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Autos mit neuem Namen: Ein Rückblick

Nicht nur der Alfa Romeo Milano alias Junior wurde umgetauft ...

autos mit neuem namen: ein rückblick

Es war eine faustdicke Überraschung: Alfa Romeo verpasst seinem neuen Einstiegsmodell nur gut eine Woche nach der Weltpremiere einen neuen Namen. Aus Milano wird jetzt der Junior. Oder alles nur ein PR-Gag? Immerhin: Mehr kostenlose Werbung konnte es nicht geben und rein zufällig erfolgte die Umwidmung am nationalen “Made in Italy”-Tag in Italien.

Wie dem auch sei: Gab es einen ähnlichen Fall schon einmal? Aber ja. Und damit nicht genug. Viele Autos sind durchaus auch unter anderem Namen bekannt geworden, meist auf anderen Märkten oder weil der gebräuchliche Name in bestimmten Sprachen eine kritische Bedeutung hatte.

Bildergalerie: Alfa Romeo Milano (2024)

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Der Präzendenzfall

Interessanterweise erfolgte eine spontane Umbenennung ebenfalls bei einem anderen Hersteller: 2003 zeigte Fiat seinen neuen Kleinwagen unter der Bezeichnung “Gingo”. Prospekte und Betriebsanleitungen waren bereits im Druck, als wenig überraschend Renault aufgrund der Nähe zu “Twingo” Einspruch erhob. Und so wurde der Fiat Gingo zur zweiten Generation des Panda. Hätte man auch gleich drauf kommen können …

Bildergalerie: Fiat Nuova Panda (Typ 169, 2003-2012)

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Andere Länder, andere Namen

Die häufigste Ursache geänderter Modellnamen liegt auf globaler Ebene. Etwa, wenn die Bezeichnung an Heck in gewissen Sprachen eine negative Bedeutung hat. So ist der “Pajero” in Spanien ein Freund der Selbstbefriedigung, weshalb der Geländewagen von Mitsubishi dort “Montero” hieß. “Kona” hingegen bezeichnet in Portugal recht unflätig das weibliche Geschlechtsteil. Also prangt dort eine andere hawaiianische Insel am Heck des kleinen Hyundai-SUVs: Kaui.

Ungünstig getauft war auch der Tata Zica, da es ein ziemlich unangenehmes Zika-Virus gab. Ergo mutierte der Wagen zum Tata Tiago. Glück hatte der Toyota Corona, er erhielt diesen Namen lange vor Covid-19. Mitsubishi brauchte lange, um zu merken, dass im deutschsprachigen Raum “i-MiEV” für ein Elektroauto nicht gerade günstig ist, 2014 mutierte der Name zu “Electric Vehicle”.

VW benannte seine Autos für den US-Markt gerne um: Der Passat wurde dort 1974 zum Dasher, der Golf zum Rabbit und zudem blieb dort der Jetta auch als europäischer Vento stets ein Jetta.

VW Dasher (1974)

Der Suzuki Swift trug früher viele verschiedene Namen wie Suzuki Cultus, in den USA lief er als Geo Metro. Ford bot dort den Sierra und Scorpio unter der kurzlebigen Marke Merkur an.  

Eine Frage der Tradition

Im besten Fall haben Autohersteller Baureihen mit ewigem Namen im Programm, etwa den BMW 5er (seit 1972) oder natürlich den VW Golf (seit 1974). Aber gelegentlich meint man, an Traditionen rütteln zu müssen. Audi machte 1994 den 80 zum A4 und den 100 zum A6. In ähnlicher Art und Weise wird der A4 bald zum A5 und der A6 zum A7. Hintergrund: Ungerade Ziffer kennzeichnen künftig die Verbrenner-Baureihen, gerade Ziffern bleiben den Elektroautos der Marke vorbehalten.

Das kann in die Hose gehen: Hyundai taufte den Tucson eine Zeitlang in ix35 um, damit die Modellpalette stringent wirkte. Toyota ersetzte mit gigantischem Aufwand den Corolla in Europa durch den Auris. In beiden Fällen kehrte man zum ursprünglichen Namen zurück …

2018 wurde der heutige Toyota Corolla noch als Auris präsentiert

Volvo räumt seine Nomenklatur auch auf: Der XC40 Recharge wird zum EX40, der C40 Recharge zum EC40. Klingt ein wenig nach Bahn. Apropos Elektroautos: Der Ora Funky Cat heißt nun emotionslos GWM Ora 03.

In Großbritannien hieß der Ford Scorpio bis zum großen Facelift 1994 weiterhin Granada, bereits 1980 gab es dort den Vauxhall Astra, Opel benannte den Kadett erst 1991 um.

Neue Besitzer, neue Bezeichnung

Ein weiterer Grund für neue Namen können Fusionen oder Übernahmen sein. Aus SsangYong wird nun KG Mobility. Der fertig entwickelte Talbot Arizona wurde nach Abwicklung der Marke zum Peugeot 309, ähnlich auch 1976 der DAF 77 zum Volvo 343. Auch in England wechselten oft die Marken am Bug, Grund waren hier die Turbulenzen von British Leyland respektive BMC.

Peugeot 309

Volvo 343 (1980)

Die Qual der (Namens-) Wahl

Zum Schluss noch ein Exkurs, wie heute berühmte Modellreihen zu ihren Namen kamen. Etwa der Ford Fiesta. Die Namensfindung geschah im Frühjahr 1974, etwa zwei Jahre vor dem Produktionsstart des späteren Fiesta. Bis dahin hieß der Kleinwagen intern “Bobcat”, übersetzt “Rotluchs”. Doch wer außerhalb der englischsprachigen Länder sollte das verstehen? Zudem hatte kurz zuvor die Ford-Tochter Mercury ein Auto namens Bobcat in den USA herausgebracht. 

Also begab man sich auf die Suche: Ein kurzer Begriff, einfach auszusprechen, mit europäischer Note, leicht mit dem Namen Ford zu kombinieren und überall verständlich. Von zunächst 50 Vorschlägen reduzierte man die Auswahl auf 30 und final auf 10 Ideen.

Sie lauteten: Amigo, Bambi, Bebe, Bolero, Bravo, Cherie, Tempo, Chico, Fiesta, Forito, Metro, Pony und Sierra.

Ford Fiesta 1976 und 2006

Nun wurden Umfragen durchgeführt: Zehn Prozent der Befragten verwechselten Sierra mit Siesta. (Was Ford nicht davon abhielt, 1982 einen Sierra zu bringen.) Amigo, Fiesta und Sierra wurden zu sehr mit Spanien assoziiert, obgleich der Fiesta dort in großen Stückzahlen gebaut werden sollte. Pony mochten die Briten nicht, Bambi die Deutschen. 

Kurios: 1980 kam der Austin Metro im Fiesta-Segment auf den Markt, 1991 zeigte VW die kleine Studie Chico. Und 1995 schließlich erschien ein Fiat Bravo.

Doch zurück ins Jahr 1974: Bei Ford schafften es Pony und Bambi doch in die finale Auswahl, außerdem Fiesta, Amigo und Sierra. Doch richtig froh war man offenbar nicht darüber und vertagte sich. Wäre nicht ein Städtename besser? Ein schöner deutscher Name von einem glamourösen Wintersportort? “So etwas wie Garmisch-Partenkirchen?” ätzte Bob Lutz, frisch gebackener Europa-Chef von Ford. 

Bildergalerie: Ford Fiesta (1976-1983)

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In Köln bekam der erste Fiesta sein finales Design, wie dieses Foto von 1974 zeigt
Die Zeit tickte. Man könnte das kleine Auto mit globaler Ausrichtung doch auch “Model B” nennen, lautete ein ernst gemeinter Vorschlag. In der PR-Abteilung legte man sich auf Bravo fest: B wie Bobcat, bekannt durch das Funk-Alphabet und als Ausdruck von höchster Zustimmung. Ford Bravo! Das musste es doch sein!

Aber es gab Knackpunkte: Der Name gehörte einem italienischen Nudelhersteller, der ihn aber nicht nutzte. Zudem wurde gemunkelt, dass Lamborghini einen Bravo plane. Pony hingegen schied aus, weil 1974 der Hyundai Pony präsentiert worden war. 

Letztlich ging die finale Entscheidung im September 1975 nach ganz oben. Ganz ganz oben: Henry Ford II wurden die Namen Bravo, Fiesta und Amigo vorgelegt. Mit dem Zusatz, man brauche eine schnelle Lösung, schließlich müssten Embleme, Prospekte und die Werbung vorbereitet werden.

Die Antwort kam prompt. Man möge ihm bitte keine weiteren Vorschläge mehr schicken, befahl Henry Ford II. Und dachte nach: Bravo ist kein Name für ein Auto. Er klingt gut auf italienisch oder spanisch, aber nicht auf englisch. Fiesta hingegen schon. Zudem ergab sich eine klingende Alliteration: Ford Fiesta. 

“Wir nennen ihn Fiesta!” befahl Ford. Doch dafür brauchte man die Erlaubnis von General Motors. Ford griff selbst zum Hörer und rief beim damaligen GM-Chef Tom Murphy an. Dessen Antwort: “Sie wollen Fiesta? Sie können ihn haben. Er gehört Ihnen!”

Die Planer und Entwickler atmeten auf: Das Auto hätte auch Adonis, Sonata, Gato, Piccolo, Ischia oder Bebe heißen können. All diese Namen waren auf der ersten Liste. Über 40 Jahre haben wir uns an Ford Fiesta gewöhnt, es hat einen vertrauten Klang. Kaum vorstellbar, in einem sportlichen Ford Bambi ST mit 200 PS zu fahren …

VW Pampero oder Blizzard statt Golf?

Für das Projekt EA 337, aus dem der erste VW Golf wurde, standen in der Entwicklungsphase einige Namen zur Auswahl. “Blizzard” scheiterte an einem Ski-Hersteller, auch “Caribe” soll im Gespräch gewesen sein. 

Russell Hayes merkt in seiner “VW Golf Story” an, dass laut einer Gesprächsnotiz vom September 1973 die Bezeichnung “Pampero” für den Weltmarkt und “Rabbit” für den US-Markt überlegt worden sei. “Pampero” ist die Bezeichnung eines südamerikanischen Winterwindes, hätte also in die Wind-Reihe von Passat und Scirocco gepasst. Der Name “Rabbit” wurde tatsächlich später für den US-Golf genutzt.

VW Golf I und Prototyp EA 337 (links)

Jens Meyer geht in seinem lesenswerten Buch über den VW Golf I (“VW Golf 1 – Alles über die Auto-Legende aus Wolfsburg”) ins Detail: Einig war man sich im Vorstand darüber, dass Zahlen keine Option seien. In der Folge bestellte man die Marketingabteilung ein und ließ die Köpfe rauchen. Vorschläge aus dem Sport, aus der Musik und sogar Namen von Edelsteinen waberten durch den Raum. City? Continent? Universum?

Anfang September 1973 dachte man noch an “Scirocco” für den EA 337, sein sportlicher Bruder hätte dann schlicht Scirocco Coupé geheißen. Wie dem auch sei: Im Januar 1974 begann die Produktion der Vorserie, die Zeit drängte also.

Im Oktober 1973 legte der Vorstand schließlich fest: “Golf” für den 3,70 Meter langen Kompaktwagen, “Scirocco” für das Coupé. Aber woher kam der Name Golf nun? Vom Golf-Strom, der inhaltlich zu den warmen Winden Passat und Scirocco passt?

Hans-Joachim Zimmermann, verantwortlicher Einkäufer unter den Vorständen Horst Münzner und Ignacio Lopez von 1965 bis 1995, verriet während eines Besuchs im VW-Werksmuseum im Jahr 2014 des Rätsels Lösung: Sein Hannoveraner Wallach namens Golf, den er als langjähriger Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins Wolfsburg immer wieder erfolgreich einsetzte, wurde im Sommer 1973 ausdrücklich von Horst Münzner gelobt.

Wenige Tage nach diesem Gespräch auf dem Reitplatz zeigte der Vorstand seinem Mitarbeiter einen der nagelneuen Kompakt-Prototypen – mit der Buchstabenkombination GOLF am Heck.

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