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MG Cyberster: Elektrisch oben ohne mit mächtig Wumms

Das Angebot an Cabriolets wird immer dünner und noch schlimmer wird es bei den Roadstern. Der Elektroantrieb scheint dem sterbenden Segment den Todesstoß zu versetzen. Einer der sich dem Trend oben ohne und elektrisch angetrieben widersetzt: Der MG Cyberster. Wir haben mit dem offenen Spaßmacher ein paar schnelle Runden gedreht.

MG feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Auch wenn der einst so britische Autohersteller mittlerweile längst unter der Flagge des chinesischen SAIC-Konzerns segelt, scheinen sich die Verantwortlichen der Markentradition mehr denn je bewusst zu sein. Anders lässt sich der MG Cyberster kaum erklären, das aktuell erste Modell, das puristische Roadstergefühle mit einem Elektroantrieb verbindet.

Klein ist der offene MG mit einer Länge von 4,54 Metern nicht und trotzdem im Innenraum eng geschnitten. Man muss sich von dem etablierten Gedankengut verabschieden, dass es sich bei den elektrischen Roadstern der Neuzeit um kleine, leichte Spaßmacher handelt, die engste Passstraßen durchwedeln. Da macht der Cyberster als Begründer des neuen Segments keine Ausnahme, denn das mächtige Batteriepaket im Unterboden verhindert nicht nur eine tiefe Sitzposition unmittelbar über der Fahrbahn, sondern auch einen kleinen, wendigen Doppelsitzer, der offen wie geschlossen in den Fahrspuren eines Mazda MX-5, BMW Z4 oder Porsche 718 Boxster unterwegs ist.

Doch das Design des Cyberster ist offen wie geschlossen ein Hingucker, und wer die Scherentüren lässig nach oben aufschwingen lässt, hat ohnehin die Schau im Kasten, lange bevor der Roadster in die Ferne entsurrt. Der Interessent hat die Wahl zwischen einem Hecktriebler mit stattlichen 250 kW (340 PS) und 475 Nm Drehmoment und einem imposant motorisierten Allradler, der mit 375 kW (510 PS) und 720 Nm in Leistungsregionen unterwegs ist, die in dieser Liga einst unvorstellbar schienen.

mg cyberster: elektrisch oben ohne mit mächtig wumms

MG / Press-Inform

Und wenn schon offen und wenn schon MG Cyberster, dann zur ersten Testrunde auch das Topmodell, denn angesichts von zwei Tonnen Leergewicht ist mehr Leistung nicht die schlechteste Wahl. So geht es erst einmal hineingerutscht ins eng geschnittene, aber nicht zu enge Cockpit, direkt munter los.

Reifen wie Fahrer sind noch nicht warm und so geht es bei strahlendem Sonnenschein und geöffneter Mütze zwar ambitioniert, aber nicht rasend schnell auf die ersten Runden. Der Biss der beiden Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse ist dank mehr als 700 Nm Drehmoment grandios. Bereits jetzt wird deutlich, dass es eine gute Wahl war, dass die stärkere Version im Unterschied zum Hecktriebler 20- statt der sonst üblichen 19-Zöller aufgezogen hat – vorne 245er und hinten 275er. Die Kurven auf der Rennstrecke im südbritischen Goodwood sind nicht eng und genau das mag der offene MG.

Die Abstützung nach außen könnte in den Kurven mit flott durchfahrbaren Radien etwas strammer, etwas härter sein, doch der Cyberster will kein Rennwagen, sondern ein offener Spaßroadster sein, mit dem auch längere Strecken Laune machen. Das unterstreicht auch das 77 kWh große Akkupaket im Unterboden, das gut für den niedrigen Schwerpunkt ist, jedoch mehrere hundert Kilogramm Übergewicht für den Roadster bedeuten, die auch durch die gewaltige Leitung von 375 kW / 510 PS nicht kaschiert werden können.

mg cyberster: elektrisch oben ohne mit mächtig wumms

Der Cyberster ist schwer, doch die Bremse greift stramm zu – auch bei Wiederholungen. Der Übergang von der Rekuperation auf die Bremsscheibe: gut. Weniger gefällt die Feinabstimmung der elektrischen Lenkunterstützung, denn die Präzision fällt angesichts einer allzu indirekten Rückmeldung schwerer als bei messerscharfen Lenkern wie Mazda MX-5 oder Porsche Boxster. Deshalb sollte man dem Cyberster seine sportlichen Ambitionen selbst auf dem Rennkurs nicht absprechen. Im Gegenteil, denn besonders der Punch aus den Kurven heraus ist immer wieder eine wahre Wonne.

Der Preis sollte für meisten Kunden dieser Fahrzeuggattung machbar sein

Man kann den imposanten, aber in der Realität sinnfreien 0-auf-Tempo-100-Spurt in 3,2 Sekunden absolvieren. Auch für 200 km/h Höchstgeschwindigkeit braucht niemand mehr als 500 PS. Immerhin soll das Akkupaket durch seine nutzbare Kapazität von 74 kWh dafür sorgen, dass der offene Chinese erst nach 440 Kilometern wieder an die Ladesäule muss. Hier läuft es jedoch etwas langsam, denn 144 kW maximale Ladeleistung sind für ein neu entwickeltes Elektromodell selbst mit 400-Volt-Technik zu wenig. Hier sollten 180 oder 200 kW gerade nach chinesischen Ansprüchen drin sein. Die modulare Elektroplattform des MG Cyberster ist identisch mit der des MG4.

mg cyberster: elektrisch oben ohne mit mächtig wumms

Innen ist der MG Cyberster ein echter Sportroadster mit wohl konturierten Sportsitzen, allerdings recht kleinen Displays (zwei 7 und einem 10,25 Zoll Bildschirm) für Instrumente, Bedienung und Navigation. Das Stoffdach öffnet und schließt vollelektrisch, während das schmucke Geschenk zum eigenen 100. Geburtstag bereits wieder munter anfährt und sich nach der kurzen Pause in der Boxengasse auf die nächsten flotten Rennrunden freut. Das können sich auch die Interessenten, denn nach dem Sommer soll der Cyberster auch nach Deutschland kommen – zu Preisen ab rund 56.000 Euro für den Hecktriebler. Und der sollte für meisten Kunden dieser Fahrzeuggattung allemal machbar sein.

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