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Einmalig in Deutschland: Boahnl-Speisewagen sorgt für Volldampf-Glück

Das Team des Speisewagens bei der Zittauer Schmalspurbahn macht den Waggon mit seinen Genussfahrten zum einmaligen Dampf-Gourmet-Erlebnis – eine logistische Meisterleistung.

einmalig in deutschland: boahnl-speisewagen sorgt für volldampf-glück

Madeleine Hofmann und Mirko Weresch betreuen die Gäste im Speisewagen der Zittauer Schmalspurbahn. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Als einzige Schmalspurbahn Deutschlands führt das Zittauer Boahnl in einem Zug einen bewirtschafteten Speisewagen mit – schön nostalgisch im Reichsbahn-Design. Betritt man ihn, sieht man sofort, was hier Programm ist: “Ohne Mampf kein Dampf” steht auf den an jedem Tisch ausgelegten Speisekarten.

Der Waggon ist aber mehr als bloß eine rollende Imbiss-Bude. Es sind nämlich nicht die dort aufgeführten Imbisse wie Bockwurst oder Wienerle, die den Speisewagen zum auf seine Art exklusivsten Restaurant von Zittau und Gebirge machen – das besorgen die regelmäßigen sonntäglichen “Genussfahrten”, die immer unter einem anderen kulinarischen Motto stehen. Und dafür, dass es hier nur glückliche Gäste gibt, sorgen Madeleine Hofmann (48) und Mirko Weresch (57).

Bereits 2021 hatte die Mittelherwigsdorfer “Naturparkfleischerei Wagner” den Betrieb des Speisewagens von einem Vorgänger-Ehepaar übernommen, das den Betrieb aufgegeben hatte. Schon das geschah damals auf einen Tipp von Madeleine Hofmann hin, die ihren Bekannten Andreas Wagner darauf hinwies. Der Fleischer bekam den Zuschlag für die Bewirtschaftung und gab Madeleine Hofmann auch gleich einen neuen Job. “Bis dahin hatte ich als Reinigungskraft bei der Soeg die Züge gesäubert”, erzählt sie. Doch als gelernte Köchin sah Wagner sie als ideale Speisewagen-Chefin – auch wenn der Speisewagen gar keine eigene Küche hat.

Ob Fleisch-Schlemmerei oder vegan – alles ist möglich

Von Anfang an im Genussfahrten-Programm waren das “Heizer-Frühstück” oder auch Weihnachts- und Silvesterfahrten. “Aber so richtig durchgestartet sind wir erst im letzten Jahr”, erzählt Hofmann – mit immer neuen Ideen für die Genussfahrten. Da gibt’s den “Haxenexpress”, ganz neu den “Brunch unter Dampf” mit großem Buffet, die “Wiesn-Fahrt” mit bayerischen Schmankerln wie Leberkäse, Weißwurst, Brezn oder Obatzda. Im September und Oktober locken die “Lausitzer Fischwochen” und “sehr beliebt sind die Schlachtefahrten mit kalter und warmer Schlachtplatte”, sagt Hofmann. Zur “Wildbretfahrt” werden dann Reh, Hirsch, Wildschwein & Co. gereicht.

    “Die Fahrten sind schon oft weit im Voraus ausgebucht”, erzählt Hofmann – und regelrecht international gefragt. “Wir haben Reisegruppen aus ganz Deutschland aber auch aus Österreich oder Großbritannien. Immer wieder freuen und wundern sich Gäste, dass in unserem Zug ein Speisewagen mitfährt”, sagt sie. Sämtliche dieser kulinarischen Spezialitäten und mehr – von der einfachen Brotzeit bis zum Drei-Gänge-Menü – gibt’s aber nicht nur zu den festgelegten Terminen, sondern für Gruppen auf Wunsch auch auf Bestellung.

    “Wir machen für unsere Gäste alles möglich”, sagt Madeleine Hofmann – und erfüllt auch solche Wünsche, die noch vor wenigen Jahren unüblich waren. “Ob vegetarisch, vegan, lactose- oder glutenfrei – all diese Wünsche kommen immer öfter. Wenn wir das wissen, bereiten wir für diese Gäste dann auch ein individuelles Menü vor”, erklärt sie. Und das nicht nur im Speisewagen. Denn zwei weitere Waggons sind mit Tischen ausgestattet – dorthin wird auch serviert – übrigens kategorisch auf Porzellan und nicht etwa auf Pappe oder Plaste. “Das war immer unser Qualitäts-Anspruch”, sagt sie.

    45 Minuten Zeit, um Gäste glücklich zu machen

    Es rumpelt und ruckelt während der Fahrt. “Auf dieses Gewackel muss man sich beim Servieren schon einstellen, das ist nicht so wie in einem normalen Restaurant”, sagt sie. Wenn es sein muss, gehen die Kellner noch weiter durch den Zug. “Wir hatten etwa eine Weihnachtsfeier, bei der Rollstuhlfahrer dabei waren. Die können nur im Rolli-Wagen ganz hinten mitfahren, weil der eine spezielle Rampe hat”, erklärt Hofmann. Also bauten sie dort auch Tische auf, damit jeder eine Genussfahrt erlebt.

    Im Speisewagen selbst können Hofmann und Weresch höchstens ein paar Würstchen oder auch mal eine Suppe warm machen. “Das warme Essen wird stets kurz vor dem Servieren frisch gekocht aus der Küche der Fleischerei angeliefert – entweder nach Zittau oder nach Jonsdorf”, sagt Hofmann. Mitunter ist es auch im Zug selbst eine logistische Meisterleistung, alle Gäste satt zu bekommen. “Wir haben etwa auf der Fahrt von Zittau nach Oybin ja nur 45 Minuten Zeit. Wenn hier eine Reisegruppe von bis zu 80 Leuten in drei Waggons sitzt, ist das schon eine ganz schöne Lauferei”, erzählt sie.

    Mittlerweile kann sich Madeleine Hofmann gar keinen anderen Beruf mehr vorstellen. “Ich habe hier den schönsten Arbeitsplatz in Zittau und Gebirge”, sagt sie. Und das sagt sie wegen ihrer Gäste. Das Boahnl an sich sei schon Romantik pur – die Genussfahrten dann noch die Kirsche auf der Sahne. “Wir hatten hier schon Hochzeitsfeiern, Geburtstags- oder Firmenfeiern oder eben Reisegruppen – so unterschiedlich. Und hier im Boahnl treffen wir nur gut gelaunte Menschen, niemand ist gehetzt, alle sind dankbar. Viele sind schon mehrmals gekommen. Uns macht es glücklich, wenn wir wissen, wir haben die Gäste glücklich gemacht und sie für ein paar Stunden ihren Alltag vergessen lassen.”

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