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New York hat den Krach satt: 800 Dollar Strafe für Auspuff-Radau

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New York hat den Krach satt: 800 Dollar Strafe für Auspuff-Radau

Jaulende Polizeisirenen, Huperei, U-Bahn-Getöse auf oberirdischen Strecken, Schlagloch-Gerumpel allerorten, Bau-Lärm und Geschrei: Die New Yorker haben ihren Radau wieder, der während der Corona-Pandemie etwas nachgelassen hatte. Die Behörden wollen die Nerven der Bürger jetzt entlasten und stellen  Verkehrskameras auf, die auch den Lärm messen und getunte Autos und Motorräder identifizieren, die den  zulässigen Geräuschpegel überschreiten. In Paris hatten die Behörden vor einem Jahr an einigen Straßen ähnliche Geräte installiert, in Berlin wird über „Lärm-Blitzer“ nachgedacht.

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Da die Polizei aber häufig andere Prioritäten hat, sind Verstöße bisher oft nicht geahndet worden. Die neuen Geräte registrieren nun jedoch ähnlich wie Blitzer direkt das Kfz-Kennzeichen. Schon für den ersten Lärm-Verstoß droht eine Geldstrafe von 800 Dollar, die beim dritten Mal (und dem Ignorieren einer Anhörung) auf 2625 Dollar steigt.

Während einer einjährigen Pilotphase des Systems haben bereits mindestens 71 Fahrerinnen und Fahrer deswegen Strafzettel bekommen. Die Umweltschutzbehörde der Metropole will jetzt den Einsatz von Lärmmess-Apparaten am Straßenrand ausweiten. „Fahrzeuge mit illegal umgebautem Auspuff, die extrem laut sind, sind in den vergangenen Jahren zu einem wachsenden Problem geworden“, erklärt Stadtrat Erik Bottcher. Er begrüßt die Aufstellung der neuen Radargeräte in seinem Bezirk.

Dabei hat New York City bereits eine der umfassendsten Lärmschutzverordnungen in den gesamten USA. Für viele Krachmacher wie Presslufthämmer und Autos gelten zulässige Höchstwerte. Mit einen neuen Gesetz wurden im Frühjahr 2022 die Bußgelder für das Frisieren von Fahrzeugen angehoben.

Lärm schädigt Studien zufolge nicht nur das Gehör, sondern beeinflusst auch die Stimmung und die psychische Gesundheit der Menschen – ganz zu schweigen von einem möglichen Zusammenhang zu Herzerkrankungen und erhöhtem Blutdruck. „Der Lärm da draußen geht nonstop – die Hupen, die Lastwagen, die Sirenen“, klagte Bürgermeister Eric Adams kürzlich. „Lärmbelastung erschwert den Schlaf und erhöht das Risiko für chronische Krankheiten.“

Bereits vor fast zehn Jahren hatte einer von Adams’ Vorgängern, Michael Bloomberg, dem Krach den Kampf angesagt. In einem 45-seitigen Papier wurden Vorschriften erlassen, die unter anderem regelten, wie lange Eiswagen klingeln und Hunde bellen dürfen.

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Ob das in der Stadt, die niemals schläft, Abhilfe schafft? Die New York Times hatte schon 1905 den zunehmenden Straßenlärm kritisiert und die Frage gestellt, ob Abhilfe möglich sei. Mehr als ein Jahrhundert später lieferte die Corona-Pandemie die Antwort: Im Frühjahr 2020 verstummte das Röhren der Autos weitgehend, da die Menschen zuhause blieben. Die Bewohner konnten wieder Vogelgezwitscher hören, unterbrochen nur von heulenden Martinshörnern und nachts von illegalem Feuerwerk.

Dennoch sei die Ruhe wegen der Angst vor dem Virus von vielen als beunruhigend empfunden worden, sagt Juan Pablo Bello vom Projekt „Sound of New York City“ der New York University, das im Lockdown die Geräusche der Stadt beobachtete. „Die Stille während des Lockdowns war eine sehr unangenehme Stille.“

Dennoch nahm die Zahl der Beschwerden über Lärm während der Pandemie zu. Fachleute führten das darauf zurück, dass die ans Haus gebundenen Menschen überempfindlich reagiert hätten. Die Zahl der Beschwerden über laute Nachbarn verdoppelte sich im ersten Corona-Jahr, viele weitere richteten sich gegen getunte Autos und Motorräder.

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Das jetzige Vorgehen gegen laute Fahrzeuge geht manchen aber zu weit. Der Autoliebhaber Phillip Franklin aus dem Stadtteil Bronx startete eine Online-Petition gegen die Lärmschutzgesetze der Stadt. Lärm sei „Teil unseres Lebensalltags“, heißt es in der Petition. Leise Fahrzeuge seien zudem eine Gefahr für unaufmerksame  Fußgänger. „Schlaglöcher zu stopfen ist viel wichtiger als gegen laute Autos vorzugehen“, sagte Franklin in einem Interview.

Nach Ansicht von Wissenschaftler Juan Pablo Bello haben sich viele New  Yorker mit der Lautstärke abgefunden – und ziehen sie der Stille der Corona-Zeit vor. „Ich glaube, die Leute haben die Tatsache anerkannt, dass es eine chaotische, laute Stadt ist“, sagt er. „Wir haben gerne eine aktive und lebendige Umgebung. Und wir haben gerne eine Umgebung mit vielen Jobs und Aktivitäten, nicht diesen unheimlichen, ziemlich zermürbenden Ort.“

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