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Chinesische Autobauer machen sich in Deutschland breit – „Kostet nur halb so viel wie ein Mercedes“

Chinesische Autobauer machen sich in Deutschland breit – „Kostet nur halb so viel wie ein Mercedes“

Chinas Autobauer nehmen den europäischen Automarkt ins Visier. Handelt es sich um billige Kopien hiesiger Modelle? Mitnichten. Deutsche Experten geraten ins Schwärmen.

München – Als bevölkerungsreichstes Land gilt China als der größte Absatzmarkt der Welt. Das galt viele Jahre lang auch für deutsche Autobauer, die in Asien einen wesentlichen Teil ihrer Fahrzeuge verkaufen. Doch ist die heile Welt unlängst ins Bröckeln geraten.

Seitdem die Elektrifizierung Fahrt aufgenommen hat, sind Konzerne wie VW, BMW und Mercedes im Reich der Mitte zunehmend ins Hintertreffen geraten. Der Grund ist, dass chinesische Marken über langen Zeitraum Expertise im Fahrzeugbau sammeln konnten und mit der Mobilitätswende die Karten neu gemischt werden. So handelt es sich plötzlich um Technologieführer statt Nachzügler, hier spielen neben Kompetenz in Sachen Elektrotechnik auch Konnektivität und autonomes Fahren eine wesentliche Rolle.

Das führt dazu, dass sich der Spieß in der Automobilbranche umdreht: Immer mehr China-Hersteller drängen auf den europäischen Automarkt. Aufgrund des gewachsenen Konkurrenzumfelds wird der Kampf um Absatzzahlen selbst in Deutschland immer härter. Aufgrund der Expertise aus dem Reich der Mitte werden sich die internationalen Automärkte in den kommenden Jahren stark verändern, prognostizieren Experten dementsprechend.

Chinesische Autobauer nehmen Deutschland ins Visier – anders als BMW und Mercedes

Einer davon ist Frank Liebold. „Gerade bei Elektrofahrzeugen im Mittelklassesegment drängen neue Hersteller aus Asien auf den deutschen Markt“, erklärt der Country Director Deutschland bei Atradius, einem global tätigen Finanzdienstleister. Ihm zufolge haben hiesige Autohersteller wie BMW oder Mercedes nicht die Absicht, in der Heimat mit den Angeboten der China-Armada mitzuhalten – und bezieht sich auf das Segment der elektrizifierten Mittelklasse. Aktuelles Beispiel ist der Nio ET5, der BMW, VW und Co. die Stirn bietet.

Umgekehrt würden hiesige Autobauer ihr Glück suchen, wo potenziell die höchsten Verkaufszahlen zu holen sind. Neben den USA handele es sich um wachstumsstarke asiatische Regionen, zu denen neben China auch Indien gehört. „Sie (deutsche Hersteller, Anm. d. Red.) suchen ihre Kunden vermehrt im außereuropäischen Ausland – und gehen dorthin, wo die Marken BMW oder Mercedes noch ein großes Ansehen genießen“, ist Liebold überzeugt. Während im Westen der Trend zu alternativen Mobilitätskonzepten geht und das Auto als reines Statussymbol an Bedeutung verliert, sei die Lage in diesen Staaten anders: „Der Wohlstand wächst und viele haben bis jetzt noch kein Auto: ein vielversprechender Wachstumsmarkt für die als hochwertig geltenden Marken ‚Made in Germany‘“, führt der Experte aus.

chinesische autobauer machen sich in deutschland breit – „kostet nur halb so viel wie ein mercedes“Foto © IMAGO/Yuri Smityuk

Chinas Autohersteller drängen nach Deutschland – und sind günstiger als Premiummarken

Die Wirtschaftswoche hat analysiert, dass 2023 und den Jahren darauf nicht weniger als 18 chinesische Autohersteller mit 43 Modellen auf den europäischen Automarkt drängen und es Anzeichen gibt, dass den Platzhirschen in der Zukunft massiv Marktanteile streitig gemacht werden. So habe die chinesische Wiedergeburt der einst britischen Traditionsmarke MG im vergangenen Jahr bis August auf dem Kontinent rund 60.000 Fahrzeuge verkauft, Tendenz steigend.

Ein anderer Hersteller brachte den ADAC zum Schwärmen, es handele sich um ein SUV, das es im Hinblick auf Qualität und Platzangebot mit Mercedes aufnehmen könne: der Aiways U5. „Mit 39.657 Euro vor Abzug der Förderprämien kostet der Aiways nur etwa halb so viel wie zum Beispiel ein fein ausgestatteter Mercedes EQC, der von den Abmessungen her in der gleichen Liga spielt“, urteilte der Verkehrsclub. Das Fahrzeug tauge als Beispiel, dass die in China entwickelten Modelle „schon lange nicht mehr billig im Sinne von qualitativ minderwertig“ seien.

In dem Bericht der Wirtschaftswoche wird zudem ein Innovationsranking des Instituts „Center of Automotive Management“ (CAM) erwähnt, in dem sich der chinesische Konzern BYD auf Platz drei befindet, noch vor den Automobilgiganten BMW und Mercedes. Besonders das Knowhow in Sachen Batterietechnologie wird hervorgehoben.

Deutsche Autobauer und der Wissenstransfer: Kommt nun der China-Bumerang?

Letztlich bleibt die Einsicht, dass der vollzogene Wissenstransfer in der Vergangenheit wie ein Bumerang zurückzukommen droht. „Langfristig haben sich die deutschen Hersteller damit ihr eigenes Grab geschaufelt“, urteilt ein Mercedes-Insider. Dazu kommen bürokratische Unterschiede zwischen den Automarken beider Länder. Denn in China würden wichtige Entscheidungen im Hinblick auf die Entwicklung „einfach umgesetzt“, statt „monatelanger interner Abstimmungsprozesse“.

Dem Vernehmen nach gibt es lediglich zwei Probleme, mit dem Chinas Autobauer bzw. ihre Kunden in Ländern wie Deutschland noch zu kämpfen haben: komplizierte Vertriebsstrukturen sowie der Bereich Wartung und Instandhaltung. Denn mit chinesischen Fabrikaten – so sie denn Elektroautos sind – sei die Mehrzahl der freien Werkstätten hierzulande überfordert. Doch sei es nur eine Frage der Zeit, bis Besserung eintritt: Manager deutscher Autobauer würden damit rechnen, dass diese Hindernisse überwunden werden. (PF)

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