BMW ist selbstbewusster geworden. Seit vielen Jahren haben die Bayern mit dem Siebener einen mehr als adäquaten Gegner für die Mercedes S-Klasse. Mit dem neuen Siebener holen die Münchner zum Doppelschlag aus, denn parallel zum Verbrenner gibt es den elektrischen i7.
Über Jahrzehnte tat man sich am Münchner Petuelring schwer, das Wort Luxus in den Mund zu nehmen. Dynamisch wollte man sein, sportlich und wohl auch elegant, doch beim Thema Luxus blieb vielen der Mund trocken und man flüchtete sich in Worthülsen oder Schwurbeleien. Damit ist es seit ein paar Jahren vorbei, denn bereits die vergangene Version des Siebener BMW stand dem großen Gegner Mercedes S-Klasse in kaum etwas nach. Leichte Defizite im Komfort auf der Rückbank glichen die Bayern durch mehr Fahrspaß und ihre prächtigen Triebwerke aus.
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So breit das Antriebsportfolio der Siebener-Reihe auch sein mag – zunächst einmal haben die Münchner die Karosserievarianten mehr als sinnvoll zusammengestrichen. Die neue Luxuslimousine des BMW i7 xDrive 60 ist stattliche 5,39 Meter lang ausschließlich als vermeintliche Langversion zu bekommen. Die kurze Variante – ohnehin nur in Europa in überschaubaren Stückzahlen nachgefragt – wurde ebenso gestrichen wie eine Version mit Schiebebach. Das könnte durchaus weh tun, denn auf vielen Märkten war das elektrische Schiebedach bisher serienmäßig und eine willkommene Frischluftalternative zur Klimaautomatik. Ab sofort gibt es jedoch nur noch ein mächtiges Panoramadach, das sich auf Knopfdruck ebenso verschatten lässt, wie der gesamte Fond.
Der Fond, auf hohem Niveau bisher die wohl einzige Schwachstelle der bisherigen Siebener-Generationen, setzt völlig neue Maßstäbe. Wohlig und komfortabel wie bisher nur in der Mercedes S-Klasse sinkt der Fondpassagier in die prächtigen Sitze sein und justiert diese nach Gusto. Die zahllosen Verstellmöglichkeiten lassen sich etwas umständlich über einen Touchscreen in den Türen bedienen. Etwas Eingewöhnungszeit braucht es, doch dann kennt der Reisekomfort keinerlei Grenzen.
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Viele der weltweiten Siebener-Kunden sitzen entspann im Fond und lassen sich zu Arbeit, Termin oder Flieger chauffieren. Hier hat das Luxusmodell mit Produktionsort Dingolfing seinen größten Sprung gemacht. Doch wie sieht es für den Fahrer aus? Ist der i7 trotz Elektroantrieb ein echter Siebener und noch viel wichtiger: ist er auch die proklamierte beste Limousine der Welt? Die Leistung des obligatorischen Allradler ist mit 400 kW / 544 PS und 745 Nm maximalem Drehmoment üppig, wenn auch nicht gigantisch.
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Im nächsten Jahr folgt mit dem i7 xDrive M70 das Topmodell, das mit 485 kW / 660 PS jedoch ebenfalls deutlich hinter der Konkurrenz aus den USA und auch China liegt. Doch ein spürbares Leistungsdefizit mag man dem BMW i7 xDrive 60 nicht bescheinigen, auch wenn er mit einem Leergewicht von mächtigen 2,7 Tonnen schwer an sich zu tragen hat. Das können auch die gute Wankstabilisierung und die Allradlenkung nicht komplett überspielen.
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Eine der wenigen Schwachstellen des i7 ist das bordeigene Ladenetz, denn statt der 800 Volt, die unter anderem Audi, Porsche oder Hyundai bieten, muss das Aushängeschild mit knapp 400 Volt auskommen. So liegt die maximale Ladeleistung bei 195 Kilowatt, was die Lithium-Ionen-Batterie von 10 auf 80 Prozent in etwas mehr als einer halben Stunde erstarken lässt. Das können andere besser – und schneller.
Was andere nicht so gut können, ist ein solches Fahrgefühl vermitteln. Denn im Gegensatz zu so manchem Wettbewerber ist der mindestens 135.900 Euro teure BMW i7 nicht nur leise und lässig unterwegs, sondern schenkt seinem Piloten ein beeindruckendes Fahrgefühl inklusiv Rückmeldung von Lenkung, Bremse oder Anfedern der Achsen. So muss sich das beste Auto der Welt fahren. Da verzeiht man kleinere Makel wie das fehlende Beifahrerdisplay, die bunt illuminierbare Zierleiste und die beiden 12,3- und 14,9-Zoll-Displays, die mit Blick auf die Konkurrenz wohl noch etwas größer sein könnten. Eine schmerzhafte Lücke lässt der BMW i7 zudem beim Thema Fahrerassistenz, denn die erwartete Stufe drei für hochautomatisiertes Fahren soll erst Ende kommenden Jahres und dann wohl nur bis Tempo 60 folgen. Da hatten einige mehr erwartet.
Über den Autor: Stefan Grundhoff; press-inform