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Analyst testete Teslas Full Self-Driving und verunglückte beinahe

analyst testete teslas full self-driving und verunglückte beinahe

Teslas Fahrassistenz verleitet dazu, sich in falscher Sicherheit zu wiegen.

Tesla-Chef Elon Musk hat in den letzten Monaten zunehmend betont, welchen Wert der Fahrassistent Full Self-Driving (FSD) für das Unternehmen hat. So soll die Technologie den Elektroautobauer in ein Roboterunternehmen transformieren und dessen Zukunft sichern. William Stein, ein Analyst der Investmentgesellschaft Truist, hat sich diese Botschaft zu Herzen genommen und den Assistenten ausgiebig getestet. Dabei hätte das selbstfahrende Auto ohne Eingreifen einen schweren Unfall verursacht und Verkehrsregeln gebrochen – aber immerhin Schlaglöcher vermieden. Stein gibt den Aktien der Firma weiterhin ein “Hold”-Rating, empfiehlt Aktionären also, ihre Anteile zu halten.

“Das Model Y hat an einer Kreuzung beschleunigt, obwohl das Auto vor uns noch nicht ganz rechts abgebogen war”, schrieb Stein in einem Bericht, der Bloomberg vorliegt. Er musste eingreifen, um einen “ansonsten unvermeidlichen Unfall” zu verhindern. Der Analyst hatte bereits im April den Fahrassistenten ausprobiert, dessen Name fälschlicherweise suggeriert, er funktioniere vollautonom und benötige nicht die Aufmerksamkeit des Fahrers. Den Zeitpunkt der Tests wählte Stein passend zu den Quartalszahlen von Tesla, die Ende April beziehungsweise Juli veröffentlicht wurden. Damals lautete das Fazit “überraschend gut, aber aktuell nicht nützlich”. Im Vergleich dazu schneide FSD nun “nicht besser, womöglich schlechter” ab.

Irreführende Bezeichung

Steins Schlussfolgerung: Die getestete Version von FSD sei “wirklich erstaunlich”, komme aber bei weitem nicht an Musks versprochene Beinaheautonomie heran. Dass FSD von einem echten Autopiloten weit entfernt bleiben dürfte, ist zum Teil selbstverschuldet: Als Sparmaßnahme beschloss der Tesla-CEO, in den Autos keine kostspieligen Radarsysteme mehr einzubauen, sondern ganz auf Kamerasysteme zu setzen. Diese haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Direkte Sonneneinstrahlung und Regentropfen können die Sensoren anfällig für grundlegende Wahrnehmungsfehler machen. In Neufahrzeugen gibt es gar keine Radarsensoren mehr, in älteren wurde diese deaktiviert. Laut Washington Post hat mit genau diesem Schritt der Anstieg bei Unfällen, Beinaheunfällen und anderen Fehlern begonnen. Einen Großteil davon verschwieg Tesla übrigens.

Nach Rückrufen im Zusammenhang mit den FSD-Funktionalitäten veröffentlichte die US-Verkehrsbehörde NHTSA im Frühling einen Bericht, der die die unter Verwendung von FSD verursachten Unfälle beleuchtet. Kritisiert wird darin unter anderem, dass allein die Bezeichnung Full Self-Driving irreführend sei und Fahrer dazu verleite, gar nicht mehr aufzupassen. Die meisten der 956 untersuchten Unfälle hätten demnach durch einen Eingriff der Fahrer verhindert werden können.

Einen Unfall zu verhindern gelang auch Stein bei seiner Testfahrt, die bei trockenem, sonnigem Wetter stattfand. Dass er dazu verleitet worden sei, gar nicht mehr aufzupassen, bemängelte er. Bei aktivem FSD musste der Analyst die Hände nicht mehr am Lenkrad haben. Selbst ein von der Straße abgewandter Blick hielt das Auto nicht vom Weiterfahren ab. “Ich hatte meinen Kopf komplett von der Straße weggedreht”, schrieb er. Währenddessen hielt sein Sohn Ausschau nach jeder Gefahr. “Das System gab erst nach 20 bis 40 Sekunden eine Warnung aus.” Außerdem sei der Autopilot mehrmals über Sperrlinien gefahren.

Mehr Autopilot

Bei Tesla stürzt man sich indes auf selbstständiges Fahren und Künstliche Intelligenz, um dem Rückgang der Elektroautoverkäufe entgegenzuwirken. Musk hat jüngst Robotaxis angekündigt, die selbstständig fahren sollen. Diese sollten bereits Anfang August vorgestellt werden, der Termin wurde aber auf Oktober verschoben. Das lang versprochene preisgünstige Auto soll Musk abgesagt haben und sich stattdessen auf Robotaxis konzentrieren. Details dazu und die Frage, wie es mit FSD weitergeht, sind noch offen. Letzteres scheint sich immerhin zu verbessern: Stein lobte im Bericht, wie gut der “Autopilot” mit Schlaglöchern und Straßenabsperrungen umging. (jsa, 30.7.2024)

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