- China bei E-Mobilität auf der Überholspur: „Attraktive Modelle zum vernünftigen Preis“
- E-Auto-Subventionen in China: Staatliche Förderung nach Vorbild des Westens
- Ladeinfrastruktur für Elektromobilität: „Der Kontrast zu Europa ist gewaltig“
- Elektroauto-Absatz in China: Experte sieht andere Mentalität beim Autokauf
- Deutsche Autoindustrie und E-Mobilität: Lokale Produktion, klare politische Vorgaben
Antriebswende
China dominiert Markt der E-Mobilität: Experte erklärt Gründe und entlarvt Mythen
Wie hat China es geschafft, sich so rasant im E-Mobilitätssektor zu etablieren? Ein Kenner der chinesischen Szene erläutert die Strategie hinter den Elektroautos.
Peking/Berlin – Mit einem enormen Tempo forciert China, weltweit einer der wichtigsten Absatzmärkte, die Umstellung von Verbrenner- auf Elektroantriebe. Für traditionelle Hersteller wie aus Deutschland bedeutet das, die Verkaufszahlen schrumpfen: Volkswagen und Co. verbuchten über viele Jahre einen Großteil ihrer Rendite mit Verbrennermodellen für die Volksrepublik.
China bei E-Mobilität auf der Überholspur: „Attraktive Modelle zum vernünftigen Preis“
Nun arbeitet der China-Experte am Oxford Institute for Energy Studies, mit Fokus auf das Reich der Mitte. Gegenüber Spiegel.de erklärt Hove die chinesische Strategie der Antriebswende und wie die Volksrepublik traditionelle Autoländer im Bereich E-Mobilität überholen konnte.
„Das liegt einfach daran, dass dort attraktive Modelle zu einem vernünftigen Preis verfügbar sind. In Europa und den USA kosten E-Autos immer noch einen ordentlichen Aufpreis gegenüber Verbrennern“, schildert der amerikanische Wirtschaftsexperte. Hove räumt mit der Verbreitung auf, dass der Erfolg chinesischer Autobauer mit irregulären Subventionen zu tun habe:
„Das lässt sich nicht mit Subventionen oder Elektroautoquoten erklären. Auch nicht mit geringeren Löhnen oder besserem Zugriff auf Rohstoffe. Das alles gibt es zwar, aber der Hauptgrund sind wirtschaftliche Größenvorteile: Die Batteriepreise sind dank der großen Nachfrage schnell gefallen und die chinesische Industrie hat in kürzester Zeit gelernt, die Produktionskosten enorm zu senken.“
E-Auto-Subventionen in China: Staatliche Förderung nach Vorbild des Westens
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Während in Deutschland und Co. der Einfluss des Staates auf die Wirtschaft eher herunterspielt werde, sei dieser für China übertrieben dargestellt. Die Wahrheit sei, dass die Volksrepublik trotz Planwirtschaft auch massiv den Wettbewerb und Innovationen fördert. Käufer von chinesischen Elektroautos profitieren nach Ansicht von Hove aber auch durch Überproduktion und den Konkurrenzdruck am Markt.
Ladeinfrastruktur für Elektromobilität: „Der Kontrast zu Europa ist gewaltig“
Seit 2019 sei die Ladeinfrastruktur in China mit hohem Tempo erweitert worden: „Der Kontrast zu Europa ist gewaltig. Man muss nicht an jeder Station einzeln eine App herunterladen, um zu bezahlen, fünfmal alle persönlichen Angaben nennen und dann per Mail bestätigen. „Ich habe schon 2022 an einer chinesischen Säule keine 30 Sekunden verbracht, bevor Strom floss“, so Hove.
Der jüngste Aufschwung von Plug-in-Hybridmodellen in Europa und auch China sei ihm zufolge lediglich eine kurzfristige Erscheinung, langfristig führe kein Weg an rein elektrischen Fahrzeugen (BEV) vorbei.
Elektroauto-Absatz in China: Experte sieht andere Mentalität beim Autokauf
Zudem unterscheiden sich nach dessen Meinung auch die Konsumgepflogenheiten: „Wenn ich persönlich ein Auto kaufen würde, wäre mir die langjährige Qualität schon wichtig. Aber in dem Punkt sehen wir in China tatsächlich eine andere Mentalität.“
Chinesische Verbraucher sehen Elektroautos demnach weniger als langlebige Güter, sondern eher wie Elektronikprodukte, die alle paar Jahre durch neue Modelle ersetzt werden. Dies fördere die Nachfrage nach innovativen Fahrzeugen, die als aufregend und modern wahrgenommen werden. Was ebenfalls eine Rolle beim Kauf chinesischer E-Autos spielt, sei in China der zugenommene Nationalstolz – der aufgrund des Gegenwindes seitens USA und Westen zugenommen haben könnte. Der Umweltaspekt ist nach Meinung von Hove bei chinesischen Autokäufern untergeordnet.
Allerdings hat der Wirtschaftsforscher keine Zweifel, dass E-Mobilität die umweltfreundlichere Fortbewegungsart darstellt, selbst wenn der Strom noch nicht aus erneuerbaren Energien entsteht: „Weil Elektroautos so viel effizienter sind, haben sie selbst in der kohleabhängigsten Region Chinas über ihren Lebenszyklus 40 Prozent weniger CO₂-Emissionen als Verbrenner“, verweist er auf eine in Zusammenarbeit mit einer chinesischen Universität erstellte Studie.
Deutsche Autoindustrie und E-Mobilität: Lokale Produktion, klare politische Vorgaben
Müssen deutsche und europäische Autohersteller um ihre Zukunft fürchten? Hove sieht Hove keine exklusive Vorherrschaft Chinas in der Autotechnologie: weil E-Autos und auch Batterien aufgrund ihrer Größe und des Gewichts lokal produziert werden sollten. Westliche Konzerne hätten Potenzial, indem sie wie China auf lokale Innovations- und Produktionszentren setzen.
Der Erfolg hängt jedoch auch von einer stabilen politischen Unterstützung ab, die im Westen oft schwankt. Das habe in China nämlich entscheidend dazu beigetragen, die Kosten der Batterietechnik zu drücken. „So ein Fortschritt kann nicht passieren, wenn die Politik hin- und herwechselt, je nachdem, was die Autohersteller gerade so von sich geben.“ (PF)