Auto

Kleiner Riese

GWM ist bei uns mit den Modelllinien Ora und Wey aktiv. Der chinesische Konzern hat aber noch mehr in petto.

China mag, gemessen an der Bevölkerungszahl, nicht mehr das größte Land der Welt sein, verteidigt aber seine Position als wichtigster Absatzmarkt für die meisten großen Autokonzerne. Nachdem die Joint-Venture-Partner vor Ort über Jahrzehnte von Volkswagen, General Motors und Co. gelernt haben, dominieren sie längst mit eigenen Marken und Modellen das Geschehen vor Ort.

Eine Reise durch das Riesenland, die uns nicht nur nach Shanghai und Peking, sondern auch in sogenannte „Tier 3 Cities“ (kleinere Städte mit rund elf Millionen Einwohnern!) führte, zeigt dies nachdrücklich. Je nach Region tummeln sich Nio, BAIC-Beijing oder Geely am überall vorherrschenden Stopp-And-Go-Verkehr. Dazu kommt, regionsübergreifend, eine hohe Präsenz von Arcfox, den seriellen Plug-in Hybriden von Li Auto (Elektroantrieb mit Range Extender) und Hondas aus dem lokalen Gemeinschaftsunternehmen mit GAC.

Kooperation mit BMW

Bildergalerie kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese kleiner riese Bildergalerie ( 33 Fotos )

Auch SUV von Haval und Tank sind überall zu sehen. Diese Marken sind Teil des Portfolios von Great Wall Motor. Das private Unternehmen wurde im Jahr 1984 von Wei Janjun gegründet, der sich international mittlerweile Jack Wey nennt. Zuerst gab es Pick-ups unter der Marke Great Wall.

Mittlerweile hat GWM (Great Wall Motor) über 100 Tochtergesellschaften im ganzen Land. Mit Zulieferern, dem mittlerweile ausgegründeten Batteriehersteller SVOLT und Entwicklungs-Dienstleistern beschäftigt das in Baoding beheimatete Unternehmen mehr als 60.000 Mitarbeiter. Zu den Kunden der einzelnen Tochtergesellschaften zählen auch andere Autohersteller, darunter Xpeng, Li Auto und Chery. Zudem ist die Truppe unter Jack Wey Kooperationspartner von BMW für die neuen Elektro-Minis. Spotlight Automotive heißt das Joint-Venture, das den neuen Mini Cooper Electric sowie den größeren Aceman in China entwickelt hat und auch dort produziert. SVOLT liefert die Akkus zu.

Katzen und Käfer

kleiner riese

Bei uns in Deutschland ist GWM über den Importeur Emily Frey mit zwei Produktlinien vertreten. Das Label Ora dienst als Absender für Elektroautos. Nach dem kompakten Ora 03 (ehemals Funky Cat) startet in diesem Sommer der Verkauf der Limousine Ora 07. Sie soll das rundliche Ora-Design in die Mittelklasse transportieren. Ob und wie das funktioniert, muss sich noch zeigen. Bei der ersten Testfahrt konnte der Ora 07 GT immerhin schon mal eine gut funktionierende Hardware und Fortschritte bei der Infotainment-Software demonstrieren. Interessante Randnotiz: Der Ora 07 ist die einzige Limousine im weit verzweigten GWM-Modellprogramm.

2018 wurde die Marke Ora mit einer kompakten Stufenheck-Limousine gestartet, mit der man vor allem Taxiunternehmer und Shuttle-Dienstleister ansprach. Seit einiger Zeit setzt man hinter dem Ausrufezeichen im ovalen Markenlogo auf organische Formen mit Retro-Touch. In China wird mit dem Ballet Cat die moderne Interpretation des fünftürigen VW Käfer verkauft, den es im Original nie gab. Das gilt, zumindest aus europäischer Sicht, auch für den GWM Ora Ballet Cat. Ein Export dieser Baureihe ist nicht geplant.

Plug-in-Hybride von Wey

kleiner riese

Wey, benannt nach dem Firmengründer Jack Wey, spezialisiert sich auf Plug-in Hybride in Form von SUV und einem Van im Premium-Segment. Die Baureihen GWM Wey 03 und GWM Wey 05 sollen hier vor allem mit ihren hohen elektrischen Reichweiten von bis zu 158 Kilometern (nach WLTP-Norm) punkten. Die Verarbeitungsqualität wirkt ordentlich, das Design selbstsicher statt aufregend. Dabei setzt man für den Export auf eine konservativere Formensprache, das aktuelle Facelift für den Heimatmarkt wird bewusst nicht adaptiert. Ob und wie nah GWM mit Wey an die Bedürfnisse deutscher Premium-Kunden herankommt, können erst spätere Langzeit-Tests klären.

Haval, Tank und Poer

kleiner riese

Die aktuell absatzstärkste Marke von GWM ist Haval. Benziner und Hybride treiben sie SUV an, die schon seit längerer Zeit nicht nur in China verkauft werden. Neben Latein Amerika, Südafrika, Australien und Asien zählen auch die EU-Länder Italien und Bulgarien zu den Exportmärkten für Haval. Hier unterhielt der Konzern zeitweise auch ein Montagewerk.

Unter dem Namen Tank werden Geländewagen mit Leiterrahmen und Allradantrieb vermarktet, die teils auf Kunden im Luxus-Segment zugeschnitten sind. Der Tank 700, der deutliche Optik-Anleihen bei der Mercedes G-Klasse nimmt, ist in China aktuell sehr populär. Die Kunden müssen teils lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um den Offroader mit über 500 PS starkem Hybridantrieb ihr Eigen nennen zu können.

Das ursprüngliche Kerngeschäft von Great Wall Motor wird mittlerweile in der auf Pick-ups spezialisierte Marke Poer versammelt. In den Lasteseln mit Doppelkabine sorgen aktuell noch reine Verbrenner für Vortrieb, Hybridantriebe wurden im Rahmen der Messe Auto China 2024 gezeigt.

kleiner riese

Unser Besuch der Ausstellung in der Hauptstadt Peking zeigt, wie sehr erfolgreiche Selfmade-Milliardäre und Unternehmer in dem strikt leistungsorientierten Land gefeiert werden. Als Jack Wey, mit BMW-CEO Oliver Zipse, am GWM aufschlägt, herrscht bei den Pressefotografen, Influencern und Autofans eine Hysterie, wie man sie eher bei Konzerten von Boy Groups erwarten kann.

Unter den großen Playern in China ist Great Wall Motor, zumindest im Moment noch, ein kleiner Player. 2023 hat der Konzern, eigenen Angaben zufolge, mehr als eine Million Autos verkauft. Der Export spielt bei dieser Zahl noch den kleineren Teil. 300.000 Fahrzeuge gingen im vergangenen Jahr an Importeure, Händler und Kunden außerhalb Chinas. Diese Zahl soll in Zukunft deutlich größer werden.

GWM in Deutschland

kleiner riese

In Deutschland setzen die Chinesen auf die Zusammenarbeit mit der Emil-Frey-Gruppe. Dort ist man, neben dem Betrieb von Autohäusern, seit 1981 auf den Import von asiatischen Automarken spezialisiert. Vom Deutschland-Sitz im hessischen Friedberg steuert das Unternehmen die Markenführung von Mitsubishi Motors und Subaru. 2021 wurde zusätzlich eine Importgesellschaft für die GWM-Linien Ora und Wey gegründet, deren Geschäftsführung der Auto-Manager Johannes Brandenburger innehat.

Für Vertrieb und Service setzt der Importeur auf ein klassisches Händlernetz und kann dabei auch von den bestehenden Kundenkontakten profitieren. Rund 165 Standorte führen Ora. Das Wey-Netz mit etwa 50 Stützpunkten soll auf 100 Autohäuser ausgebaut werden.

Fazit

kleiner riese

Die aktuelle Kaufzurückhaltung der Kunden bei Elektroautos dürfte den Absatzplanern für Ora im Moment nicht die Karten spielen, während Wey im heiß umkämpften Markt der Firmenwagen vor allem gegen die Leasingkalkulationen der etablierten Hersteller antreten muss. Die Strategie, beide chinesischen Labels größtenteils über Mehrmarken-Autohäuser einzuführen, dürfte sich dabei auszahlen. Anstelle eines schnellen Sprints haben die Verkäufer eher einen Dauerlauf vor sich – trotz der hohen Systemleistung von 476 PS im aktuellen Topmodell GWM Wey 05.

Mit langfristigen Projekten kennen sich die Chinesen aus. 21.196 Kilometer misst die Länge der Chinesischen Mauer. Die Bauzeit des Mammut-Werkes betrug insgesamt rund 2.000 Jahre. So viel Zeit will sich der gleichnamige Autobauer Great Wall Motor nicht geben, um in Deutschland Fuß zu fassen. Trotz der immer noch großen Entfernung: Knapp 8.000 Kilometer liegen zwischen dem GWM-Hauptsitz Baoding und der deutschen Import-Zentrale in Friedberg.

Im Video: Alltagstest GWM Ora 03


weiter zum Video auf Youtube

TOP STORIES

Top List in the World