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Hondas zweiter Elektro-Versuch: Der e:Ny1 soll es jetzt richten

Honda startet seinen zweiten Versuch als Anbieter eines reinen Elektrofahrzeugs. Und zwar in der umkämpften Kompaktklasse bis 4,40 Meter. Was kann das Auto mit dem (fast) unaussprechlichen Namen e:Ny1? Nach dem kleinen „e“, der 2019 floppte und bereits nicht mehr erhältlich ist, nun also das zweite Elektroauto und gleichzeitig das erste SUV des japanischen Autobauers. Wir hatten den neuen Honda-Stromer, der optisch ziemlich auf den großen Verbrenner HR-V rauskommt, zwei Wochen lang in der Redaktion.

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Auf den ersten Blick kommt der e:Ny1 schnörkellos mit glatter Außenhaut daher. Die schmalen Scheinwerfer-Schlitzen und eine sich ähnelnde Heckansicht sind den Crossover-SUV in diesem Segment inzwischen fast allen gemein. Im Interieur fällt der dominante, dreigeteilte, Hochkant-Monitor (15,1 Zoll) auf. Zu sehen sind oben die Karte des Navis, in der Mitte die meisten verfügbaren Apps und unten die Bedienung der Klimaanlage. Wirkt absolut nüchtern, bedienerfreundlich und aufgeräumt. Auf einem kleineren, vor dem Fahrer platzierten Bildschirm, erscheinen Infos wie Reichweite, Ladestand und der Tacho.

Beim Ambiente ist Honda eine akzeptable Mixtur aus einer Prise Wohnlichkeit und dezenter Materialien-Landschaft mit gehobenem Anspruch gelungen. Die Sitze haben einen Touch Recaro-Feeling, könnten unserer Meinung nach indes etwas mehr Auflagefläche für die Beine bieten. Die dazwischen installierten Tasten bedienen die Funktionen Vorwärts, Rückwärts und Parken. Hinzu kommen die Auswahl der verschiedenen Fahrmodi und die Feststellbremse. An Platz mangelt es bei dem neuen Honda-Stromer, der nun kein ausgewiesener Riese ist, auch auf den Sitzen über der Hinterachse nicht. Bein- und Kopffreiheit liefern keinen Grund zur Klage.

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Schon in der Basisversion ist die Ausstattung der Assistenzsysteme lobenswert. Die wichtigsten Sicherheits-relevanten Helfer sind bereits im Basispreis von 38.990 Euro enthalten. Für 3000 Euro zusätzlich erhält man noch eine elektrische Heckklappe, ein Glasdach und eine 360-Grad-Kamera. An der Ladesäule gibt sich der neue japanische Stromer reichlich zurückhaltend. Die Leistung ist auf 78 kW begrenzt. Honda führt als Grund für diese defensive Taktik die Sorge um das langfristige Wohlergehen der Batterie an. 45 Minuten, so auch unsere Erfahrung, braucht von 10 auf 80 Prozent. Ein Wert, der sich in die Optionen der vergleichbaren Konkurrenz wie etwa eines Hyundai Kona einreiht. Die Ladeklappe befindet sich etwas unüblich hinter einer kleinen Klappe oberhalb des vorderen Nummernschilds.

Hondas zweiter Versuch, auf dem E-Markt Fuß zu fassen, erscheint uns im elektrischen Haifischbecken der Kompakt-SUV als durchaus vielversprechend. Der zwar niedlich gestylte und nicht gerade preisgünstige „e“ zuvor hatte mit seiner viel zu geringen Reichweite im Prinzip keine Chance.

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Ach ja, bevor wir es vergessen: Bei der Aussprache des Autos mit zwei kleinen, einem großen Buchstaben, einer Zahl und einem Doppelpunkt haben wir uns für folgende Variante entschieden: Anyone. Was aus dem Englischen übersetzt so viel bedeutet wie: irgendeiner. Irgendjemand. Und irgendwie – finden wir – muss man schon Mut haben, sein Auto phonetisch hierzuland so auf die Reise zu schicken.

Etwa 1,4 Millionen Elektro-Fahrzeuge (BEV = battery electric vehicle) sind derzeit in Deutschland zugelassen. (Stand 1. Januar 2024). Tendenz steigend. Überraschungen nicht ausgeschlossen. So wie bei diesem Honda e:Ny1. Ein paar Sätze zum Fahrempfinden.

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Dass beim Autofahren Übelkeit aufkommt, dieses Gefühl hatte ich zum letzten Mal als Kind. Vor Jahrzehnten also. Und jetzt kommt Honda daher und kümmert sich um Scheinbar Vergessenes und Vergebens. Umfragen zufolge klagen Auto-Reisende als Folge des permanent hohen und direkt zur Verfügung stehenden Drehmomentes über die impulsive Beschleunigung eines BEV über Übelkeit. Nicht immer. Aber immer öfter.

Also haben sich die Entwickler etwas einfallen lassen und den brachialen Vorwärtsdrang elektronisch einkassiert. Zugegeben: Wenn man’s nicht wüsste, würde man es wahrscheinlich nicht merken, Idee und Ausführung haken wir mal unter „Gelungen“ ab. Von Unwohlsein jedenfalls keine Spur. Auch dann nicht, wenn wir mit dem e:Ny1 flott um die Ecken flitzen. Auf einem Fahrwerk, das wir mit ausgewogen attestieren. Mit direkt ansprechender Lenkung und ebensolchen Bremsen.

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Kein Raketenstart mehr, aber auch keine lahme Ente. Durchaus sportlich und in die Sitze gedrückt fühlt man sich beim ruckfreien Spaß haben schon. Und das, obwohl sich Honda, anders als beim „e“, dies Mal nicht für Heckantrieb entschieden hat. „Zunder“ auf den Hinterrädern kommt eigentlich dank ausgefeilter Traktion der Dynamik zugute. Zudem sind Antrieb und Lenkung entkoppelt.

Makel: Im Hunsrück ist es auch im späten Frühling mitunter noch empfindlich kalt, sodass es ohne Heizung nicht geht. Die Reichweite des Fahrzeugs mit der 69-kWh-Batterie hupft da gewaltig in den Keller. Liegt vor allem daran, dass Honda auf eine Wärmepumpe verzichtet hat. Die dient in erster Linie der Entlastung der Batterie und fiel hier wohl dem Budget zum Opfer. Gibt es auch nicht als Option.

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Technische Daten Honda e:Ny1

Ausführung:                                 fünfsitziges SUV

L / B /H:                           4,38 /1,79 / 1,58 Meter

Radstand:                                              2,61 Meter

Kofferraum:                              361 – 1176 Meter

Motor:                              Synchronelektromotor

Leistung:                                                       204 PS

Höchstgeschwindigkeit:                        160 km/h

Antrieb:                                                           Front

Reichweite (Hersteller)                              412 km

Batterieart:                                      Lithium-Ionen

Ladeleistung AC / DC:                      bis 11/78 kW

Ladezeit 10 – 80 %                              45 Minuten

Preis:                                               ab 38.990 Euro

Text und Fotos: Charlys Autos

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