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Großer Hebel für Klimaziele - Ein Trick kann Deutschlands größtes Elektro-LKW-Problem überwinden

großer hebel für klimaziele - ein trick kann deutschlands größtes elektro-lkw-problem überwinden

Die Autodichte in Sachsen liegt unter dem Bundesdurchschnitt. (Symbolbild) Jan Woitas/dpa

Es wäre ein großer Hebel: Rund 20 Prozent der Verkehrsabgase stammen von Diesel-LKWs. Trotzdem sind noch nicht viele Elektro-LKWs auf den deutschen Straßen unterwegs. Warum der Lkw-Markt so schwierig zu elektrifizieren ist – und wie es manche trotzdem versuchen.

Trotzdem waren zu Beginn des Jahres 2024 nur rund 79.000 LKWs mit elektrischem Antrieb auf deutschen Straßen unterwegs – im Vergleich zu rund 3,45 Millionen zugelassenen LKWs mit Dieselmotor.

Noch ist der Tag eines LKW-Fahrers nur schwer mit dem E-Antrieb vereinbar

Denn so einfach ist die Umstellung nicht: Noch ist der Tag eines LKW-Fahrers nur bedingt mit einem E-Antrieb vereinbar. Angenommen er steuert seinen Elektro-Lastwagen über die B36. Eine Landstraße von Karlsruhe in Richtung Osten. Auf einer langen Steigung bemerkt er, dass die Batterieanzeige sinkt. Die grüne Lichtleiste am Armaturenbrett wechselt langsam von grün zu gelb, dann wird sie orange. Der nächste Rastplatz mit Ladestation ist noch gut 100 Kilometer – der übliche Abstand der Säulen – entfernt. Am geplanten Ladestandort angekommen blockiert ein anderer LKW die einzige verfügbare Ladestation.

Bei einer Schnellladung an einer Hochleistungsladestation kann eine Batterie in etwa 30 Minuten bis 1 Stunde aufladen, um ca. 200 bis 300 Kilometer zurückzulegen. Eine Normalladung kann 6 bis 12 Stunden dauern. Das wird ein langer Arbeitstag.

Das größte Problem: Die Ladesäulen

Das Problem ist die Infrastruktur der Ladesäulen. Laut Aussagen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist eine umfassende Netzplanung zum Ausbau des Stromnetzes notwendig, um den Bedarf für Elektro-LKWs zu decken.

Laut der Nationalen Leitstelle für Ladeinfrastruktur gibt es derzeit in Deutschland weniger als 300 öffentliche Ladepunkte für E-LKWs. Eine Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung zeigt: Für das gesamte deutsche Straßennetz benötigte man bis 2030 um die 2000 Lkw-Ladepunkte, um den Fernverkehr mit Elektro-LKWs ohne lange Wartezeiten zu ermöglichen.

Doch bis es soweit ist, gibt es noch eine andere Möglichkeit: Leere Batterien in wenigen Minuten gegen volle austauschen, anstatt sie stundenlang aufzuladen.

Formel1-Trick: Boxenstopp für elektrische Laster

Kein völlig neues Konzept. Das amerikanische Start-up Ample Inc. aus San Francisco hat mittlerweile zum Beispiel einige robotergesteuerte Batteriewechselstationen rund um die Bay Area und in Europa installiert. Die Stationen tauschen leere Batterien in etwa fünf Minuten gegen eine aufgeladene aus – allerdings wieder nur für PKWs.

Was es bräuchte, wäre ein LKW-Boxenstopp. Ähnlich wie bei der Formel-1. Immer bereit, wenn man ihn braucht. Schnell und verlässlich. Wie eine Powerbank. Aber wie sieht eine Powerbank aus, wenn sie nicht ein durchschnittlich 15 x 7 Zentimeter großes Smartphone, sondern einen 18 Meter langen LKW aufladen soll?

Das amerikanische Unternehmen Tual hat vor kurzem seine austauschbare Powerbank zur Reichweitenverlängerung für elektrische Schwerlastfahrzeuge vorgestellt.

  • Laut der Firma kann diese ebenfalls in weniger als fünf Minuten ausgetauscht werden.

  • Sie sind kompatibel mit verschiedensten LKW-Plattformen.

  • Die Powerbanks verlängern mit 120kWh und 180kWh die Reichweite um bis zu 193 Kilometer.

Eine portable, aber kostspielige Lösung. Geld, das auf die ohnehin bereits hohen Anschaffungskosten eines Elektro-LKWs obendrauf kommt.

Rechenbeispiel: Diesel versus Elektro

Denn diese sind durchschnittlich teurer als ihr Diesel-Pendant. Das Fachmagazin für Elektromobilität Electrive zeigt den Unterschied anhand zweier vergleichbarer Mercedes Benz Modelle auf: Der Diesel Actros 1845 LS und der batteriebetriebene eActros 300. Beide können ca. 18 Tonnen tragen. Auch die Motorleistung ist ähnlich. Das E-Modell kann mit einer Batterieladung allerdings nur 300 km fahren und kostet um die 300.000 bis 400.000€. Der Diesel schafft bis zu 1.500 km bei einem Preis von bis zu 130.000€.

Seit 2021 bietet die Bundesregierung für „die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben“ Unterstützung an. Laut den Richtlinien des Programms können bis zu 80 Prozent der Kosten übernommen werden. Dies umfasst die Anschaffungskosten für die E-LKWs sowie die Kosten für die notwendige Infrastruktur, wie z.B. Ladeeinrichtungen. Auch Kosten für die Integration der Fahrzeuge in bestehende Flotten oder für Schulungen können berücksichtigt werden.

Außerdem ist eine teure Anschaffung nicht gleichbedeutend mit einer teuren Haltung. Sprecher des Lkw-Herstellers MAN, Thomas Pietsch geht davon aus, dass sich ein E-Truck, mit einer Laufleistung von 60.000 bis 100.000 Kilometer pro Jahr um die 30.000 Euro sparen könnte.

Kurzfristige Lösungen wie Powerbanks als Überbrückungshilfen

Dennoch sind Unternehmen weiterhin kritisch. Philipp Radtke, Senior Partner von McKinsey sagt: „Batterieelektrische Trucks dürfen unter den aktuellen Rahmenbedingungen in der Anschaffung höchstens 30 Prozent teurer sein, um für Kunden in den Gesamtbetriebskosten attraktiv zu sein“.

Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zufolge könnten Elektro-Laster ihre Diesel-Schwestern dennoch bis 2040 größtenteils von den Straßen verdrängen. Dann könnten 90 Prozent der Lastwagen und Busse weltweit batterieelektrisch fahren. Auch die Reichweite der E-Laster steigt: laut der Studie auf bis zu 900 Kilometer. Die Ladegeschwindigkeit soll sich demnach verdreifachen und die Preise sinken.

Und trotzdem braucht es vor allem mehr Ladesäulen – und das schon vor 2040. Ersatzbatterien wie Powerbanks können bis dahin als Überbrückungshilfen dienen.

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