- Digitalisierung hat längst Werkstätten erreicht
- BMW und VW sind typische Marken
- 485 PS starker Camaro: „Verbraucht gar nicht mal so viel“
- Für kompletten Umstieg auf E-Autos „nicht genügend Energie vorhanden“
- Schon Opa und Onkel waren fleißige Automechaniker
Vitali Gross mit seiner LevelUp-Garage
Eigene Automarke auf den Markt bringen: Tuner aus Neuenrade hat großen Traum
Ein Chevrolet Camaro SS – mit einem Hubraum von 6,2 Litern V8 und enormen 485 PS – gehört zu den Fahrzeugen, die Vitali Gross aufbereitet.
Die Welt der Automobilliebhaber ist vielfältig und die Sparte der Autotuner bildet hier noch einmal einen ganz besonderen Bereich: Auch in Neuenrade gibt es die Liebhaber von Verbrennern, welche die Ästhetik von Folierungen und tiefer gelegten Fahrwerken zu schätzen wissen und sich am Sound von Motoren ergötzen. Manch einer macht dieses Hobby auch zum Beruf. So auch Vitali Gross, der professionell tunt.
Vitali Gross hat einen umfangreichen Dienstleistungskatalog, der von Innen- und Außenreinigung, Politur und Reifenservice eben bis hin zu Tuning reicht. „Steuergeräte optimieren, Folierungen, Karosserieumbauten, Fahrwerk und Felgen. Kurz: Tiefer, breiter, härter“, beschreibt Gross das Spektrum und das ist auch sein Business.
Digitalisierung hat längst Werkstätten erreicht
Das Geschäft mit der Leistungsverbesserung hat sich allerdings in den Jahrzehnten geändert. Die Digitalisierung hat längst die Werkstätten erreicht. Was die Verbesserung der Motorleistung anbelangt, da muss man nun auch etwas von Computern und Software verstehen. Das tut Vitali Gross, doch gibt er jene Dinge wie Steuergeräte zu optimieren lieber an Spezialisten in der Region heraus. Das Ding von Vitali Gross ist mehr das Handwerkliche.
Vernetzung, unterschiedliche Expertisen – Tuning hat auch viel mit dem Kontakt von Experten untereinander zu tun. Vitali Gross arbeitet zudem eng mit der Dekra in Lüdenscheid zusammen. „Vor Umbauten halte ich Rücksprache.“ Denn es gibt auch tatsächlich Grenzen des Tunings. „Alles, was bei über 40 Prozent der Serienleistung liegt, da wird es schwierig“, erläutert Gross. Schließlich müsse so eine neue Konstruktion gewisse Dinge aushalten. Es gebe da Tests, die darlegen, ob die Karosserie den Tuningmaßnahmen standhält ober eben nicht. Hinzu kommt die Leistungsoptimierung der Fahrzeuge. Stichworte sind hier: Kennfeldoptimierungen (Softwareanpassung) oder Zündzeiten und Ladedruck anpassen.
Bei Stage eins des Tunings (es gibt wohl fünf Kategorien) für Autos mit Straßenzulassung wird quasi eine Softwareoptimierung vorgenommen, an der Hardware wird nichts geändert. Leistung steckt also auch in der Computerarbeit, die Vitali Gross – wie gesagt – auslagert. Er ist mit FB Tuning Performance im Geschäft. Gross konzentriert sich jedenfalls auf die Mechanik, den Einbau von Teilen. Das Fahrwerk gibts komplett von ihm. Das tägliche Geschäft sind für ihn Aufbereitung und Umbau. Für Gross jedenfalls hat die Beschäftigung mit Autos auch etwas Meditatives: „Die Arbeit am Fahrzeug, das ist für mich Entspannung.“
BMW und VW sind typische Marken
Die Welt der Tuner ist vielfältig: Nicht nur Farbe und Stil spielen eine Rolle, sondern Dinge wie Rennstrecken-Umbau; Stance (in etwa der Abstand von Kotflügel und Reifen), Straßentauglichkeit, Ricer („krasse Verspoilerung“) – sind Stichworte, die Vitali hier nennt. So gibts eben das klassische „3F-Tuning“ (Felgen, Fahrwerk, Folie). Bestimmte Automarken sind dabei häufiger vertreten: Bei den Autos, die er tunt, sind VW und BMW typische Marken.
Auch einen typischen Kunden gibts: „Zwischen 20 und 30 Jahre alt, zweites Fahrzeug.“ Und meist seien es Leute, die eben Spaß an Automechanik hätten. Daneben spielt auch noch ewas anderes eine Rolle: Das hergerichtete Auto soll auch den Fahrer repräsentieren. Bei den Autos handelt es sich zwar um Serienfahrzeuge mit viel Leistung. Aber die Fahrer sind in der Regel keine Raser. Vitali Gross sagt: „Der Tuner fährt in der Regel langsamer. Er will, dass sein Auto gesehen wird.“
485 PS starker Camaro: „Verbraucht gar nicht mal so viel“
Derzeit hat er einen Kracher in Arbeit: Einen Chevrolet Camaro SS mit einem Hubraum von 6,2 Litern V8 und enormen 485 PS. Dabei benötigt der Achtzylinder den Sprit bei ruhiger Fahrweise nur in Maßen. „Der verbaucht gar nicht mal so viel, nur 13 Liter.“ In der Tat: Das war früher quasi Standard, sogar der Käfer 1302 kam schon auf 13 Liter im Schnitt. Auch, was die Versicherung anbelangt, ist so ein Chevy relativ günstig. Denn, dies Modell fällt eben in der Unfallstatistik der Versicherungen nicht auf, die Unfallzahlen sind gering.
Für kompletten Umstieg auf E-Autos „nicht genügend Energie vorhanden“
Da passt das leise Wimmern von E-Autos so gar nicht ins Konzept und auch mit Mechanik ist es bei E-Autos sicher weniger, Ladedruck und Zündzeitpunkt gibts hier nicht. Doch Verbrennerliebhaber Gross ist da nicht kontra eingestellt – eher realistisch. „Ich halte das jetzt nicht für umsetzbar. Um alle Verbrenner durch E-Autos zu ersetzen, ist derzeit nicht genug Energie vorhanden. An sich ist das kein schlechtes Konzept, aber noch ausbaufähig. Ich kenne Leute, die E-Autos haben. Darunter ist keiner, der 100 Prozent davon überzeugt ist.“ Gleichwohl hat Gross auch Kontakt zu einer Firma, die mit E-Autos umgehen kann. Und was Sensoren und Rückfahrkameras anbelangt so arbeitet er mit CER (Comfort-Elektronic-Raulf, Carsten Raulf) zusammen. Was Folierung mit Drucken und Plotten betrifft, so setzt er auf Alles Werbung.
Gross ist seit vier Jahren Neuenrader und es gefällt ihm hier. Er ist viel herumgekommen im Märkischen Kreis, hat in Lüdenscheid, Iserlohn und Altena gelebt – doch er hat sich in Neuenrade niedergelassen. Gross ist verheiratet und hat eine Tochter. Während seine Frau nun gar nicht autobegeistert ist, so hat aber seine Tochter ein wenig von seiner Leidenschaft für Autos geerbt. Zumindest via Playstation baut sie schon mal ein Auto um.
Schon Opa und Onkel waren fleißige Automechaniker
Dass Vitali Gross nun quasi Benzin im Blut hat, hängt seiner Ansicht nach auch damit zusammen, dass Opa und Onkel schon fleißige Automechaniker waren. „Und ich war immer mit dabei. Und Opa hat sich sogar ein Motorrad einmal im Keller zusammengebaut.“ Gross hat sich sein erstes Auto schon mit 16 Jahren angeschafft und hatte es parat, als er den Führerschein dann hatte. So lässt es sich nachvollziehen, wenn Vitali Gross sagt: „Alles, was Motor und Reifen hat, das ist meine Welt.“ Auch Mopeds ist er daher nicht abgeneigt. Und er baut noch an seinem eigenen Rennwagen. Den Wagen baut er auf der Basis eines Mitsubishi Eclipse. Er mag ohnehin „die schöne Aerodynamik der Japaner“. 360 PS soll der Wagen haben.
Bei all dem hat er einen Traum: Er will seine eigene Automarke auf den Markt bringen. „Das ist mein ganz großes Ziel.“ Das eigene Modell will er von Grund auf kreieren. Es wird klassisch mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet sein und auch um das Design will er sich kümmern.
Vitali Gross sagt: „Das ist alles nicht einfach. Aber wenn man ein Ziel hat, sollte man auch in die Richtung gehen.“ Dass er Ehrgeiz hat, das hat er schon bewiesen. Nebenbei hat er das Abitur nachgeholt und er will nun zunächst Ingenieurwesen und Fahrzeugtechnik an der TU Dortmund studieren.