Das Ende der Schonfrist
Da das Sortiment im heurigen Jahr vier Modelle umfasst, scheint die Prognose des Importeurs, der Wiener Denzel-Gruppe, nicht vermessen: Man stellt sich eine Verdoppelung der Stückzahlen vor.
An wes Kuchen nascht man da? An jenen von so ziemlich allen, die Elektroautos im Programm haben – und seien es jene von MG, der China-Marke, die ebenfalls Denzel importiert (Neuzulassungen im Vorjahr: 2486 Stück – die Liga von Mini, Mitsubishi und Nissan). Grund zur Sorge haben alle, die beispielsweise ein Kompakt-SUV wie den soeben vorgestellten BYD Seal U im Programm haben, wir denken dabei weniger an Tesla mit seinen eingeschworenen Markenfans als primär an Škoda und VW.
Stärken beim Akku
Das ist vorbei. Die Schonfrist ist abgelaufen, so viel lässt sich nach ersten Testfahrten mit dem BYD Seal U konstatieren – eher stechen jene Stärken hervor, die BYD für europäische Hersteller so gefährlich machen. Als weltgrößter Hersteller von Elektroautos und zweitgrößter von Batterien lässt sich rund um das Kernstück des E-Antriebs – eben die Batterie – ein unbestreitbar starkes Paket schnüren.
Aber zuerst zum Äußerlichen. Die Stilistik des Seal U stammt vom deutschen Designer Wolfgang Egger, der vor BYD Designchef bei Audi war. Ein weiterer Nadelstich, auch wenn sich das Auto eher zurückhaltend, jedenfalls frei von Extravaganzen in den heutigen SUV-Look der Klasse einreiht. Wir sehen die Andeutung eines Markenprofils mit einem speziellen Zuschnitt der Fahrzeugfront und der Scheinwerfer und hinten das Must-have eines durchgehenden Leuchtenbands.
Rotierendes Tablet
Im Cockpit dominiert das bis 15,6 Zoll große, quer- oder hochkant drehbare Tablet, das, von ein paar stets willkommenen Drucktasten zur Direktwahl abgesehen, das Bordsystem steuert. Wer sein Smartphone bedienen kann, hat hier keine Mühe. Wie oft man das Ding als Eyecatcher oder zur Freude der Kids rotieren lässt, sei dahingestellt. An Konnektivität und Fahrassistenz ist das übliche Konvolut inklusive nervender Tempowarnung an Bord (es lässt sich deaktivieren, das muss man aber bei jedem Fahrtantritt aufs Neue tun).
Eine Liste an Extras tut sich BYD gar nicht erst an. Es gibt zwei Varianten des Seal U: Comfort und Design, was freilich ein wenig irreführend klingt. Denn dies macht nicht nur den Unterschied bei der Innenausstattung (komplett oder überkomplett; über Wärmepumpe verfügen beide), sondern auch beim Akku, der 71,8 oder 87 kWh bemisst.
Durch den geringen Preisunterschied von 3000 Euro kann man sich die bevorzugte Variante schon ausdenken. Denn die jeweils kleineren Akkuvarianten werden bei uns traditionell links liegen gelassen. Lithium-Eisenphosphat ist die bevorzugte Zellchemie von Tesla und vieler chinesischer Marken, sie kommt ohne Kobalt, Mangan und Nickel aus. In „Blade“-Bauweise, entgegen dem Schriftbild das Gegenteil von beleibt, bringt BYD die Zellen schichtförmig im Unterboden unter, entgegen der üblichen Anordnung in einzelnen Akku-Packs.
Die Achtjahres- oder 200.000-km-Garantie schützt in erster Linie vor schadhaften Zellen, denn wohl erst solche würden eine Degradation im genannten Zeitraum auf unter 70 Prozent zur Folge haben.
Die Brisanz liegt, wie angekündigt, im Preis-Leistungs-Verhältnis: Während der Seal U in Maximalvariante bei 44.990 Euro startet, geht es beim Škoda Enyaq vergleichbar erst bei 54.250 Euro los – mit kleinerem Akku. Bei der Schnellladeleistung sind sie annähernd gleich: BYD mit 140 kW, Škoda mit 135 kW. Škodas Einstiegsvariante des Enyaq um 44.290 Euro ist wegen der kleinen Akkus schon bislang kaum gefragt.
Der Seal U legt ein ordentliches Fahrverhalten ohne erkennbare Mängel an den Tag. Da er frontgetrieben ist, reicht die maximale Leistung mit 160 kW weidlich. Bei der Reichweite lassen sich realistische Werte nahe der 500 km abschätzen, wir waren freilich bei akkufreundlichen Temperaturen unterwegs.