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Ein Ferrari um 50 Millionen: Günstiger als erwartet

ein ferrari um 50 millionen: günstiger als erwartet

Ein Ferrari um 50 Millionen: Günstiger als erwartet

Es gibt viele teure Autos, die teuersten wohl von Bugatti, mit Stückpreisen von ein paar Millionen Euro, oder Sonderanfertigungen von Rolls-Royce, die ebenfalls in dieser Liga spielen.

Der teuerste Neuwagen der Welt wird in Österreich vermutet: Bugatti La Voiture Noire, ein besonders aufwendig gefertigtes Einzelstück, das der Wiener Ferdinand Piech bestellt hat, und das nach dessen Tod 2019 an einen seiner Söhne fiel, der in Salzburg lebt. Hoffentlich war die Rechnung bezahlt: Als Kaufpreis kursieren elf Mio. Euro; dies ohne Kennzeichen, denn mit Steuern und Abgaben – keine geringe NoVA bei 1500 PS! – müssten gut sechs Mille dazugekommen sein.

Aber kein Neuwagen kommt in die Nähe von Gebrauchten, die mit der richtigen Biografie auffahren.

Zur Biografie gehören zunächst der Stammbaum, die Marke und das Modell. Bei der Marke sind wir schnurstracks bei jener mit Sitz in Maranello: Zwölf der Top-15-Rekordergebnisse bei Fahrzeugauktionen in diesem Jahr entfallen auf Ferrari. Und das meistbegehrte Modell unter den vermögenden Sammlern und Enthusiasten ist der Ferrari 250 GTO, von dem nur 36 Stück gebaut wurden.

Getrickst. Das war immer schon ein besonderes Auto, wenn auch von sehr speziellem Zuschnitt. Das Modell baut auf Ferraris 250 GT aus den Fifties auf, wobei die Zahl für den Hubraum von 250 Kubikzentimetern pro Zylinder steht (mal zwölf ergibt drei Liter) und GT für Gran Turismo (schneller Reisewagen). Fehlt noch O wie Omologato, also homologiert für den Rennsport: Ferrari hätte für die Teilnahme an Sportwagenrennen eigentlich 100 Stück dieses Autos bauen müssen, aber das hätte die kleine Firma überfordert.

Mehr als die erwähnten 36 brachte man nicht auf die Straße, den fehlenden Rest trickste man vor der Sportbehörde irgendwie zurecht.

Die Autos wurden an Privatiers verkauft, an Gentleman-Racer wie den österreichischen Schauspieler Gunther Philipp; vermögende Hobby-Rennfahrer, die mit dem Auto anreisten, wie damals üblich, damit ein Rennen bestritten, und, wenn sie es dabei nicht zerlegten, es wieder nach Hause fuhren. Nur ein einziges Stück der GTO behielt die Scuderia für sich. Wir kommen der Sache näher.

Mythisch. Baujahr 1962 – da lag die Gründung der Firma durch Enzo Ferrari, bis dahin Rennleiter von Alfa Romeo, gerade 15 Jahre zurück. Sicherlich war Ferrari schon ein klingender Name im Rennsport, aber kaum darüber hinaus.

Mit dem Serienbau von Autos hat Enzo 1948 begonnen, eher notgedrungen, zur wirtschaftlichen Absicherung der Scuderia – des Rennstalls, dem im Grunde sein alleiniges Interesse gehörte. Irgendwie ließ sich’s nicht vermeiden, dass dabei einige der schönsten Autos aller Zeiten herauskamen, was insbesondere die Nachwelt zu würdigen weiß. Von der heutigen mythischen Überfrachtung der Marke, geschweige denn ihrem aktuellen Marktwert von knapp 59 Milliarden Euro (Porsche: 41 Mrd., bei gut 30-fachem Absatz) war man unvorstellbar weit entfernt.

In den Sand. Comedian Gunther Philipp verkaufte seinen GTO nach der Rennfahrerei um 70.000 D-Mark – sicherlich viel Geld damals, aber noch in irdischen Sphären: 2012 wurde dieses Auto um 35 Mio. Dollar versteigert.

Damit kommen wir zum speziellen Part in der Biografie jenes 250 GTO, der bei einer Auktion am 13. November in New York den Preis von 47 Millionen Dollar erzielte (samt Gebühren kommt man auf 51,7 Mio.). Es war das eine Exemplar des 250 GTO, das die Scuderia selbst an den Start schickte.

Aber nicht so, wie man ihn (und alle anderen) gebaut hatte: Durch eine Änderung im Reglement war die Hubraumgrenze auf vier Liter angehoben worden, und so pflanzte man einen Vierliter-V12 unter die Motorhaube, was den 250 GTO zum 330 LM mutieren ließ: Das Rennen waren die 24 Stunden von Le Mans.

1962, großer Ferrari-Auflauf beim berühmtesten Rennereignis der Welt: Die Scuderia trat mit vier Werksautos an, darunter unser spezieller GTO mit Lorenzo Bandini/Mike Parkes am Steuer. Um es abzukürzen: Dieser war es nicht, der gewann, aber doch ein (anderer) Ferrari vom Werk, dahinter zwei 250 GTO von Privaten (die auf insgesamt sechs 250 GTO angetreten waren).

Ferraris 250er-Reihe zählt zu den erfolgreichsten Rennwagen ihrer Ära; erwähnen wir an dieser Stelle den Österreicher Jochen Rindt, der Le Mans 1954 auf einem Ferrari 250 GT gewann.

Unser Auto aber crashte in Runde 56 gegen einen Sandwall, und die Sache war vorbei. Das Auto blitzte noch bei den damals bedeutenden 1000 km vom Nürburgring mit einem Klassensieg und dem zweiten Gesamtrang auf. Nach der Saison wurde es in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt, also auf Dreiliter-V12 mit Straßenzulassung, und verkauft, bis es in den USA auftauchte. Der letzte Besitzer, sehr passend mit der Entwicklung eines Radarwarngeräts zu Geld gekommen und zeitweiser Chef des amerikanischen Ferrari-Klubs, hütete es fast vier Jahrzehnte lang.

Wir haben nun fast alles beisammen für ein Rekordergebnis: die passende Marke, das besondere Modell mit geringer Stückzahl, die Adelung durch ein singuläres Ereignis, hier: der einzige GTO mit Werkseinsatz der Scuderia. „Sein Platz in der Geschichte ist unbestritten“, formulierte man beim zuständigen Auktionshaus Sotheby’s. Plus die lückenlose und umfangreiche Dokumentation in den Händen späterer Besitzer. Fehlt nur noch ein Käufer, der 50 Mille hinlegt.

Übrigens weniger als erwartet und kein All-Time-Rekord: Die Fachwelt war auf einen Preis von über 60 Mio. Dollar eingestellt. Schließlich war ein vergleichsweise banaler 250 GTO vor fünf Jahren auf 48,4 Mio. gekommen. Bei diskret verlaufenden privaten Verkäufen haben Autos um gerüchteweise bis 70 Mio. Dollar die Besitzer gewechselt.

Und dann gibt es noch den absoluten Überflieger, das Mercedes-300-SLR-Uhlenhaut-Coupé von 1954, von dem nur zwei Exemplare existieren. Eines gehört Mercedes, das andere wurde im Vorjahr um 142 Mio. Dollar ersteigert. Wir haben Hinweise aus der Szene, dass es sich dabei um den gleichen Käufer handelte, der auch in der Vorwoche nach weniger als 20 Minuten die Hand zum finalen Gebot hob. Es ist also Spekulation, wenngleich seriöser Herkunft, dass es sich um Amazon-Gründer Jeff Bezos handelt.

Die aktuelle Situation des Klassiker-Markts indes ist amtlich: Für Einsteiger und Schnäppchen ist das Umfeld günstig, das breite Mittelfeld ist tot; viele müssen zurzeit feststellen, dass sie sich kräftig verspekuliert haben. Nur in der absoluten Topliga, beim Feinsten vom Feinsten, ist weiterhin alles drin. Ein Insider: „In dem Segment hat sich absolut nichts geändert.“ Kurz: Erst kamen die Racer, dann die Enthusiasten, gefolgt von den Spekulanten. Jetzt sind die Dagobert Ducks der Welt dran.

„Luxusautos sind Massenware“, erklärt man uns, „wie Kunstdrucke. Nur das Kunstwerk zählt, dafür wird jeder Preis gezahlt.“ Zwei Kandidaten beflügeln die Fantasie: das während des Weltkriegs verschollene Original des Bugatti La Voiture Noire. Und der von Andy Warhol als „Art Car“ bemalte BMW M1. Sollten sie je auf dem Markt auftauchen, würden ihre Preise in neue Dimensionen vordringen.

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