Smart

Wie smart ist der neue Smart #1?

Wo Smart draufsteht, steckt inzwischen kein ultrakurzer Zweisitzer mehr drin, sondern ein Mini-SUV, das in China gebaut wird. Hat der Smart #1 das Zeug, die Smart-Geschichte erfolgreich weiterzuschreiben? Unser Test ergab viel Licht, aber auch den einen oder anderen Schatten.

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Smart #1: Knuffig anzusehendes Mini-SUV. Hersteller

Wie er aussieht:

Mit dem 2,70 Meter kurzen Smart fortwo, der auf eine Idee des Swatch-Gründers Nicolas Hayek zurückging, hat der Smart #1 überhaupt nichts mehr zu tun. Gerade einmal Markenzeichen und -schriftzug erinnern noch an den zweisitzigen Kleinstwagen, ein kleines bisschen auch die kantenbefreiten, rundlich-organischen Formen. Ansonsten gliedert sich der Smart #1 ein ins beständig wachsende Angebot elektrischer Mini-SUVs. 4,27 Meter misst er in der Länge, die bündig versenkten Türgriffe surren automatisch aus, wenn sich der Fahrer/die Fahrerin mit dem Schlüssel nähert, das Dach setzt sich farblich ab.

Smart ist heute ein Joint-Venture, das Mercedes-Benz gemeinsam mit der chinesischen Geely Holding betreibt. Auch die Produktion des #1 – was man übrigens “hashtag one” ausspricht – erfolgt in China, konkret in Hangzhou. Volvo und Zeekr gehören ebenfalls zum Geely-Universam, deshalb pflegt der Smart #1 enge verwandtschaftliche Beziehungen zum neuen kleinen Volvo-SUV EX30 (einen ersten Test lesen Sie hier) sowie zum Zeekr X (den Fahrbericht finden Sie hier).

Auch als Crossover-Coupé gibt es den Smart #1, allerdings heißt er dann Smart #3. Die Bestellbücher sollen sich noch in diesem Jahr öffnen.

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Wie er eingerichtet ist:

Ziemlich schick und wertig, wie wir finden. Auf den Kunstledersitzen in der von uns gefahrenen Ausstattungsvariante Pro+ reist es sich behaglich und bequem, das vordere Gestühl lässt sich elektrisch verstellen und beheizen. Das Dreier-Sofa im Fond wiederum kann um 13 Zentimeter längs verschoben werden, und serienmäßig erhellt ein großes Panoramadach das Interieur. Im Unterschied zum Volvo EX30 gibt es erfreulicherweise noch einige Direkttaster (beispielsweise für die drei Fahrmodi), vor allem aber ein kleines Fahrerinstrument und – ab Premium-Level – ein Head-up-Display. Lautstärke, Adaptivtempomat oder Bordcomputer werden über Lenkradtasten angesteuert.

Zentrales und wichtigstes Bedienelement ist aber der große Hauptbildschirm mit seinen vielen Untermenüs, die eine gewisse Einarbeitungsphase erfordern. Neben dem Infotainment samt Navi versammeln sich hier auch Funktionen wie die Einstellung der Lenkkraft, der Rekuperationsintensität oder der Außenspiegel. Gerade letzteres ist keine glückliche Lösung, während der Fahrt möchte man lieber kein Feintuning betreiben, zu hoch ist die Ablenkungsgefahr.

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Ein freundlicher Rotfuchs gibt der Sprachassistenz eine Gestalt. Vieles versteht der Avatar gut („schalte die Sitzheizung ein“, “navigiere zum Flughafen München”, “spiele Bayern 3”, “wie ist das Wetter in Hamburg?“), anderes müsse seine KI erst noch lernen, wie der tierische Mitfahrer bedauert, das rechte Verständnis für kompliziertere Navi-Ziele fehlt beispielsweise noch. Auch Android Auto und Apple Car Play stehen noch nicht bereit, ein echtes Manko. Demnächst soll aber ein Software-Update „over the air” Abhilfe schaffen und bei der Gelegenheit gleich die Verkehrszeichen-Erkennung auf Vordermann bringen. Das ist dringend nötig, denn in unserem Testwagen arbeitete sie reichlich spekulativ und irrte permanent.

Vielerlei Möglichkeiten bietet die “Hello smart”-App. Sie erlaubt es etwa, das Smartphone als digitalen Schlüssel einzusetzen und diesen auch zu verschicken, was wiederum privates Carsharing mit Freunden oder Familie erlaubt.

Wie viel Platz er hat:

Der Smart #1 bietet gute räumliche Verhältnisse, ausreichend Kopf- und Beinfreiheit im Fond inklusive, zumal den Füßen der Hinterbänkler kein Mitteltunnel in die Quere kommt. Die im Verhältnis 60:40 geteilt umlegbare Rückbank ist mit einer praktischen Durchreiche ausgestattet, so lässt sich auch längeres Ladegut wie Skier verfrachten. Hinter der elektrisch und sensorgesteuert öffnenden Heckklappe wartet ein nur mäßig großer Kofferraum (323 bis 986 Liter), in dessen Kellerabteil sich beispielsweise die Ladekabel zusammenringeln können. In den kleinen 15-Liter-Frunk unter der Fronthaube wird man sie nicht hineinquetschen können.

Der #1 gehört zu den Elektroautos, die sich auch als Zugpferd betätigen, die Anhängelast beträgt bis zu 1600 Kilogramm. Damit ist ganz nebenbei der Transport von Fahrrädern per Kupplungsträger gesichert, als Stützlast werden 75 Kilogramm angegeben.

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Was ihn antreibt:

Ein 200 kW/272 PS starker, im Heck verbauter Elektromotor, der seine Kräfte an die Hinterräder schickt. Die Energieversorgung übernimmt eine Lithium-Nickel-Cobalt-Mangan-Batterie (NCM) mit 66 kWh Brutto-Kapazität, netto – also nutzbar – sind es 62 kWh. Zuhause ist der Akku im Unterboden.

Wer es unbedingt ganz brachial braucht, findet in der Pulse- oder Brabus-Variante einen besonders sportlichen Partner. Je ein E-Motor vorn und hinten führen zu Allradantrieb und einer Systemleistung von 315 kW/428 PS.

Am unteren Ende der Angebots-Skala rangiert eine Modellversion mit kleinerem 49-kWh-Akku (netto 47 kWh), die den 272-PS-Motor nutzt.

Wie er sich fährt:

Sehr angenehm, sehr leise, sehr unkompliziert. Fahrbereitschaft tritt ein, sobald der Platz hinterm Lenkrad besetzt ist, mit einem Startknopf muss man sich gar nicht erst abgeben. Stattdessen wird einfach der Lenkstockhebel auf “R” oder “D” gezogen, und der Smart setzt sich in Bewegung, so mühelos, antrittsstark und zügig, wie es die hohe Motorleistung erwarten lässt. Auch die lustige Kurvenfahrt gelingt schwungvoll und weitgehend wankfrei, der – bedingt durch den Akku im Unterboden – niedrige Schwerpunkt unterstützt das lebendige Handling. Aber auch beim Fahrkomfort lässt sich der #1 nichts nachsagen, sanftmütig spricht er auf Unebenheiten an und fängt selbst härtere Querfugen sorgsam ab.

Den Sprint von 0 auf 100 km/h absolviert der Hecktriebler in 6,7 Sekunden, bei 180 km/h gebietet die Elektronik weitergehendem Vorwärtsdrang Einhalt.

Drei Fahrmodi – Eco, Komfort, Sport – lassen sich anwählen, die Rekuperationsstärke ist dreifach variabel und reicht bis hin zum extraintensiven One-Pedal-Driving.

Wie weit er kommt:

Die WLTP-Norm verheißt maximal 420 Kilometer, bei unserem Testwagen waren bis zu 410 Kilometer drin, allerdings nur bei moderater Vorgehensweise und überwiegendem Stadtverkehrsanteil. Auf der Autobahn muss man etwa 100 Kilometer vom Aktionsradius abziehen, selbst dann, wenn man es bei Tempo 120 belässt.

Was er verbraucht:

In der Praxis je nach Fahrweise und Streckenprofil zwischen 18 und 24,2 kWh/100 Kilometer. Als Schnitt haben sich 21,3 kWh/100 km eingependelt.

Wie er lädt:

Wechselstrom (AC) lädt der Smart #1 dreiphasig und mit bis zu 22 kW. Damit übertrifft er viele Konkurrenten, die nur 11 kW verarbeiten. An der heimischen Wallbox macht das vielleicht keinen Unterschied, wohl aber an der öffentlichen Ladesäule, weil es da gerne schneller gehen darf und soll. In drei Stunden füllt sich der Akku von 10 auf 80 Prozent.

Die Gleichstrom-Schnellladeleistung (DC) liegt bei maximal 150 kW, am Turbocharger ist das oben geschilderte Prozedere in weniger als einer halben Stunde abgehakt. Im Idealfall freilich nur, und das heißt, dass man sich darauf nicht verlassen sollte, 112 kW waren bei unserem Testwagen das Äußerste.

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Hilfreich ist es, die Ladestation ins Navi einzuprogrammieren, dann wird die Batterie automatisch auf eine optimale Temperatur vorkonditioniert. Die im Winter nützliche Wärmepumpe gibt es im Basismodell übrigens nicht, sie wird erst ab Premium-Level mitgeliefert.

Apropos Navi: Es meldet sich zwar warnend zu Wort, wenn das gewählte Ziel nicht mit der vorhandenen Akkuladung zu erreichen ist. Eine Routenplanung mit sinnvollen Ladestopps wird aber nicht arrangiert. Immerhin kann man sich Ladepunkte entlang der Strecke anzeigen lassen, dabei Filter wie Ladestärke und Steckertyp (CCS, Typ2) anwenden und die ausgewählte Stromtankstelle als Zwischenziel in die Route integrieren. Wie weit es dorthin noch ist, wird auf dem Bildschirm leider nicht angezeigt.

Was er bietet:

In Verbindung mit dem 66-kWh-Akku ist der Pro+ das Basismodell. Kärglich kommt er keineswegs daher. Zur Serienausstattung gehören unter anderem 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, Panoramadach, Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer, Zweizonen-Klimaautomatik und der “Smart Pilot Assist”, der folgende Fahrhelfer bündelt: Adaptivtempomat mit Stop&Go-Funktion, Spurhalteassistent, Toter-Winkel-Erkennung, Verkehrszeichenerkennung, Autobahnassistent mit Spurwechsel- und Stauassistent, Parkautomatik, adaptives Fernlicht und 360-Grad-Kamera.

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Was er kostet:

Ab 42.490 Euro. Als voraussichtliche Lieferzeit nennt die Smart-Homepage vier bis sechs Wochen.

Was wir meinen:

Klein ist der Neu-Smart #1 nicht mehr, trotz der umfangreichen Ausstattung auch nicht wirklich günstig, und konkurrenzlos steht er schon gar nicht da. Doch wer ein geräumiges, schick eingerichtetes, fein zu fahrendes und mit einiger Nachsicht auch als langstreckentauglich zu beurteilendes Mini-SUV sucht, ist mit dem “hashtag one” gut versorgt. Bei einigen Punkten – wie der Verkehrszeichenerkennung, der Laderoutenplanung oder der Smartphone-Anbindung – sollte Smart aber noch nachbessern.

Ulla Ellmer

Die Daten des Smart #1 Pro+

Antrieb: Elektromotor, Einganggetriebe, Hinterradantrieb

Leistung: 200 kW/272 PS

Max. Drehmoment: 384 Nm

Batterietyp: Lithium Nickel Cobalt Mangan (NCM)

Batteriekapazität: 66 kWh brutto, 62 kWh netto

Ladeanschluss: Typ 2, 3-phasig, bis 22 kW und CCS, bis 150 kW

Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt)

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,7 sec

Reichweite WLTP: 420 km

Normverbrauch WLTP: 17,4 kWh/100 km

Testverbrauch: 21,3 kWh/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

Energie-Effizienzklasse: A+++

Länge: 4,27 m

Breite: 1,82 m

Höhe: 1,64 m

Gepäckraum: 323 – 986 l plus 15 l („Frunk“)

Leergewicht: 1800 kg

Zulässiges Gesamtgewicht: 2225 kg

Zuladung: 425 kg

Anhängelast: 750 kg ungebremst, 1600 kg gebremst

Reifengröße 235/45 R19

Versicherungs-Typklassen: 15 (HP), 21 (TK), 20 (VK)

Preis: Ab 42.490 Euro

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