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Dashcams als Beweismittel im Straßenverkehr

Düsseldorf. Dashcams an der Frontscheibe im Auto zeichnen etwa Unfälle auf und können so später in einem Rechtsstreit oder vor Gericht eine wertvolle Hilfe sein. Doch nicht alles ist beim Filmen erlaubt. Und nicht jede Dashcam taugt etwas. Worauf zu achten ist.

dashcams als beweismittel im straßenverkehr

Eine Dashcam, befestigt an der Windschutzschreibe, filmt den Straßenverkehr aus einem Auto.

Ja, ist der denn noch bei Trost? An der Ampel legt der Fahrer vor einem den Rückwärtsgang ein, kracht rücklings ins eigene Auto und behauptet anschließend allen Ernstes, man wäre bei ihm aufgefahren. Hätte er wohl auch so dreist gelogen, wenn eine Dashcam ihren Dienst an der Frontscheibe versehen und den Unfallhergang gefilmt hätte? Doch ist das überhaupt erlaubt und worauf sollte im Zweifel geachtet werden?

Grundsätzlich darf in Deutschland niemand gegen seinen Willen gefilmt werden. Ebenso ist jegliche Veröffentlichung von Aufnahmen von Personen oder Kennzeichen, beispielsweise im Internet, verboten. Deshalb ist es wichtig, dass Dashcams nur kurz und anlassbezogen filmen, Daten also beispielsweise nur im Falle eines Unfalls gespeichert werden, schreibt der ADAC auf seiner Homepage. Dann würden Dashcam-Aufnahmen auch als Beweismittel zugelassen werden können.

Filmmaterial kann be- und entlasten

Uwe Lenhart, Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht, schätzt Dashcams als durchaus hilfreich bei der Beweisführung eines Unfalls: „In der Praxis stützen sich Strafverfolger auf bestehende Videoaufzeichnungen, sowohl zur Be- als auch Entlastung von Beschuldigten. Kein Jurist verschließt die Augen, wenn ein Film vom Unfall- oder Tatvorgang existiert.“

Anwalt Lenhart hat schon mehrere Verfahren erlebt, bei denen durch Videoaufzeichnungen der Vorwurf einer Straßenverkehrsgefährdung, Nötigung oder fahrlässigen Körperverletzung entkräftet werden konnte. Und er weist auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BHG) aus dem Jahr 2018 hin (Az.: VI ZR 233/17).

Laut dem BGH-Urteil kann selbst eine permanente, anlasslose Aufzeichnung in einem Unfallhaftpflichtprozess verwertbar sein, auch wenn gegen Datenschutzrecht verstoßen wurde. Aber allein schon, um Bußgelder und Ärger mit den Datenschutzaufsichtsbehörden zu vermeiden, sollte man nur gesetzeskonform aufzeichnen.

Nur ereignisbezogen aufnehmen

Trotzdem empfiehlt der ADAC dringend ausschließlich den ereignisbezogenen Aufnahmemodus auf seiner Website. „Die Kamera soll nicht die ganze Zeit filmen, sondern nur den eigentlichen Unfall“, rät außerdem Arnulf Thiemel vom Technikzentrum des ADAC.

Viele Geräte arbeiteten deshalb in einer Dauerschleife und lösten die Speicherung erst bei einem Ereignis aus. Den Befehl dazu geben Sensoren, die starke Erschütterungen sowie eindeutige Brems- und Ausweichmanöver registrieren. Auch die ein bis zwei Minuten vor und nach dem Ereignis wandern in den Speicher.

Korrekte Installation einer Dashcam im Auto

Bei der Montage muss man darauf achten, dass das Sichtfeld der Fahrerin oder des Fahrers frei bleibt. Das gilt für das Gerät, aber auch für die Stromversorgung. „Baumelnde Kabel können die Sicht und somit das Fahren behindern, daher sollten sie sauber verlegt werden“, mahnt Thiemel. Vorsicht: Wer Verkleidungen entfernt, um Kabel darunter zu verlegen, behindert unter Umständen die korrekte Entfaltung von Airbags. Daher sollte diese Arbeit eine Fachwerkstatt übernehmen.

Anstelle eines Saugfußes empfiehlt der Experte bei dauerhafter Nutzung, die Halterung mit der Frontscheibe zu verkleben. Nur so hält sie auch bei einem starken Aufprall und schleudert nicht durch den Innenraum.

Grundsätzlich gilt: Je kleiner und flacher die Kamera, desto weniger stört sie und desto stabiler hält sie an der Scheibe. Und: „Eine gute Dashcam vergisst man. Sie sollte nicht blinken oder piepen und keine Aufmerksamkeit bei der Fahrt auf sich ziehen und einfach funktionieren“, meint Sven Hansen.

Vor der Inbetriebnahme sollte man durchs Daschcam-Menü gehen. Dort findet sich meist auch eine Einstellung für anlassunabhängiges und dauerhaftes Filmen, bis die Speicherkarte voll ist. „Gesetzeskonform ist hingegen nur ein kurzer Videoloop von wenigen Sekunden, der immer wieder überschrieben wird“, sagt Hansen. Von Dashcams-Apps fürs Smartphone rät er ab, ihre Bedienung lenke beim Fahren zu sehr ab.

Qualitätsmerkmale unterschiedlicher Dashcams

Große Unterschiede gebe es bei der Auflösung und der Wiederholrate der aufgenommenen Bilder. „Einige Hersteller versprechen ein glasklares Video, bei schlechten Sichtverhältnissen wie Nebel, Regen oder Gegenlicht sieht das Ergebnis dann aber deutlich anders aus“, sagt Hansen. Er rät daher dazu, Dashcams auszuprobieren, einzelne Sequenzen zu filmen und sie sich hinterher am Computer anzuschauen.

Kameras sollten mindestens in Full-HD aufzeichnen und eine Bildwiederholrate von mindestens 30 Frames pro Sekunde bieten. Doch auch wenn 60 oder 120 Frames pro Sekunde theoretisch ein besseres Bild liefern, sollte man wissen: „Die Aufnahmen werden in der Kamera komprimiert, sodass das Video unscharf werden kann“, erklärt Hansen.

Nicht übers Dashcam-Ziel hinausschießen

„Entscheidend für die Nutzung ist zudem, dass die Aufnahmen für eine Beweissicherung geeignet sind“, erklärt Verkehrsrechtsanwalt Uwe Lenhart. Im Stillstand, also etwa beim Parken, darf die Kamera nicht permanent laufen. Zumindest dann nicht, wenn hierdurch etwa Nachbarn videoüberwacht werden und sich dem nicht entziehen können.

„Der unmittelbare Raum des Autos kann aber gefilmt werden, wenn berechtigtes Interesse des Autobesitzers besteht“, erklärt Lenhart. Das könnte beispielsweise ein vorausgegangener Schaden durch Unfallflucht oder Vandalismus sein.

Dashcam-Aufnahmen archivieren darf man grundsätzlich ebenso wenig, wie sie etwa ohne Zustimmung Betroffener im Netz zu veröffentlichen. „Eine Ausnahme gilt nur für die Aufbewahrung zur Beweissicherung“, sagt Lenhart. „Wer die Aufnahmen von dem Unfall oder der Sachbeschädigung zur späteren Vorlage bei der Polizei oder dem Gericht speichert, handelt nicht rechtswidrig.“

Bußgelder bei unzulässiger Dashcam-Nutzung

Die Datenschutzaufsichtsbehörde kann bei unzulässiger Dashcam-Nutzung Bußgelder verhängen. Das Bayerische Landesamt für Datenaufsicht kündigte an, in solchen Fällen konkret zu prüfen, ob ein Bußgeld fällig wird, so der ADAC auf seiner Homepage. Der Bußgeldrahmen beläuft sich derzeit auf bis zu 20 Millionen Euro, bei Unternehmen auf maximal vier Prozent des Jahresumsatzes. Derart hohe Strafen sind bislang jedoch nicht bekannt. Die Datenschutzbehörde Niedersachsen schreibt auf seiner Homepage von bis zu 500 Euro bei fahrlässigem Verstoß durch eine Privatperson. Bei besonders hohem Einkommen, vorsätzlichem oder wiederholtem Verstoß sind Strafen bis zu 1000 Euro möglich.

Das Anzeigen von Fehlverhalten Anderer mithilfe von Dashcam-Aufnahmen ist Privatpersonen nicht gestattet. Auch hier können Bußgelder drohen. Nur der Polizei ist es erlaubt, Videoaufnahmen zur Strafverfolgung zu nutzen.

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