Ford

Ford Ranger

Ford Ranger Raptor

Ford Ranger Raptor (2022) im Test: Ultimativer Offroad-Pick-up?

Wir waren mit dem 292 PS starken 3,0-Liter-V6-Benziner auf der Straße und im Gelände unterwegs ...

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

16,5 Liter auf 100 Kilometern. Absolut unvernünftig und alles andere als zeitgemäß. Aber so anstößig hohe und zweistellige Benzinverbräuche in der heutigen Zeit auch sind, sie gründen meist auf einer gewissen Portion an Fahrspaß. Sei es jetzt auf einer Rennstrecke oder – wie im Falle des neuen Ford Ranger Raptor – abseits der befestigen Wege. Was der Performance-Pick-up sonst noch kann, außer hemmungslos Sprit zu vernichten, klärt unser Test.

Was ist das?

Nachdem Ford die letzte Generation des Ranger Raptor erst im August 2018 einführte, folgt jetzt schon die Neuauflage. Denn der “normale” Ranger ohne saurischen Namenszusatz wurde ja ebenfalls erneuert. (Und bekam mit dem künftigen VW Amarok einen Bruder.)

Und neben der schärferen Optik, einem neuen und deutlich moderneren Innenraum sowie all der Assistenz und Konnektivität, die heutzutage auch ein in erster Linie als Nutzfahrzeug entwickeltes Auto mit Pritsche benötigt, spielt sich die eigentliche Sensation im Motorraum ab.

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up? ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

Hinter dem ausladenden Ford-Schriftzug auf dem Kühlergrill verzichtet der Hersteller mit dem blauen Oval künftig auf den 218 PS starken Dieselmotor aus dem Vorgänger und verpflanzt stattdessen einen 3,0-Liter-V6-Benziner mit Bi-Turbo-Aufladung.

Gekoppelt ist das 292 PS starke und 491 Newtonmeter liefernde Aggregat mit der bekannten 10-Gang-Automatik sowie einem zuschaltbaren Allradantrieb, der mit Untersetzung und zu 100 Prozent sperrbaren Differenzialen an beiden Achsen versehen ist.

Optisch orientiert sich der neue Ranger jetzt noch deutlicher an seinem großen Bruder aus den USA – dem Ford F-150. Dazu kommen brachiale Batmobil-Anbauteile in Form von einer wuchtigeren Haube, Kotflügelverbreiterungen und gewaltigen 17-Zoll-Felgen mit ebenso gewaltigen 285er-A/T-Offroad-Reifen.

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

Als Basis für den Ranger Raptor dient ein Modell mit Doppelkabine. Heißt: Fünf Sitze – wovon die drei Plätze auf der Rückbank nur für kleinere Menschen geeignet sind – und vier Türen liegen vor der recht kurzen 1,56-Meter-Ladefläche. Insgesamt misst der Wagen 5,36 Meter in der Länge, über zwei Meter in der Breite und 1,93 Meter in der Höhe. Oberer Durchschnitt in dieser Klasse.

652 kg beträgt hingegen die maximale Nutzlast. Viel ist das für einen Pick-up nicht, der eigentlich in der 1-Tonnen-Klasse an den Start geht. Aber der Raptor ist ja auch nicht dafür gedacht, Baumaterial oder Brennholz zu transportieren. Lifestyle soll befördert werden.

Wie fährt er? Im Gelände …

Ein Lifestyle, den Ford künftig mit einer neuen Bezeichnung für eine eigene Fahrzeugkategorie bedienen will – “Ultimate Outdoor”. Und weil man im engen Europa nur schwer ein ultimatives Draußengefühl erzeugen kann, ohne dabei Gesetze oder Grenzen von Naturschutzgebieten oder Privatbesitz zu durchbrechen, finden wir uns auf unserer ersten Testetappe in einem österreichischen Steinbruch in der Nähe von Kitzbühel wieder, wo das in grellem “Code Orange” lackierte Pick-up-Monstrum auf das Grau-in-Grau eines frühwinterlichen Tagebaus treffen darf.

Schräglage, Verschränkungen, Bergabfahrten mit entsprechendem Assistent, Hillclimbs? Geröll oder Schlamm als Untergrund? Wie zu erwarten ist das alles kein Problem für diesen Ladeflächen-Offroader mit seinen 2,5-Zoll-Fox-Dämpfern, dem kräftigen und drehfreudigen Motor, dem sauber abstimmbaren Getriebe, den Sperren, dem Untersetzungsgetriebe und der Tonne an Fahrmodi-Software (Stein/Fels, Sand/Schnee, Schlamm/Spurrillen, Baja), die extra für den Betrieb abseits der Straßen allerlei Kalibrierungen an der zuvor erwähnten Hardware vornehmen kann.

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up? ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up? ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

Für die Raptor-Version wurden außerdem Verstärkungen an der C-Säule, der Ladefläche und dem Reserverad vorgenommen. Darüber hinaus hat Ford die Halterungen für die Stoßdämpferpads, den vorderen Stoßdämpferturm und die hintere Stoßdämpferhalterung verstärkt.

Das Ergebnis ist, dass sich der Ranger Raptor bei technisch anspruchsvollen Passagen meist noch tief in der Komfortzone befindet, während man als Fahrer (und als Passagier erst recht) schon längst ins Schwitzen gerät. Und für schnelle Passagen gibt’s extra den Baja-Modus. Dann bügeln die elektronischen Dämpfer so gut wie jede kleinere Unebenheit einfach weg. Mit offenen Auspuffklappen ist diese Disziplin dann auch in Sachen Sound eine echte Ohrenweide.

… und auf der Straße?

Hier spürt man sofort, dass sich dieses Fahrzeug eigentlich zurück auf losen Untergrund sehnt. Die grobstollige Bereifung singt ab 50 km/h eindeutig ihr Asphalt-verneinendes Klagelied. Ab etwa 110 km/h stimmen die Windgeräusche mit ein. Doch die akustisch vernehmbare Wehleidigkeit heißt nicht, dass man sich mit dem Ranger Raptor auf den festen Wegen dieser Erde unwohl fühlen muss.

Man hat aber halt kein weichgespültes SUV unterm Hintern. Sondern ein Auto, dass als Nutzfahrzeug entwickelt und als Lkw homologiert wurde. Mit robustem Leiterrahmen und einer Starrachse hinten (wenn auch mittlerweile schraubengefedert).

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

Für den Einsatz auf der Straße bietet der Pick-up wieder verschiedene Fahrmodi an. Normal, Sport und Gras/Kies. Auf einen Eco-Modus verzichtet der Hersteller. Wäre auch irgendwie komisch gewesen. Zwischen Normal und Sport fallen die Unterschiede allerdings gering aus. Man hat lediglich das Gefühl, dass das ESP noch etwas lockerer mit Traktionsverlust umgeht, wenn wir im 2H-Modus lediglich mit Hinterradantrieb unterwegs die komplette Leistung des Motors am Kurvenausgang anfordern.

Was wir damit sagen wollen? Dieser Pick-up lässt sich ziemlich leicht ins Übersteuern zwingen. Fun, Fun, Fun. Vor allem weil sich ansonsten Wankbewegungen halbwegs zurückhalten und die Lenkung doch recht präzise für diese Fahrzeugklasse ist. Aber Fahrwerk und Lenkung konnte Ford schon immer. Und wieso sollte man diese Expertise nicht auch bei einem 2,4 Tonnen schweren Pick-up einsetzen.

Wie ist der Innenraum?

Erstaunlich sportlich ist er. Wuchtig auch. Zumindest auf den ersten Blick. So wurden beispielsweise die einen oder anderen Bauteile des hohen Armaturenbrettes mit einem Microfaser-Stoff überzogen. Sieht gut aus, dürfte aber – dann mit Blick auf die oberen Enden der Türen – ziemlich empfindlich sein. Hartplastik gibt es natürlich auch noch, aber im Gegensatz zu einem Basis-Ranger ist dieser Werkstoff nur noch in geringen Dosen zu finden.

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up? ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

Die Sitze mit Raptor-Stickereien kommen aus der Ford-Performance-Abteilung. Wirklich Seitenhalt bieten sie allerdings nicht und recht hart ist das Gestühl mit recht kurzer Beinauflage ebenfalls. Dafür scheint das Material recht robust und eher praktisch auf Abwaschbarkeit ausgelegt. Eine gute Sitzposition finden wir trotzdem. Nicht selbstverständlich in einem Pick-up in dem man gerne mal etwas zu hoch Platz nehmen muss und man sich eher so fühlt, als würde man auf statt in einem Auto sitzen.

Assistenten, Infotainment und Konnektivität?

Gibt es. Und egal ob aktiver Spurhalteassistent, 360-Grad-Kamera oder Ein- und Ausparkassistent, alles funktioniert ohne Beanstandung. Auch das Smartphone lässt sich leicht koppeln und der zentrale Bildschirm mit 12-Zoll-Bildschirmdiagonale auf dem Ford SYNC 4A läuft, ist trotz teilweise eingegliederter Klimabedienung nicht allzu überfrachtet und durchaus schnell erlernbar in seinen Funktionen.

ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up? ford ranger raptor (2022) im test: ultimativer offroad-pick-up?

Aber sind diese digitalen Dinge nicht eigentlich völlig nebensächlich in einem Fahrzeug, dass allein schon durch seine Optik, sein Können und all die anderen eher handfesten Eigenschaften den Freunden solcher Autos ein Lächeln und den Feinden dieser Modelle das bloße Entsetzen ins Gesicht zaubert?

Sinnvoll ist allerdings das ebenfalls 12 Zoll messende Kombiinstrument hinter dem Lenkrad. Auch wenn man mit Reizüberflutung aufpassen sollte, denn man kann sich unglaublich viele Parameter visualisieren lassen, die schnell verwirren könnten. Genauso das Lenkrad selbst, das mit sehr vielen Knöpfen ausgestattet ist. Wenn man sich aber erst einmal am Volant orientiert hat, ist es allerdings ziemlich praktisch. Stoßdämpfer, Lenkung oder Auspuffklappen per Knopfdruck einstellen? Easy und schnell gemacht.

Was will Ford dafür?

Ganz einfach. Geld. Und davon nicht gerade wenig. Während man ohne Sonderausstattung noch knapp unter 80.000 Euro davon kommt, wird doch eigentlich erst mit dem Raptor-Paket und der entsprechenden Beklebung sowie einer auffälligen Lackierung ein Schuh draus. Knapp 84.000 Euro kostete unser Testwagen. Aber dann ist die Hütte auch voll. Keine Extrawünsche mehr möglich.

Und was man sich alles bei einem Budget von 84.000 Euro an automobilem Untersatz kaufen könnte? Da ist die Liste lang. Aber wenn man etwas vergleichbares haben will, wiederum sehr kurz. So gibt es den Ford Ranger Raptor und sonst nur … nichts.

Fazit: 8,5/10

Wirklich polarisierende Autos werden immer seltener. Deswegen können wir verstehen, dass man den Ford Ranger Raptor nicht unbedingt mag. Vielleicht sogar hasst. Wenn man allerdings auf nahezu grenzenlose Offroad-Fähigkeiten in Form eines Pick-ups steht, der sich auf halbwegs normal bis sportlich auf der Straße bewegen lässt, hat man wohl keine Wahl. Dann sollte man sofort die erforderliche Kohle zusammenkratzen, um sich diesen Spritvernichter auf den Hof zu stellen.

Ford Ranger Raptor (2022)

  • Motor: 3,0-Liter-V6-Biturbo-Benziner
  • Getriebeart: 10-Gang-Automatikgetriebe
  • Antrieb: e-4WD (zuschaltbarer Allradantrieb mit Geländeuntersetzung)
  • Leistung: 292 PS (bei 5.500 U/min)
  • Max. Drehmoment: 491 Nm (bei 2.300 U/Min)
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 7,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
  • Verbrauch: 13,8 l/100km (WLTP) / 16,5 l/100km (Testverbrauch)
  • Emission: 315 g/km
  • Länge: 5.360 mm
  • Breite: 2.028 mm
  • Höhe: 1.926 mm
  • Wattiefe: 850 mm
  • Bodenfreiheit: 265 mm
  • Rampenwinkel: 24 Grad
  • Böschungswinkel: 31 Grad
  • Böschungswinkel hinten: 27 Grad
  • Leergewicht: 2.454 kg
  • Zuladung: 652 kg
  • Anhängelast: 2.500 kg (gebremst bei 12% Steigung)
  • Anzahl der Sitze: 5
  • Basispreis: 79.432,50 Euro
  • Preis des Testwagens: 83.527 Euro

TOP STORIES

Top List in the World