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Das Comeback der Hybridautos

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Plug-in-Hybrid an einer Ladesäule in Berlin.

Es ist eine weitere schlechte Nachricht in Sachen Elektroauto: 10 Prozent aller Arbeitsplätze in seinem Unternehmen will Tesla-Chef Elon Musk weltweit streichen. Damit stehen bei dem amerikanischen E-Auto-Pionier insgesamt 14.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, auch im einzigen europäischen Tesla-Werk in Brandenburg. Der größte Elektroautobauer der Welt zieht mit dem Sparprogramm die Notbremse, nachdem trotz heftiger Rabatte die Verkaufszahlen schrumpfen.

Die Krise des E-Autos zieht sich durch die ganze Branche. VW-Chef Oliver Blume forderte vor zwei Wochen im F.A.S.-Interview von der Politik mehr Flexibilität auf dem Weg zur Elektromobilität. Die ab 2025 in der EU geforderten strikteren CO2-Normen seien angesichts der schleppenden Verkaufszahlen von E-Autos nicht zu schaffen. „Der Wechsel zum Elektroauto dauert in Europa länger, als viele Experten und wir das vor einigen Jahren unterstellt haben“, räumte Blume ein. Im ersten Quartal hat VW in Europa ein Viertel weniger vollelektrische Autos verkauft als im Vorjahr. Auch Mercedes-Chef Ola Källenius musste seine Elektrowachstumsziele drastisch kürzen.

In China steigen die Verkaufszahlen um drei Viertel

Aber inmitten der Elektromisere gibt es auch ein unverhofftes Comeback: Hybridautos, die zumindest teilweise elektrisch fahren, weil sie neben dem Verbrennungsmotor auch einen E-Motor an Bord haben, galten vielen Fachleuten schon als Auslaufmodell. Zu teuer, zu schwer und ein unnötiger Zwischenschritt auf dem Weg zum elektrischen Straßenverkehr, so lauten die Argumente gegen die Zwitter aus E-Auto und Verbrenner. Kritiker halten sie zudem für eine klimapolitische Mogelpackung.

Doch trotz aller Einwände: Derzeit verkaufen sich Hybridmodelle in wichtigen Märkten deutlich besser als reinrassige Elektroautos. In Deutschland legte der zuvor rückläufige Absatz sogenannter Plug-in-Hybride im ersten Quartal um 18 Prozent zu, während die Verkaufszahlen von vollelektrischen Autos um 15 Prozent sanken. In China, dem globalen Leitmarkt der Elektromobilität, stieg der Verkauf von Plug-in-Fahrzeugen sogar um 75 Prozent und damit fünfmal so stark wie der Absatz vollelek­trischer Autos. Plug-in-Hybride verfügen anders als andere Hybridautos über eine Ladebuchse, die das Stromtanken an Ladestationen wie bei vollelektrischen E-Autos erlaubt.

Einige Automanager steuern gerade um. Zum Beispiel Mary Barra, die Vorstandschefin des US-Konzerns GM. Der zählte einst zu den Pionieren bei Plug-in-Hybriden. Doch das GM-Modell Chevrolet Volt, in Deutschland als Opel Ampera vermarktet, erfüllte nicht die Verkaufserwartungen und wurde 2019 eingestellt. Jetzt dagegen will Barra angesichts enttäuschender Absatzzahlen der vollelektrischen Autos doch wieder stärker auf die Hybridtechnik setzen. Einen ähnlichen Schwenk vollzieht Ford.

Hybridautos gegen die Reichweitenangst

Viele Kunden seien noch nicht bereit für das vollelektrische Autofahren, lautet die Erkenntnis der Hersteller. Autokäufer befürchten, wegen zu geringer Lademöglichkeiten auf längeren Fahrten unterwegs liegen zu bleiben. Genau da kann der Plug-in-Hybrid punkten. Typischerweise können diese Autos einige Dutzend Kilometer klimaschonend batterieelektrisch fahren. Wenn der Stromspeicher leer ist, übernimmt der Verbrennungsmotor. Es muss also niemand befürchten, unterwegs liegen zu bleiben, weil gerade keine Stromtankstelle in der Nähe ist. Für einige Plug-in-Hybride versprechen Hersteller unter Idealbedingungen Elek­tro­reichweiten von mehr als 100 Kilometern.

Insgesamt hat die Autoindustrie trotz aller Abgesänge auf diese Antriebstechnik das Angebot an Hybridmodellen stark ausgeweitet. In Deutschland können Autokäufer nach Zählung des ADAC aktuell unter rund 190 Plug-in-Modellvarianten wählen. Kompaktmodelle asiatischer Hersteller gibt es für unter 40.000 Euro. Hybridmonster wie der Mercedes S 63 AMG E Performance mit 800 PS kosten mehr als 200.000 Euro.

Vom Hybridtrend profitieren indes nicht alle Hersteller. Tesla zum Beispiel geht leer aus, weil Elon Musk schon immer kompromisslos auf rein elektrische Modelle gesetzt hat. Ein großer Gewinner ist dagegen der chinesische BYD-Konzern. Der ist nicht nur hinter Tesla der zweitgrößte Hersteller von vollelektrischen Autos auf der Welt, sondern auch führend bei Plug-in-Hybriden. Im chinesischen Markt, den BYD dominiert, sind Hybridautos schon seit Langem weiter verbreitet als etwa in Europa.

Umstrittener Klimanutzen – aber steuerlich gefördert

Ökologisch sind Plug-in-Hybride allerdings stark umstritten. Eine Feldstudie des Fraunhofer ISI-Instituts und des US-Forschungsinstituts ICCT stellte ihnen 2022 eine miserable Klimabilanz aus. In der Praxis verbrauchten die Hybridautos drei bis fünf Mal so viel fossilen Kraftstoff wie von den Herstellern nach der üblichen WLTP-Messmethode angegeben. Vor allem Dienstwagennutzer sind demnach weitgehend im Verbrennermodus unterwegs: Nur 11 bis 15 Prozent der Strecken würden elektrisch gefahren, schreiben die Autoren der Studie. Und Branchenkenner berichten, dass bei jungen Gebrauchtwagen mit Plug-in-Hybridtechnik die Ladekabel häufig noch originalverpackt im Kofferraum liegen.

Aber warum legen sich Autofahrer ein Hybridauto zu, das in der Regel teurer und schwerer ist als ein konventionelles, wenn sie damit kaum elektrisch fahren? In Deutschland liegt das auch daran, dass der Staat neben vollelektrischen Autos auch Plug-in-Hybride, die als Dienstwagen genutzt werden, weiterhin besonders stark fördert. Sie sind für die Nutzer steuerlich deutlich günstiger als Verbrenner-Dienstwagen. Zwar hat sich die Berliner Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag 2021 vorgenommen, dass es diese Vorzugsbehandlung nur noch für Hybrid-Dienstwagen geben soll, die zu mehr als der Hälfte rein elektrisch bewegt werden. Aber umgesetzt wurde das nicht.

Das kürzlich verabschiedete Wachstumschancengesetz der Regierung macht die Förderung sogar noch großzügiger. In Zukunft erhalten auch teure Plug-in-Hybride mit Preisen von bis zu 70.000 Euro den Steuervorteil. Bislang lag die Obergrenze bei 60.000 Euro. Im Gegenzug schreibt die Regierung vor, dass nur Plug-in-Hybride mit einer Elektroreichweite nach WLTP von 80 Kilometern statt bislang 60 Kilometern den Steuerbonus bekommen. Kritiker halten das für einen faulen Kompromiss. „Ineffizient und ungerecht“, nennt zum Beispiel Michael Thöne, der geschäftsführende Direktor des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln, den Steuernachlass. „Hier wird Steuergeld für ungewisse Klimaeffekte eingesetzt“, sagt Thöne. Seine Empfehlung: den zusätzlichen Vorteil streichen und Hybriddienstwagen gleich besteuern wie solche mit Verbrennungsmotor.

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