- 30 Euro in der Hauptsaison für eine Zweier-Besatzung
- Führerschein-Limit soll von 3,5 auf 4,25 Tonnen steigen
- Nicht für alle Betreiber war 2023 ein Rekordjahr
- Verbände fordern Bau von mehr Camper-Stellflächen
- Camping in Sachsen vergleichsweise günstig
- Auf Urlaubstour im aufgemotzten T3-Campingbus
In Sachsen gibt es über 100 Campingplätze. Doch die Wohnwagen und Mobile werden immer zahlreicher, größer und luxuriöser. Ein Besuch auf einem Vier-Sterne-Platz.
Thomas und Andrea aus Altenberg campen öfter am Stausee Oberwald bei Hohenstein-Ernstthal. Begleitet werden sie von Labrador Buddy. © kairospress
Die Côte d’Azur zu teuer? Die Amalfiküste zu weit weg? Die Adria zu überlaufen? Es gäbe da noch eine Alternative: das „Middelmeer um de Egge“. Zumindest für all jene, die Camping mögen. So wie Thomas aus Altenberg im Osterzgebirge. Der 70-Jährige sitzt vor seinem Wohnwagen in der Sonne und genießt den Moment. Sein Paddelbrett steht schon griffbereit. Mitten in der Natur aufzuwachen, sei doch das Schönste am Camper-Dasein, sagt er zufrieden. „Wenn Du dann sogar direkt am Wasser stehst wie hier, ist das ein Privileg.“
30 Euro in der Hauptsaison für eine Zweier-Besatzung
Der nur einen Steinwurf entfernte Strand gehört zum Stausee Oberwald, einem gefluteten Tagebaurestloch 20 Kilometer westlich von Chemnitz. Wo zu DDR-Zeiten Nickelerz abgebaut wurde, erstreckt sich heute ein 16 Hektar großer, von Wald und Wiesen gesäumter See. „Dei Middelmeer um de Egge“, wirbt der angrenzende Vier-Sterne-Superior-Campingplatz. Neben 47 touristischen Stellplätzen gebe es noch 53 Ferienhäuser und 70 Dauercamper-Parzellen, sagt Ina Klemm, die Geschäftsführerin der Betreiberfirma. Eine Wohnwagenbesatzung mit zwei Erwachsenen zahlt in der Hauptsaison 30 Euro pro Nacht. Das Gros der Gäste kommt aus Sachsen und dem benachbarten Thüringen.
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Camping im Freistaat ist populärer denn je. Mehr als eine Million Übernachtungen zählte das Statistische Landesamt im vergangenen Kalenderjahr. Das ist Rekord und entspricht einem Plus von über 22 Prozent im Vergleich zu 2022. Auch das Niveau der Vor-Corona-Zeit wurde damit übertroffen. Nun hofft die Branche auf eine ähnlich gute 2024er Saison. Das erste Quartal war vielversprechend: Von Januar bis April buchten rund 32.900 Campingtouristen mehr als 102.000 Übernachtungen zwischen Vogtland und Zittauer Gebirge.
„Camping hat nicht zuletzt durch Corona an Attraktivität gewonnen“, sagt Thomas. Vielerorts sind die Parzellennachbarn jünger und vielfältiger geworden. Neulinge seien leicht zu identifizieren, verrät der Rentner. „Die kommen auf den Platz und reden dich mit ,Sie‘ an.“ Er selbst campt seit seiner Kindheit. Schon seine Eltern hätten die Ferien im „Klappfix“ verbracht, sagt Thomas. „Später waren es dann ein QEK Junior und ein Bastei-Wohnwagen. Mit dem sind wir oft nach Tschechien oder Ungarn gefahren.“ Heute verborgen er und seine Frau Andrea ihren weißen Hobby-Caravan, wenn die Kinder mit den Enkeln in die Sommerfrische aufbrechen wollen. „Wir beide brauchen gar nicht unbedingt so ein Riesenschiff.“ Tatsächlich ist der 2,50 Meter breite Doppelachser für bis zu vier Personen ausgelegt. Der Freiraum wird von Labrador Buddy belegt. Er kann auf seiner eigenen Liegefläche schlafen, wenn nur Herrchen und Frauchen auf Tour sind.
Führerschein-Limit soll von 3,5 auf 4,25 Tonnen steigen
Egal ob Wohnwagen oder Reisemobil: Viele der rollenden Urlaubsdomizile sind mit der Zeit immer geräumiger und luxuriöser geworden. Damit steigt aber auch das durchschnittliche Fahrzeuggewicht, laut Tüv-Verband um etwa 40 Prozent in den vergangenen 20 Jahren. Herstellerverbände fordern nun, die 3,5-Tonnen-Regelung für Reisemobile abzuschaffen und das Limit im Klasse-B-Führerschein auf 4,25 Tonnen anzuheben. Im EU-Parlament wurde die nötige Novellierung der Richtlinie bereits befürwortet.
Wohnkomfort wie ein geräumiger Kühlschrank, Dusche oder Standheizung sei nicht zu verachten, sagt Thomas, der Camping-Profi. Und die Satellitenschüssel auf dem Dach? „Nur für die Spiele der Fußball-EM“, beschwichtigt er mit einem Lächeln. Dabei bietet der Campingplatzbetreiber bei den Partien der deutschen Nationalmannschaft sogar Public Viewing an.
Richtig voll wird es am Stausee Oberwald vom 5. bis 7. Juli. Das hat weder mit dem Fußball noch mit den Ferien zu tun, sondern mit dem Moto-GP-Rennen auf dem acht Kilometer entfernten Sachsenring. Über 200.000 Motorradfans werden dann in Hohenstein-Ernstthal und Umgebung erwartet. Der Campingplatz am Stausee sei das Wochenende über komplett ausgebucht, sagt Ina Klemm. Allenfalls ein paar Zelte ließen sich noch auf die verbliebenen freien Flächen quetschen. Aber schon 24 Stunden nach Ende des Mega-Events soll auf dem Platz wieder Normalbetrieb herrschen. Dann beginnt der Rest der Hauptsaison, die bis Anfang Oktober dauert.
Nicht für alle Betreiber war 2023 ein Rekordjahr
Wie gut Campingplätze in Sachsen gebucht werden, hängt vor allem von der Anzahl der regenfreien, warmen Tage ab. 2023 sei die Zahl der Übernachtungen am Stausee Oberwald um 2.000 eingebrochen, weil in der Zeit von Ende Juli bis Anfang August mehr oder weniger ständig miserables Wetter geherrscht habe, sagt Klemm. Das Jahr davor sei dagegen „ein Traum“ gewesen. „27.000 Übernachtungen, so viel hatten wir noch nie.“
Tatsächlich reagieren touristische Camper gern spontan auf unschöne Rahmenbedingungen. Das sei ja gerade der Clou dieser Urlaubsform, erklärt Thomas. „Wenn Du zwei Wochen Hotelurlaub gebucht hast, musst du die Zeit absitzen.“ Für Wohnmobilisten gelte dagegen: „Weiterfahren, bis wieder die Sonne scheint – und dann einen schönen Platz suchen.“
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das Angebot an freien Parzellen in der Hauptsaison stark schrumpft oder Platzbetreiber auf einer Mindestzahl an Übernachtungen bestehen. Doch selbst dafür gibt es Lösungen. So wächst das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten auf Bauernhöfen, privaten Wiesen oder dafür freigegebenen kommunalen Flächen. „Vor allem Stellplätze auf Weingütern liegen im Trend“, sagt Daniel Onggowinarso vom Caravaning Industrie Verband (CIVD).
Verbände fordern Bau von mehr Camper-Stellflächen
Gebucht wird über Plattformen wie HomeCamper, Hinterland, Campspace, Vansite oder Roadsurfer Spots. Ein weiterer etablierter Anbieter ist Landvergnügen. Hier berechtigt der Kauf einer Jahresvignette, rund 2.000 Gastgeber in Deutschland und Österreich anzusteuern. Der Haken an diesem Konzept ist, dass Reisende nur eine Nacht auf einem Hof bleiben können.
Anders in Struppen, einer Gemeinde in der Sächsischen Schweiz: Hier darf gebaut werden. Betreiber Markus Guhr will die Zahl seiner Stellflächen für Wohnwagen und Wohnmobile von 40 auf 114 fast verdreifachen. Im Frühjahr 2026 soll der neue Platz eröffnen.
Camping in Sachsen vergleichsweise günstig
Verglichen mit anderen Regionen ist Camping in sächsischen Gefilden noch recht günstig. Für die laufende Saison hat das Berliner Reise- und Buchungsportal camping.info einen Durchschnittspreis von 25,98 Euro pro Nacht ermittelt. Die Summe gilt für zwei Camper mit Wohnwagen und beinhaltet Stellplatzmiete, Strom und Ortstaxe. Niedriger sind die Raten nur in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen-Anhalt, dem Saarland und Thüringen. Mecklenburg-Vorpommern verlangt 32,45 Euro pro Übernachtung – das Sehnsuchtsziel Ostsee sorgt für höhere Preise.
Stop-and-Go auf Autobahn in Nordrhein-Westfalen: Zu Beginn der Sommerferien sind besonders viele Wohnwagen-und Wohnmobilbesatzungen unterwegs. © Sascha Thelen/dpa
Im europäischen Vergleich liegen die sächsischen Konditionen auf dem Niveau von Griechenland, Großbritannien und Schweden. Besonders kostspielig wird der Sommerurlaub traditionell für Camper in Italien (39,24 Euro), Kroatien (38,77 Euro) und der Schweiz (38,66 Euro). Tendenz: steigend. Über alle Länder hinweg verlangen die Platzbetreiber rund 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Gerade für Urlauber ohne eigenes Fahrzeug wird Camping damit zu einem immer teureren Vergnügen. Trotzdem mangelt es nicht an Nachfrage bei Vermietern von Wohnwagen und Wohnmobilen, zeigen stichprobenartige Abfragen bei großen Anbietern in Sachsen. Viele Fahrzeuge sind schon gut gebucht. „Wer schnell ist, kann noch eine der wenigen Restzeiten buchen“, sagt Dennis Martin von der Firma Vogtlandmobil in Markneukirchen. Bei ihm ist der günstigste Caravan derzeit für knapp 70 Euro pro Tag zu haben. Bei Kastenwagen-Wohnmobilen beginnen die Tagesraten bei knapp 90 Euro. Caravan Meinert in Dresden verlangt mindestens 50 Euro für den Einsteiger-Caravan und mindestens 120 für einen Kastenwagen.
Auf Urlaubstour im aufgemotzten T3-Campingbus
Thomas und Andrea sind in der komfortablen Lage, nicht mehr mieten zu müssen. Selbst dann nicht, wenn ihre Tochter sich den großen Wohnwagen von ihnen borgt und damit ins Allgäu fährt. „Wir haben noch ein kleines Wohnmobil“, sagt Thomas. An dem fast 40 Jahre alten VW T3 hat er 2023 ein halbes Jahr lang geschraubt. Jetzt hat der Hochdach-Camper einen Passat-Motor, Klimaanlage und neue Elektrik.
Ziele gebe es für ihn und seine Frau noch genug, sagt Thomas. „Wir wollen Deutschland besser kennenlernen.“ Auslandstrips könnten nach Prag oder an die Donau im ungarischen Esztergom führen. „Als wir noch gearbeitet haben, war dafür einfach zu wenig Zeit.“