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Elektromobilität: Warum Renault weiter Vollgas gibt

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Die Batteriefabrik von AESC, im Vordergrund Renault-Autos

Die ersten Maschinen laufen im Testbetrieb, 30 Stellen sind aktuell noch ausgeschrieben, im März soll in der Batteriefabrik von AESC im nordfranzösischen Douai die Serienfertigung starten. Elektroden, Zellen und Module zur Ausstattung von jährlich 180.000 bis 200.000 Elektroautos will das japanische Unternehmen, mehrheitlich im Besitz der chinesischen Envision-Gruppe, hier dann künftig produzieren. Dafür investiert es rund 1,3 Milliarden Euro. Ein Drittel der Summe kommt über Darlehen von der Europäischen Investitionsbank.

Die neue Fabrik, durch die AESC diese Woche Journalisten führte, steht nicht im Niemandsland, sondern in direkter Nachbarschaft zu einem der größten Werke des französischen Autoherstellers Renault. Läuft alles nach Plan, fahren neben seinem gerade auf den Markt gekommenen R5 künftig auch die in Kürze erwarteten Modelle R4 und A290 der Sportwagenmarke Alpine mit Batterien made in France.

AESC wiederum macht sich Hoffnungen, auch Aufträge von anderen Autoherstellern an Land zu ziehen. Die aktuellen Fertigungslinien seien mit der Belieferung der drei Renault-Modelle voll ausgelastet. Doch man habe hier in Douai mehr als genug Platz für Erweiterungen, heißt es aus dem Unternehmen.

Deshalb halte man Kurs

Für Renault ist die AESC-Fabrik ein Schlüsselbaustein seiner Elektrostrategie. Ungeachtet der jüngsten Kapriolen auf dem Automarkt steuert Vorstandschef Luca De Meo weiter mit Vollgas in Richtung Elektrifizierung. Andere nähmen Tempo raus, Renault beschleunige, lautete die Botschaft, die er diese Woche zum ersten Jahrestag nach Gründung der konzerneigenen Software- und Elektrosparte Ampere unters Volk brachte. Die Modelloffensive laufe weiter.

Auch wenn Volkswagen – zum Bedauern der Franzosen – die diskutierte Zusammenarbeit bei einem günstigen vollelektrischen Kleinwagen abgeblasen hat, werde der neue Twingo wie geplant 2026 für weniger als 20.000 Euro auf den Markt kommen. Schon zwei Jahre später dann könne man den nächsten „Technologiesprung“ mit kobaltfreien Batterien erwarten. Auch in Bezug auf die Kostensenkung lasse man den Worten „Taten folgen“ und liege im Zeitplan, erklärte De Meo.

Der Italiener, der die Renault-Führung nach der Fastpleite in der Corona-Pandemie übernommen und den Konzern anschließend rundum saniert hat, warb für einen Fokus auf „das große Ganze“. Natürlich sei in der europäischen Autoindustrie „nicht alles in Ordnung“ und gebe es „offensichtlich große Herausforderungen“, sagte De Meo, der als Präsident des Herstellerverbands ACEA an vorderster Front für die Aufweichung der CO2-Flottengrenzwerte kämpft, die auch Renault kommendes Jahr zu reißen droht. Dennoch bleibe Fakt, dass „Elek­trofahrzeuge langfristig gesehen die Zukunft sind oder zumindest einen sehr großen Teil der Zukunft ausmachen“. Deshalb halte man bei Renault Kurs.

In weniger als zwei Jahren

Das „größte und wettbewerbsfähigste Produktionszentrum für Elektrofahrzeuge in Europa“, das De Meo vollmundig angekündigt hat, nehme Gestalt an. „Electricity“ getauft, umfasst es neben Douai auch die nordfranzösischen Standorte Maubeuge und Ruitz. Renault verspricht sich viele Synergien und wirbt mit kurzen Wegen für die E-Auto-Produktion made in France: Inklusive der Standorte wie dem konzerneigenen Motorenwerk in Cléon lägen rund 75 Prozent aller Zulieferer im Umkreis von nur 300 Kilometern.

Auf diesem Elektrokurs mit Partnern aus Fernost wie AESC zu kooperieren ist für den Renault-Chef dabei mehr Regel als Ausnahme. So wie die Europäer vor etwas mehr als 100 Jahren die revolutionäre Fließbandproduktion von Henry Ford imitierten, müsse man heute von China lernen, machte De Meo abermals deutlich. Beim neuen Twingo tut Renault nun genau das: Rund 150 Mitarbeiter hat der Konzern zur Teilentwicklung in die Provinz nördlich von Shanghai geschickt.

Gemeinsam mit Chinesen will man so das ehrgeizige Ziel Wirklichkeit werden lassen, ein neues Auto statt in vier in weniger als zwei Jahren zu entwickeln. Die Zusammenarbeit laufe sehr gut, berichten ­Renault-Ingenieure. Das Tempo und die Arbeitsmoral der Chinesen seien überwältigend, Sechstagewochen mit Arbeitszeiten von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends keine Seltenheit.

Noch weit entfernt

„Sie haben das beste Entwicklungsteam, die Wettbewerbsfähigkeit und die Technologie“, sagt Philippe Brunet, der den Geschäftsbereich Fahrzeugtechnik bei Ampere verantwortet. Der Franzose gehört zu den rund 11.000 Renault-Mitarbeitern, die De Meo in die neue Sparte überführt hat, für die bei ausreichendem Investoreninteresse auch ein separater Börsengang geplant war.

Anfang dieses Jahres wurden die Pläne beerdigt, Ampere aber besteht fort und hat einige Autonomie in den Strukturen des Traditionskonzerns. Nach außen präsentiert die Kommunikationsabteilung die Sparte als „Start-up“ innerhalb des Renault-Tankers, wobei De Meo als Chef der Sparte das letzte Wort behält.

Agilität, Spezialisierung und neue Partnerschaften statt Masse und Skalierung – mit dieser Devise hat De Meo vor knapp zwei Jahren einen tiefgreifenden Konzernumbau eingeleitet. Dazu gehören auch Software-Kooperationen mit den US-Konzernen Google und Qualcomm sowie die Überführung der Produktion von Verbrenner- und Hybridmotoren in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Geely aus China.

Finanziell steht Renault aktuell solide da. Im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern haben die Franzosen ihr Margenziel zuletzt nicht revidiert. Vom Ziel, in Europa schon bald vollelektrisch unterwegs zu sein, blieb allerdings auch Renault im dritten Quartal mit einem Anteil von 11,6 Prozent noch weit entfernt.

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