Industriepolitik ist in Deutschland verpönt. Aber nur mithilfe der Politik kommt die Autobranche aus der Krise. Der E-Autoabsatz muss rasch angekurbelt werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck besucht das VW-Werk in Emden.
Das muss aber nichts Schlechtes sein. Denn was es nun braucht, ist ein Arbeitsgipfel, der anders als die glamourösen Veranstaltungen der Vergangenheit echte Ergebnisse liefert. Deutschlands Schlüsselindustrie steckt in einer tiefen Krise. In einem Ausmaß wie seit Jahrzehnten nicht mehr steht der Status als führender Produktionsstandort in Gefahr.
Das Autoland Deutschland kann im Elektrozeitalter nur dann fortbestehen, wenn Hersteller und Bundesregierung ihr Handeln sinnvoll koordinieren. Die Hersteller müssen so schnell wie möglich wettbewerbsfähige E-Autos entwickeln und anbieten. Und die Politik muss die richtigen Anreize setzen, damit die Verbraucher diese auch kaufen. Sonst werden die Deutschen das Auto-Geschäft der Zukunft an Amerikaner und Chinesen verlieren.
Dass Industriepolitik vielen in Deutschland und insbesondere dem Ampelpartner FDP als Teufelszeug gilt, erschwert derzeit eine angemessene Reaktion auf die Krise. Verantwortlich für die schlechte Lage sind maßgeblich die Autobosse. Aber die Politik hat einen gehörigen Beitrag geleistet.
Ein Armutszeugnis für die SPD
VW, das zwei Werke komplett auf den Bau von E-Autos umgestellt hat, leidet aber auch darunter, dass die Verbraucher diese kaum noch kaufen. Ausgerechnet in dem Moment als der größte Hersteller hierzulande vermehrt E-Autos produziert, hat die Ampelkoalition die Nachfrage massiv abgewürgt, indem sie Ende 2023 die Kaufprämie für E-Autos abgeschafft hat. Ohne diese können sich – vielleicht auch wegen der ewigen Debatten um E-Fuels und das Verbrenner-Aus – noch nicht genug Verbraucher zum Kauf eines Elektromodells durchringen. Zur Krise von VW hat das beigetragen.
Ein Armutszeugnis ist die Abschaffung der E-Autoprämie vor allem für die SPD. Dass Grüne und FDP Subventionen für die Autoindustrie aus unterschiedlichen Gründen skeptisch sehen, muss nicht überraschen. Aber der SPD hätte der Erhalt von Industriearbeitsplätzen inmitten eine Großtransformation ein zentrales Anliegen sein müssen.
Der SPD hätte der Erhalt von Industriearbeitsplätzen inmitten eine Großtransformation ein zentrales Anliegen sein müssen.
Caspar Schwietering
Diese Transformation einfach abzusagen und weiter auf den Verbrenner zu setzen, wie das die Union immer wieder fordert, wäre übrigens die völlig falsche Antwort. Das zeigt sich bei Mercedes-Benz und BMW. Die beiden Premiumhersteller verlieren massiv Umsatz und Gewinn, weil sich ihre teuren Verbrenner auf dem wichtigsten Automarkt China immer schlechter verkaufen.
E-Auto-Förderung geht auch günstig
Dort dominieren inzwischen die E-Autos von Tesla und chinesischen Herstellern. Die Deutschen spielen bei den E-Fahrzeugen keine Rolle. Die Politik hat dazu beigetragen, dass die deutschen Hersteller nicht genug in die Entwicklung von E-Autos investierten – allen voran die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in Brüssel lasche CO₂-Grenzwerte durchgesetzt hat.
Nun, da die Hersteller eingesehen haben, dass dem E-Auto die Zukunft gehört, muss sie dafür sorgen, dass sich E-Autos möglichst rasch durchsetzen. Auf dem Autogipfel sollte deshalb ein kluger Nachfolger für die E-Auto-Kaufprämie beschlossen werden. Es gibt viele sinnvolle Modelle. Frankreich etwa bietet Menschen mit geringem Einkommen ein staatliches Leasingprogramm für E-Autos für 100 Euro im Monat an.
Noch besser aber wäre angesichts der angespannten Haushaltslage ein Bonus-Malus-Programm. Also eine Zulassungssteuer für neue Verbrenner und eine Kaufprämie für E-Autos, die sich aus den Einnahmen der Verbrenner-Zulassungssteuer speist. So ließe sich der Absatz von E-Autos ohne hohe Kosten für den Steuerzahler ankurbeln.
Das Preissignal beim Autokauf ist auch im Sinne der Verbraucher. Denn langfristig werden E-Autos deutlich günstiger sein, wenn die Europäische Union ab 2027 den CO2-Preis für Mineralöl deutlich erhöht.