AMG-Ausführung sind trotz des erhöhten Seitenhalts angenehm gemütlich, wenn erst einmal die passende Sitzposition gefunden wurde. Verstellt wird diese an Reglern nahe des Türgriffs, was beim Test zu mehrmaligem vergeblichen Rumfuchteln seitlich des Sitzes geführt hat. Stauraum ist ebenfalls ordentlich vorhanden, das gilt sowohl für den Fahrgastraum als auch für den Kofferraum, der mit 340 bis 1320 Liter für die Fahrzeugklasse zwar nicht überbordend, aber doch ordentlich ausfällt. Das von Mercedes beigelegte und erstaunlich leichte Typ-2-Kabel lässt sich zudem unter dem doppelten Boden verstauen. Etwas enger geht es auf den hinteren Plätzen zu, doch auch hier können zwei Erwachsene auch längere Fahrten gut aushalten.

Die Pfiffigkeiten: Auch wenn der Mercedes EQA für unseren Geschmack optisch eher etwas bieder und nah angelehnt an Verbrenner-SUV des Herstellers daherkommt, hat er ein paar nette Pfiffigkeiten an Bord. Gelungen gelöst ist die Frontoptik, wo statt des Kühlergrills viele kleine Mercedes-Sterne ohne den Kreis drumherum die gewohnte Optik imitieren. Die geöffneten Türen werfen – wie das auch andere Hersteller gerne machen – per Lichteffekt das Markenlogo auf den Boden, das Lichtdesign im Innenraum wirkt mitunter recht futuristisch.

mercedes eqa im test: leise säuselt das e

Wortwörtliche Easter Eggs (Ostereier) haben wir zudem rund um das Osterfest entdeckt, als in den Anzeigen des Infotainmentsystems hier und da bunt bemalte Eier auftauchten. Und bei einem Extra wussten wir bis zum Schluss nicht so recht, wie wir das finden sollen, aber originell ist es allemal: Der Außensound des Fahrzeuges beschränkt sich nicht nur aufs Rückwärts- und Langsamfahren. Auch das abgestellte Fahrzeug säuselt einem noch sphärische Klänge um die Ohren, die entfernt an einen Wellnesstempel erinnern. Allerdings ist dieses Geräusch so leise, dass es der für Mercedes recht relevanten älteren Zielgruppe möglicherweise entgeht.

Die Minuspunkte des Mercedes EQA

Die Ladeperformance: 112 kW maximale Ladeleistung sind an DC-Ladestationen in der Spitze möglich. Das entspricht inzwischen nicht mehr dem Stand der Technik, den man sich von einem gehobenen Anbieter wie Mercedes wünscht. Allerdings muss man dem System zugutehalten, dass zumindest die Ladekurve recht hoch ist. Bei milden Temperaturen von bis zu 20 Grad erreichte das Fahrzeug meist nach kurzer Zeit Ladeleistungen von um die 100 kW, auch bei einem Akkustand von mehr als 90 Prozent blieb die Ladeleistung noch lange bei Werten von knapp mehr als 30 kW. In 45 Minuten war der EQA von etwa 30 Prozent auf 95 Prozent vollgeladen. Dank Wärmepumpe dürfte die Ladeperformance auch im Winter einigermaßen okay sein. Doch in Summe gibt es für weniger Geld bei manch anderen Mitbewerbern deutlich mehr Saft in kürzerer Zeit.

Die Langstrecken-Tugenden: Das leitet direkt über zur nächsten Schwäche: So richtig für die Langstrecke ist der Mercedes EQA nicht. Das liegt zum einen am bereits geschilderten Ladeverhalten, zum anderen an der Kombination aus 66,5 kWh großem Akku und einem Verbrauch, der je nach Fahrweise auf der Autobahn zwischen 22 und 30 kWh lag. Alle 200 bis 250 Kilometer muss da also allmählich ein Ladestopp her – und der kann dann ein wenig dauern. Wer ab und zu 500 oder 600 Kilometer lange Strecken fährt, kann sich damit vermutlich arrangieren. Wer aber häufiger weite Strecken zurücklegt, der möchte mit einem 60.000 Euro teuren Fahrzeug nicht ständig und verhältnismäßig langsam laden müssen.

Die Zickereien: Zwar arbeiten die Assistenten an sich sehr ordentlich und zuverlässig, sicher nicht zu Unrecht gilt der Mercedes EQA als sehr sicheres Fahrzeug. Allerdings haben wir in den zwei Wochen Testzeit wiederholt so manche Zickereien festgestellt. So ist der Totwinkel-Assistent reichlich träge, selbst wenn das überholende Fahrzeug schon deutlich vor dem eigenen ist, kann das Setzen des linken Blinkers zu lautem, aber nicht mehr angemessenem Alarm führen. Nicht nur schlafende Mitfahrer kann das sehr erschrecken. Außerdem ist das Eingreifen des Lenkassistenten oft wenig geschmeidig, sodass viele diesen an sich der Sicherheit sehr dienlichen Helfer schnell ausschalten werden.

mercedes eqa im test: leise säuselt das e

Und dann haben wir noch einmal unfreiwillig großes Aufsehen mit dem Testwagen auf uns gezogen. An belebter Stelle beklagte sich das Fahrzeug nach dem Einsteigen, dass es den Schlüssel nicht finden kann. Mehrere Versuche, das Fahrzeug zu starten, scheiterten. Da wir mit dem Hinweis „Schlüssel an gekennzeichnete Stelle legen“ (oder so ähnlich) erst einmal nicht viel anfangen konnten, ertönte erst einmal lautstark die Alarmanlage. Das half beim Suchen nach der richtigen Stelle nur bedingt, aber nachdem wir den Alarm dreimal händisch wieder am Schlüssel deaktiviert hatten, war der Schlüssel endlich im Getränkehalter platziert, sodass der vermeintliche Autodiebstahl ein Ende nahm.

Fazit

Der Mercedes EQA ist ein sehr ordentliches Elektro-SUV und mit Allradantrieb zudem sehr agil und fahrfreudig. Infotainment, Fahrtugenden und Komfort können international absolut mithalten. Zeit wird es aber freilich für ein technisches Update, denn die Ladeperformance ist so langsam aus der Zeit gefallen. Wer jedoch nicht zu oft sehr weite Strecken fährt, der wird dies im Alltag gar nicht feststellen.

Allerdings hat das seinen Preis. Dafür, dass es sich beim Mercedes EQA um das elektrische Einstiegsmodell der Marke handelt, sind Startpreise von mehr als 50.000 Euro für die nicht per Allrad angetriebenen 250er-Variante eine Ansage. Immerhin wird es mit mehr Power nicht mehr sehr viel teurer. Der EQA 300 ist ab etwas weniger als 54.000 Euro zu haben, der Testwagen bringt es auf etwas mehr als 66.000 Euro. Im Konfigurator wird derzeit aber ein Kundenrabatt automatisch gewährt, sodass das vorgestellte Fahrzeug aktuell für etwa 59.000 Euro bestellbar ist.

Transparenz-Hinweis: Der Testwagen wurde uns von Mercedes-Benz für zwei Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf unsere hier dargestellte Meinung hat dies jedoch keinen Einfluss.

TOP STORIES

Top List in the World