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Wingamm Brownie: Fahrbericht

Was nach einem Stück Schokokuchen klingt, ist im wahren Leben ein italienisches Reisemobil der Mikroklasse – denn größer als ein Kastenwagen fällt der Wingamm Brownie nicht aus. Trotzdem bietet er die Annehmlichkeiten eines echten Reisemobils!

Jeder hat ja so seine idee, wie das ideale Urlaubsgefährt auszusehen hat. Der eine träumt vom luxuriösen Liner, dem anderen verspricht ein Urban Camper ohne Bad die größte Freiheit. Und dann gibt es Menschen, die wünschen sich ein kompaktes Gefährt, nicht größer als ein Kastenwagen, aber mit den Annehmlichkeiten eines echten Reisemobils.Und ja, das gibt es. Wingamm ist ein Spezialist für diese Spezies, ein unabhängiger Produzent hochwertiger Monocoque-Mobile nahe dem norditalienischen Verona. Hier, nicht weit vom Gardasee entfernt, baut die Familie Turri seit 1977 in ihrer Manufaktur Fahrzeuge wie den kompakten Brownie mit seinen knapp 5,90 Meter Länge. Typisch Wingamm, schließlich finden sich im Portfolio des Herstellers vor allem kurze Fahrzeuge.

Wingamm: Italienische Manufaktur hat ihren Preis

Wer das spannend findet, darf jedoch in Sachen Preis nicht sensibel sein: 109.480 Euro stehen als Grundpreis in der Liste, dazu kommen vier Pakete, für die Bestellpflicht herrscht. Addieren wir kurz, kommen wir auf knapp 120.000 Euro. Dennoch muss sich niemand um Wingamm Sorgen machen: Die Produktion ist ausgelastet, die Nachfrage hoch, ein neues Werk entsteht.wingamm brownie: fahrbericht

Innen überrascht der Brownie mit deutlich mehr Raum, als seine kompakten Außenmaße es zunächst erwarten lassen.

Bild: Bernd HanselmannGeld ist für die Wingamm-Klientel kein zentrales Argument – oder anders ausgedrückt: In handwerkliche Qualität, gute Details und ein dauerhaft haltbares Fahrzeug investiert sie gern. Der Brownie sieht zwar nicht konservativ aus, doch transportiert er die gleichen Werte wie eines dieser Produkte aus dem Manufactum-Katalog: traditionell in bester handwerklicher Art gebaut, ohne Bling-Bling, dafür langlebig und werthaltig.Eine Anschaffung fürs Leben also, die man natürlich auch wieder abgeben kann: Dabei halten Fans mit ihrer dezidierten Nachfrage die Gebrauchtpreise der Autos aus dem Betrieb der Familie Turri hoch.Schon von außen sind sie nicht zu verwechseln. Mit der aufwendigen Bauweise des Laminierens in eigens angefertigten Formen ergeben sich ziemlich freie Möglichkeiten der Gestaltung – im Gegensatz zu den großen, planen Flächen, die sonst zwangsläufig den Reisemobilbau dominieren.

Mini-Wohnmobil: Wingamm Brownie bietet vier Schlafplätze

Das ist er: Der Brownie tritt als vollwertiges, sehr individuelles Mini-Wohnmobil für bis zu vier Personen auf. Nur das Fahrerhaus bleibt Fiat, der Rest entsteht bei Wingamm im Werk als gut gedämmtes und extrem dauerhaftes Monocoque aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Die seitliche Welle – reine Geschmackssache. Aber die ohne Rahmen bündig eingepassten, stabilen und per Knopfdruck elektrisch entriegelnden Klappen und Türen sind schon eine echte Klasse für sich.wingamm brownie: fahrbericht

Mit knapp zwei Meter Länge und 134 Zentimeter Breite fällt das Hubbett recht großzügig aus.

Bild: Bernd HanselmannDie selbst gebaute Kabine bietet zudem weitere Vorteile, die weder ein Kastenwagen (aus Blech) oder ein Reisemobil (aus zusammengesetzten Sandwichplatten) bieten kann: Die gesamte Kabine bildet nicht nur eine extrem steife Einheit, an die Wingamm zudem die Möbel kraftschlüssig anlaminiert, sondern sie ist auch – mangels Fugen – auf Dauer wasserdicht. Hagelfest sowieso, und optimal isolieren kann die Kabine auch.Nur das Fiat-Fahrerhaus bleibt im Winter eine Schwachstelle. Dafür schließen die beheizten Wasser- und Abwassertanks das Risiko von Kälteschäden aus. Statt der Truma-Hybrid-Heizung baut Wingamm für 1020 Euro Aufpreis auf Wunsch eine reine Dieselheizung ein – bei nur einer Gasflasche an Bord kann das eine Überlegung wert sein.wingamm brownie: fahrbericht

Die Bank fällt schmal aus, bietet aber dank zweier Gurte Mitfahrern einen Reiseplatz.

Bild: Bernd HanselmannAls Basis für den Brownie wählt Wingamm ein leichtes, niedriges ALKO-Chassis. Das führt zu einem Leergewicht von nur rund 2750 Kilogramm, erfordert aber im Inneren zwei Stufen – das haben die anderen Modelle von Wingamm auf Fiat-Chassis nicht. Dafür spart der Brownie an Höhe – er misst nur 2,75 Meter. Verzichten muss er dagegen auf die sonst für Wingamm typische Fußbodenheizung.

Mikroklasse-Reisemobil: Die Heckgarage schluckt sogar eine Vespa

Das hat er: Alles, was ein Wohnmobil braucht. Reizvoll für viele Kunden ist die Garage im Heck, die mit etwas Geschick sogar eine Vespa schluckt, Fahrräder sowieso. Darüber bleibt ein festes Einzelbett, das untere lässt sich bei leerer Garage herunterklappen. Wer nur zu zweit und mit viel Sportgerät unterwegs ist, kann auch die “Grand Garage” wählen – für stolze 2260 Euro Mehrpreis.wingamm brownie: fahrbericht

Für ein 5,89-Meter-Auto fällt das Bad großzügig aus.

Bild: Bernd HanselmannImmer an Bord ist das patentierte, clevere Hubbett, das sich mit einer Handbewegung leicht nach unten schwenken lässt. Es bietet mit 1,34 Meter Breite zwei Personen ausreichend Platz, und dass es mit bis zu 350 Kilogramm belastet werden kann, daran lassen die massiven geschweißten Scharniere keinerlei Zweifel.Angenehm sitzt es sich auf den aufwendig verarbeiteten Polstern, für die Wingamm nochmals noblere Materialien als Extra anbietet. Dass der Brownie erstaunlich geräumig wirkt, liegt nicht nur am Bett, das nie im Weg ist, sondern lässt sich überall feststellen: Das Bad bietet viel Bewegungsraum, die Küche ist durchdacht und hochwertig gefertigt. Ein GFK-Spritzschutz macht dort das Sauberhalten einfach, schick ist die indirekte Beleuchtung. Kompakt fällt allerdings der Kühlschrank mit nur 95 Litern aus.

Mit kleinem Wendekreis ideal für Dörfer und Städte

So fährt er: Weil er 5,89 Meter kurz ist, dazu schmal, zeigt er sich knackig. Sein Wendekreis von 13,20 Metern macht ihn zum idealen Gefährten, wenn es durch Dörfer und Städte geht, aber auch auf schmalen Landstraßen fühlt sich der Fahrer mit dem agilen und nie sperrigen Brownie wohl.wingamm brownie: fahrbericht

Im unteren Teil der Garage lässt sich Bett Nummer vier aufklappen.

Bild: Bernd Hanselmann Die Steifigkeit seines Aufbaus ist allerdings ungewohnt. Weil am Brownie nichts flext, arbeitet er alle Vibrationen, die das Fahrwerk in den Aufbau weiterreicht, dort auch ab. Was am Ende dennoch bleibt, ist der Eindruck einer unerschütterlichen Solidität.Die allerdings hat, wie erwähnt, ihren Preis. Und der ist, es lässt sich kaum anders formulieren, trotz aller Qualitäten gewaltig.

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