MINI

„Es geht um ein diskriminierungsfreies Laden“

Jeder öffentliche Ladepunkt für Elektroautos muss seit 2014 frei zugänglich sein. Andreas Blin erklärt, wie das bei Chargepoint funktioniert.

Der Ladedienstleister Chargepoint startete im Juni mit einer Lösung für die modulare Software-as-a-Service-Lösung „be.Energised“. Damit sollen Bezahlvorgänge sowie Ladevorgänge an Ladeparks oder in Unternehmensdepots über ein zentrales Terminal gesteuert werden. Wie das hardwareneutrale System funktioniert und warum es diskriminierungsfreies Laden sicherstellt, erklärt Andreas Blin, Senior Manager Solution Partners Europe bei Chargepoint, im Interview.

Herr Blin, wie sieht der Ladevorgang an ihrem Bezahlungsterminal aus?

Das ist ähnlich wie auf einem Parkplatz, bei dem man an einem Automaten den Parkschein ziehen muss, nur dass es hier eben das Starten und Bezahlen des Ladevorgangs ist. Wir haben das Terminal so designt, dass es möglichst viele Anwendungsfälle abdeckt – so kann man zum Beispiel mehrere Ladesäulen einem oder mehreren Bezahlterminals zuordnen. Nehmen wir an, bei einem Standort mit zehn Ladepunkten gibt es links und rechts einen Ausgang, so kann ich einrichten, dass ich von jedem Terminal meinen Ladepunkt mit der Nummer Fünf auswählen kann, um den Ladevorgang zu starten. Es ist unser Unique-Selling-Point, dass wir hier streng nach dem OCPI-Protokoll (das die Verbindung zwischen den Ladestationsbetreibern und Serviceanbietern herstellt, Anm. D. Red.) arbeiten und sehr viele Ladepunkte an einem Terminal angebunden werden können. Bis zu 99 Ladepunkte sind hier technisch möglich.

Was sind die Herausforderungen bei der Entwicklung eines Zahlungstools?

Es geht um die Möglichkeit des diskriminierungsfreien Ladens. Jeder Ladepunkt im öffentlichen Bereich muss seit 2014 zwingend ohne Registrierung zugänglich sein. Mit der neuen AFIR-Regelung, nach der bei öffentlich zugänglichen Ladepunkten mit einer Ladeleistung ab 50 kW die Tarifanzeige am Ladepunkt erfolgen muss, hat sich das um das „tap and go“, also das kontaktlose Bezahlen, erweitert. Es gibt zahlreiche, unterschiedliche Lade-Hardware und es gibt eine große Anzahl an Kreditkarten-Terminal-Anbietern. Die jeweiligen Protokolle der verschiedenen Hersteller müssen aber dennoch miteinander arbeiten und sich verständigen. Das ist extrem komplex. Zusätzlich muss das Ganze auf jeden Fall für die Verarbeitung von Kreditkarten geeignet sein. Um dafür eine zukunftsfähige und skalierbare Anwendung zu entwickeln, haben wir uns mit Scheidt & Bachmann zusammengetan und eine Lösung realisiert, bei der Open-Chargepoint-Interface verwendet wird. Wir lösen die Probleme dementsprechend als Roaming-Use-Case und verwenden dazu das korrekte Protokoll. Die dazu notwendige Erweiterung haben wir als Standard eingereicht und diese ist nun für alle verfügbar. So können alle Marktteilnehmer sicherstellen, dass CPOs flexibel und zukunftssicher agieren können.

„es geht um ein diskriminierungsfreies laden“

Freie Wahl des Zahlungsmittels Bis zu 99 Ladepunkte können über das Bezahlterminal angebunden werden. Bezahlt wird dort per Lade- oder Kreditkarte. Fotos: Chargepoint

Wie sorgen Sie für die Sicherheit der Daten?

Das stellen wir sicher, indem alle Systeme, die mit Kreditkartendaten in Berührung kommen, voll PCI-compliant sind. Das heißt, sie sind berechtigt und zertifiziert, Kreditkartendaten zu verarbeiten. Wichtig ist für viele Kunden, dass es ein Fullservice-Produkt ist: Nachdem das Terminal installiert und die Ladepunkte zugeordnet sind, kümmern wir uns um Zahlung und Belegerstellung. Es besteht aber auch die Möglichkeit, andere Zahlungsdienstleister zu beauftragen, die können wir dann anbinden.

Und das reicht, um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten?

Im Hinblick auf die Kreditkartendaten ist dies der internationale Standard und dieser muss erfüllt werden, um Zahlungsdaten zu verarbeiten. Was die persönlichen Daten angeht, deren Verarbeitung in der DSGVO geregelt ist, so müssen selbstverständlich alle Voraussetzungen erfüllt sein. Alle Systeme von Chargepoint, die in Europa im Einsatz sind, sind natürlich DSGVO-konform.

Das Zahlungsterminal ist bei ersten Kunden im Betrieb. Gibt es dazu schon Rückmeldungen?

Wir hatten es bei drei Kunden seit Anfang Juni in einem Testprogramm stehen. Wenn die Möglichkeit zur Kreditkartennutzung gegeben ist, nutzen die Kunden dies auch sehr gerne, so unsere ersten Erfahrungen. Es ist aber auch wichtig, das Vorgehen klar zu kommunizieren. Wo positioniere ich den Terminal, wie informiere ich den Kunden, dass Kreditkartenzahlung möglich ist und wo sich der Terminal befindet? Das sind ganz normale Kundenfragen, die berücksichtigt und gelöst werden müssen. Ein Terminal steht bei einem Stadtwerk neben ein paar Hyperchargern, das läuft extrem gut. Eines steht bei einem Autobahn-Rastplatz und wird auch sehr gut angenommen. Ein weiteres steht bei einem City-Standort in Salzburg, das anfänglich aufgrund seiner Positionierung nur mäßig angenommen wurde. Nach einer Verbesserung der Kundenführung am Standort läuft dieser nun auch zur vollen Zufriedenheit des Ladepunktbetreibers. Die Testphase ist seit Juli beendet und wir liefern das Terminal nun als Standardprodukt in größeren Stückzahlen aus.

Wo wird Ihre Software-Plattform „Be Energised“, die auch in Ihren Ladesäulen hinterlegt ist, künftig vertreten sein?

Mit Be Energised sind wir aktuell europaweit sowie in Japan tätig. Die Plattform hat vor allem in der DACH-Region einen sehr hohen Marktanteil. Das hat sich über die letzten Jahre massiv weiterentwickelt. Nur eine Maßzahl als Beispiel: In Deutschland laufen mehr als 20 Prozent der DC-Ladesäulen über die Plattform, also jede fünfte Ladesäule.

Ist ihre Plattform auch für Lkw-Ladesäulen nutzbar?

Für das Managementsystem der Ladestation ist es uns egal, welche Leistung an einem Ladepunkt abgerufen wird. Wir greifen die Daten ab und verrechnen diese. Was angepasst werden muss, sind die Abrechnungsprozesse im Hintergrund, vor allem wegen der Leistung und der Strommenge. Daran arbeiten wir gerade.

Die grundsätzliche Programmierung sollte dieselbe sein. Warum ist es eine größere Aufgabe, die Leistung und Strommenge im Prozess zu hinterlegen?

Das ist korrekt. Dennoch müssen wir sicherstellen, dass alle Besonderheiten von LKW-Laden berücksichtigt werden – wenn zum Beispiel Ladevorgänge aufgrund der hohen Energiemenge plötzlich als unplausibel eingestuft würden, so wäre das falsch und für den Ladepunktbetreiber kontraproduktiv. Wichtiger sind allerdings viele – sagen wir – „bodenständige“ Fragen: Ist die Zufahrt für LKW ab einer gewissen Klasse möglich? Muss möglicherweise der Auflieger abgelegt werden, damit eine Sattelzugmaschine laden kann? Ähnlich wie bei den Terminals gilt es, die realen Herausforderungen für den Fahrer zu lösen.

TOP STORIES

Top List in the World