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Mercedes-Benz CLE 300 4Matic im Test

Das Coupé kann Eleganz und Prestige, steckt fahrerisch aber ein bisschen in der Klemme

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Erinnern Sie sich an die glorreichen Zeiten, als Mercedes jede noch so kleine Nische gnadenlos mit sämiger Coupé-igkeit zupflasterte? CLA, C-Coupé, E-Coupé, CLS, S-Klasse Coupé. Dazu die ganzen SUVs, die irgendein rücksichtsloses Marketing-Genie auch irgendwann zu “Coupés” machte. Wer da nichts fand, hat die schnittige Dachlinie nie geliebt.

Aber die Zeiten sind vorbei. Das klassische Coupé ist absatzmäßig ein Schatten seiner selbst. Und auch Mercedes hat massiv eingestampft. S-Klasse, CLS, C-Coupé, E-Coupé – alle zum Teufel gejagt. Umso mehr freuen wir uns, dass man uns überhaupt noch einen schneidigen Zweitürer traditionellen Zuschnitts gönnt. Ganz neu entwickelt. Mit Verbrennungsmotoren. Es wirkt fast schon wie ein letztes Hurra, eine Feier der guten alten Zeit, bevor die Zukunft mit ihren BEVs und der seltsamen Formensprache endgültig übernimmt. Haben sie in Stuttgart nochmal etwas mit der richtigen Grandezza rausgehauen? Finden wir’s heraus.

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Was ist das?

Der Stern hat irgendwann eingesehen, dass man nicht jedes dahergelaufene Segment besetzen kann und folglich damit begonnen, seine Modellpalette zu entschlacken. Eine Konsequenz: Aus zwei Mittelklasse-Coupés würde man relativ schmerzfrei auch eines machen können. Die Verschmelzung von C und E mündete in diesem CLE.

Größentechnisch ist er näher am alten E-Coupé. Naja, eigentlich ist er sogar noch ein wenig ausladender. Aber mit seinen 4,85 Meter wildert er exakt im Territorium des BMW 4er Coupé. Der Audi A5 ist irgendwie auch noch mit von der Partie, aber jeniger selber ist inzwischen ein alter Herr und steht kurz vor der Ablösung. Nachfolger? Fehlanzeige.

Innen wiederum hat man sich ausgiebig bei der aktuellen C-Klasse bedient. Das Cockpit ist nahezu eine 1:1-Kopie. Allerdings meint man es mit den Hinterbänklern ein wenig besser als im letzten C-Coupé.

Der Antrieb in unserem Testwagen ist bestens bekannt. Es handelt sich um den aufgeladenen 2,0-Liter-Vierzylinder-Mildhybrid mit 258 PS/400 Nm sowie einem Elektromotor, der bei Bedarf mit bis zu 17 PS und 205 Nm zusätzlich boosten kann. Gekoppelt ist er beim 300er grundsätzlich mit Allrad und einer Neungang-Automatik.

Bildergalerie: Mercedes CLE 300 4Matic Coupé (2024) im Test

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Preislich – machen wir uns nichts vor – ist das Auto natürlich schon ein Brett. 68.544 Euro werden für den CLE 300 4Matic mindestens fällig. Allerdings gewährt Mercedes aktuell einen sogenannten Kundenvorteil von immerhin 7.540 Euro. Damit liegt er dann auf dem Niveau eines BMW 430i xDrive. Testwagenpreis ohne Kundenvorteil und mit so ziemlich allem, was die Aufpreisliste hergibt: 96.569 Euro.

Schnelle Daten Mercedes-Benz CLE 300 4Matic
Motor 4-Zylinder-Turbo-Benziner; 1.999 ccm
Getriebe 9-Gang-Automatik
Antrieb Allradantrieb
Leistung 190 kW (258 PS) bei 5.800 U/min
Drehmoment 400 Nm bei 2.000 – 3.200 U/min
Basispreis 68.544 Euro

Exterieur

Ich glaube, wir können uns relativ schnell darauf einigen, dass der CLE zu den schöneren Vertretern seiner Zunft gehört. Die Silhouette ist fast schon unverschämt elegant, das Auto wirkt – gerade im äußerst scharfen Manufaktur Graphitgrau Magno (für schlappe 5.117 Euro) dieses Testwagens – teuer, aber niemals üppig oder protzig. Das muss man auch erstmal hinkriegen. Hier steht ein zeitlos schönes Fahrzeug, das Klasse ausstrahlt.

Mercedes CLE 300 4Matic Coupé (2024) im Test

Abmessungen Mercedes-Benz CLE 300 4Matic
Länge x Breite x Höhe 4.850 mm x 1.860 mm x 1.428 mm
Radstand 2.865 mm
Leergewicht 1.855 Kg
Kofferraumvolumen 420 Liter
Zuladung 475 Kg
Anhängelast 1.800 Kg

Ein Benzsches Steckenpferd ist der cW-Wert und natürlich flutscht auch der CLE (0,26) durch den Wind als wäre er ein nasses Stück Seife in einem Hyperloop. Dazu tragen auch die Aero-optimierten Räder in 20 Zoll bei. Serie beim 300er sind 19 Zoll. Genauso wie das AMG Line-Exterieurpaket übrigens. Und für die Freizeit-Junkies ist auch eine Anhängerkupplung zu haben. Maximale Anhängelast: 1.800 Kilogramm.

Interieur

Von außen macht der CLE ja schon reichlich Bella Figura, aber so richtig geht das Schmuckkästchen erst auf, wenn man die Türen öffnet. Das kennen wir ja inzwischen von den meisten Mercedes-Modellen. Da sieht das auf den ersten Blick immer aus wie ein massiv durchgestylter Mix aus Yacht, In-Club und Tech-Kongress. Oft war es zuletzt dann leider so, dass die eigenen Finger ein wenig schockiert waren, von dem, was sie da teilweise so anfassen mussten. Bestes Beispiel: Die aktuelle E-Klasse, wo das ein oder andere Material eigentlich für Bäche an Angstschweiß bei den Damen und Herren der Qualitätssicherung sorgen müsste.

Also schauen wir beim CLE mal ein wenig genauer hin. Gerade in einem repräsentativen Coupé sollte man sich dahingehend eigentlich keine Blöße geben. Tut man größtenteils auch nicht. Das Cockpit ist eindeutig näher an der C-Klasse, wirkt – ganz dem aktuellen Benz-Stil unterworfen – eher kühl und progressiv als gemütlich, aber für die Ausführung kann man den Kollegen vom Team Innenraum nur gratulieren.

Billig fasst sich hier gar nichts an, auch wenn man mal drüberstreicht, wo eigentlich niemand hinschaut. Einzig die unsäglichen Blinker- und Scheibenwischerhebel könnte man in all ihrer Klapperdürrigkeit jetzt endlich mal in die Wüste schicken.

Die funky Lüftungsdüsen, der hochformatige 11,9-Zoll-Zentralscreen, die Oberflächen (in diesem Fall mit Nappaleder-Optik fürs Dashboard) und das Gestühl schinden durchaus Eindruck. Letzteres ist darüber hinaus genau richtig montiert und obendrein langstreckentauglich, obwohl es eher athletisch als gediegen aussieht.

Auch wenn in Reihe Zwei vermutlich selten gesessen wird: Die Beinfreiheit ist überraschend okay. Nützt allerdings nur so halb, denn wenn Sie größer sind als 1,65 Meter, werden Sie ihr Haupt relativ schräg halten müssen, um nicht am Dach anzustoßen. Der Kofferraum ist tief, die Ladeluke Coupé-typisch schmal. Schön: Es gibt einen brauchbaren doppelten Boden. Weniger schön: Rückbank klappen oder Ski-Durchreiche sind im Testwagen Fehlanzeige.

Dass hin und wieder die Bedienung kritisiert wird, kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Bis auf die kapazitiven Tasten am Lenkrad mit den kleinen, viel zu fummeligen Wisch-Feldern (bitte Mercedes, entsorgt das Zeug endlich) ist die Steuerung von MBUX absolut vorbildlich. Die Icons auf dem gestochen scharfen Zentraldisplay sind schön groß, die Menüführung wirkt logisch und die Sprachsteuerung ist absolut formidabel.

Fahrbericht

Wir haben das Auto jetzt optisch ordentlich durchgekaut und es besteht kein Zweifel, dass hier Luxus, Eleganz und Grazie die bestimmenden Faktoren sind. Selbiges aufs Fahrgefühl zu übertragen, dürften sich die Entscheider beim Daimler ebenfalls ins Lastenheft geschrieben haben. Es gelingt mit Abstrichen.

Im Großen und Ganzen geht das mit dem Komfort schon in Ordnung. Eine eher cruisige Gangart auf der Landstraße oder eine flott gefahrene Autobahn-Etappe – da ist der CLE – um Goethe mal ein bisschen zu verunstalten – ganz Benz, dort darf er’s sein.

Eine durchlauchtige Ruhe in der Kabine und fortgeschrittene gleiterische Fähigkeiten kann er durchaus, wenn er will. Das Problem ist, und das hat der CLE aktuell im Mercedes-Kosmos nicht exklusiv, dass er nicht immer will. Auf kurze Stöße oder Straßenunebenheiten reagiert er nicht so souverän, wie sein Markenname verspricht. Meiner Meinung nach wird in Stuttgart-Untertürkheim in Sachen Fahrwerksabstimmung aktuell ein bisschen geschlampt. Zumindest, wenn es sich nicht um die ganz hohen Tiere in der Modellpalette handelt.

Fahrleistungen Mercedes-Benz CLE 300 4Matic
0-100 km/h 6,2 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Verbrauch WLTP-Verbrauch: 7,0 – 7,6 Liter; Testverbrauch: 7,8 Liter
Emissionen 159 – 173 g/km CO2

Die Konkurrenz aus München ist hier besser. Was die Fahrdynamik angeht sowieso, das brauche ich ja keinem extra auf die Nase binden, aber eben auch bei der Sattheit, der Klarheit und der generellen Qualität der Dämpfung. Da ist der Stern momentan so ein bisschen im luftleeren Raum unterwegs. Denn außergewöhnlichen Fahrkomfort bietet der CLE nicht. Und so richtig fahrspaßig wird es – zumindest wenn kein AMG-Emblem zu sehen ist – auch nicht.

Dank seines Allradantriebs und der optionalen Hinterradlenkung zeigt sich unser 300er extrem fahrsicher und handlich, lässt auch ohne mit der Wimper zu zucken vortreffliche Kurvengeschwindigkeiten vom Stapel. Die Basics stimmen also absolut. Aber mehr darf er dann auch nicht. Das Handling ist grundsolide, aber nicht spielerisch. Und die Lenkung fühlt sich störrisch an. Im Alltag agiert sie angenehm leichtgängig, aber wenn man mal ein bisschen sportlicher will, wird es schnell unharmonisch und außerhalb der Mittellage unnatürlich fest.

Der stärkste Vierzylinder im neuen Coupé macht seine Sache ordentlich. Er ist gewiss kein Charakterdarsteller und ein Leichtathlet wird er in diesem Leben auch nicht mehr, da fehlt es ihm einfach ein wenig an Drehlust und Spontaneität. Zudem gibt es eine leichte Anfahrschwäche, was ich eher der Automatik in die Schuhe schieben würde.

Aber Zug hat er durchaus und wenn man ihn nicht gerade stiefelt wie eine zu niedrig aufgehängte Pinata, dann hört man ihn auch nicht. Wie gesagt, der Geräuschkomfort auch bei schnelleren Autobahn-Stints ist enorm. Obendrein erzielen die zahllosen Spritsparmaßnahmen der benzschen Motorenentwickler durchaus Wirkung. Ein Testverbrauch von 7,5 bis 7,9 Liter geht sehr in Ordnung.

Fazit: 7,5/10

Fahrerisch hat Mercedes so ein bisschen Schwierigkeiten, den Sweet Spot zu finden. Der CLE 300 4Matic ist kein Sportler, aber die überlegene Fahrkomfort-Bastion von einst ist er auch nicht. Dazu kommt ein solider, aber keinesfalls herausragender Antrieb. Da fehlt derzeit ein Quäntchen Qualität. Das wirkt auch hier nicht ganz rund, nicht komplett schlüssig.

Auf der anderen Seite haben die Schwaben zweifelsfrei einen wunderschönen, sehr eleganten Cruiser gebaut, der im Interieur Luxus und Hightech verbindet wie wenige andere. Ein sehr begehrenswertes Auto, das etwas Schliff beim Handling gebrauchen könnte.

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