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Der Mann, der für die Porsches und Piëchs den Porsche-Deal organisiert hat

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Johannes Lattwein

Ohne die Kärrnerarbeit von Johannes Lattwein hätten es die Familien Piëch und Porsche deutlich schwerer gehabt, den aus ihrer Sicht fatalen Fehler zu korrigieren. Den Fehler, dass die Automobil­dynastie, die wie keine zweite die Geschichte der Fahrzeugproduktion in Deutschland geprägt hat, seit der Übernahmeschlacht um Volkswagen im Jahr 2009 den direkten Zugriff auf den legendären Sportwagenhersteller Porsche verloren hat. Schließlich war es Lattwein, der in den vergangenen Monaten die Refinanzierung der Bankdarlehen organisierte, mit der die Porsche SE, die Holding der Familien Piëch und Porsche, beim Börsengang der Porsche AG 25 Prozent der Aktien plus eine Aktie erwarb.

In amerikanischen Gerichtsfilmen hätte man Johannes Lattwein den Regenmacher genannt, einen Anwalt, der Geld auf seine Klienten regnen lässt. Auch wenn das Bild nicht ganz stimmig ist, war es Lattwein als Finanzchef der Porsche SE, der die Finanzierung des Deals für die Familien organisierte. „Im Jahr 2023 hat sich die Möglichkeit ergeben, dass wir ein Stück der Porsche AG zurückkaufen, zu meinem Leidwesen aber etwas teurer, als wir es damals an Volkswagen rausgegeben haben“, sagt Lattwein im Gespräch mit der F.A.Z. Zuerst verhandelte der 51-Jährige die Bankdarlehen, dann organisierte er die Umwandlung der kurzfristigen Kredite in langfristige Verbindlichkeiten.

Mit seinem Team platzierte Lattwein im Februar 2023 ein Schuldscheindarlehen mit einem Rekordvolumen von rund 2,7 Milliarden Euro, im weiteren Jahresverlauf folgten zwei Anleihen über 750 Millionen Euro und 1,25 Milliarden Euro. Vor wenigen Wochen dann ein weiterer Rekord: Die Porsche SE begab eine weitere Anleihe, das Volumen dieses Mal: 1,6 Milliarden Euro. Nach Angaben des Unternehmens ist es die weltweit größte Anleihe ohne Rating, die bislang emittiert wurde. „Das Besondere ist, dass institutionelle Anleger wie Blackrock oder Allianz sonst nur in geratete Unternehmen investieren. Das zeigt, dass wir ein gewisses Standing im Markt haben“, erläutert Lattwein. „Ich hätte mich nicht getraut, im Vorfeld zu prognostizieren, dass wir 1,6 Milliarden einnehmen. Aber es ist umso schöner, dass es funktioniert hat.“

„Sie wissen doch, dass ich dazu nichts sagen kann“

Wenn der gebürtige Pforzheimer über solche Deals redet, steht die Zurückhaltung des Finanzexperten im Gegensatz zu den hohen Summen, mit denen er jongliert. Lattwein spricht überlegt, seine offene Art tritt immer dann besonders zu Tage, wenn er auf Fragen nicht antworten kann oder will – und dann lacht und sagt: „Sie wissen doch, dass ich dazu nichts sagen kann.“

Wozu Lattwein aber viel sagen kann und will, ist die Zukunft des „Dax-Konzerns mit familiärem Hintergrund“, wie er die Holding nennt. Familiärer Hintergrund deshalb, weil die stimmberechtigten Stammaktien der Porsche SE ausschließlich bei Mitgliedern der Familien Porsche und Piëch liegen. Während die Vorzugsaktien je zur Hälfte von institutionellen Investoren und privaten Anlegern gehalten werden. Lattwein möchte die Porsche SE ausbauen – und perspektivisch zukaufen. Denn ein Teil des aufgenommenen Geldes ist auch für Akquisitionen reserviert. In der Vergangenheit war der Erfolg dieser „Portfoliobeteiligungen“ durchwachsen, oft genug stand die Frage im Raum, ob die Porsche SE nicht allzu beliebig entlang der automobilen Wertschöpfungskette investiert, wie sie es selbst ausgedrückt hat. Lattwein lässt sich davon nicht beeindrucken. „Wir wollen in Deutschland die Investitionsplattform für Mobilität und Industrietechnologie werden. Denn das ist das, wo wir herkommen und womit wir uns auskennen“, erläutert Lattwein die Ziele. „Das werden wir nicht über Nacht hinbekommen. Es ist eher ein Marathon als ein Sprint.“

Bei der Auswahl der potentiellen Kaufobjekte setzt Lattwein auf „die Kompetenz, mit unserem Hintergrund und unserem Netzwerk Dinge besser beurteilen zu können“. Und auf den Namen seines Unternehmens. „Wir haben oft einen besonderen Zugang zu den Unternehmen“, erläutert er weiter. „Da hilft der Name Porsche – nicht nur im schwäbischen Mittelstand. Auch Unternehmen aus Norddeutschland tun sich bei angloameri­­ka­nischen Private-Equity-Unternehmen schwer. Uns öffnen sich da Türen.“ Klar ist, dass die Porsche SE eine Finanzholding ist – und bleiben wird. „Wir investieren nicht aus strategischen Überlegungen, sondern für uns muss ein Business Case wirtschaftlich Sinn machen“, sagt Lattwein. „Wir erhoffen uns eine bestimmte Rendite unserer Investitionen.“ Eine Zusammenarbeit mit dem Autohersteller Volkswagen, an dem die Porsche SE 53,3 Prozent hält, oder mit dem Sportwagenbauer Porsche kann sich ergeben – ist aber kein Muss. „Wir stellen die Unternehmen mit der Expertise von VW und Porsche besser auf, aber sie müssen eben keine Geschäftsbeziehung eingehen“, erläutert der Finanzchef weiter.

Ein Herz für Autos

Nicht geplant ist dagegen ein Aufstocken der Anteile an VW und Porsche. Wenn Lattwein über die wichtigsten Beteiligungen seines Unternehmens und die aktuelle Bewertung der beiden Autohersteller spricht, ist ihm anzumerken, dass es in ihm arbeitet, die Contenance verliert er dennoch in keiner Sekunde. „Ich halte VW und Porsche für absolut unterbewertet“, sagt Lattwein. „Wir sind der festen Überzeugung, dass das, was uns der Markt gerade widerspiegelt, nicht den fundamentalen Wert der Aktien darstellt.“

Volkswagen sei einer der Vorreiter der Elektromobilität gewesen, jetzt stelle sich heraus, dass das alles nicht so schnell geht und dass chinesische Wettbewerber ex­trem aufholen, was Kosten und Technologie anbelangt. „Dieses Konvolut setzt den Aktienkurs von VW schlicht und ergreifend unter Druck“, erklärt Lattwein. Aber das Jahr 2024 werde genutzt, um eine „fulminante Modelloffensive“ zu starten. „Wir sind der festen Überzeugung, dass wir im nächsten Jahr, wenn die Modelle im Markt sind, andere Meldungen und andere Kurse haben werden.“ Was er nicht sagt, ist, dass die Kursschwäche auch mit den Problemen in der Corporate Governance zusammenhängt, die institutionelle Investoren immer wieder als nicht optimal kritisieren.

Dass Johannes Lattwein heute einen Porsche Panamera und keine S-Klasse von Mercedes fährt, ist einem Zufall zu verdanken. Denn eigentlich hatte er schon einen Job bei der Marke mit dem Stern. Nach seinem Wirtschaftsstudium an der Universität von Saarbrücken und an der University of Southern Colorado in den USA arbeitete Lattwein als Doktorand in der Finanzabteilung des damaligen Daimler-Chrysler-Konzerns. Nach der Promotion habe er eine Stelle als Assistenz der Werkleitung in Berlin in Aussicht gehabt, als er eine Stellenanzeige von Porsche in die Hände bekommen habe. „Das Angebot hat mich dann begeistert, obwohl ich emotional sehr stark an der Marke Mercedes hing“, sagt Lattwein.

Dass es genau diese Branche sein musste, war da schon lange klar. „Mein Herz schlägt für Autos. Ich bin zwar kein Ingenieur, aber das fasziniert mich.“ Zumindest kein Autoingenieur im eigentlichen Sinne. Und doch entwickelt Johannes Lattwein Konzepte – Finanzkonzepte, die es den Porsches und Piëchs ermöglichen, Teile von Sportwagenherstellern zu kaufen und in Autounternehmen zu investieren. Seinen Vertrag hat die Autodynastie vor wenigen Wochen bis zum Jahr 2030 verlängert.

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