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VW Nutzfahrzeuge: Erste Details zum neuen Transporter

Im Rahmen der “Van of the Year”-Jury hatten wir Gelegenheit zum ersten Treffen mit dem neuen Transporter, Codename “T7 Nutz”. Auf Basis des Ford Transit Custom entsteht ein auch optisch überzeugendes Package, das allerdings beim Markenkernwert Raumeffizienz schwächelt. Und leider kommt er erst ab Sommer 2024, dafür dann gleich als Stromer, in zwei Akkugrößen und mit 250 bis 400 Kilometer Reichweite.

vw nutzfahrzeuge: erste details zum neuen transporter

(erschienen bei LOGISTRA von Johannes Reichel)

Klappern gehört zum Handwerk. Das weiß man natürlich auch bei den Handwerksprofis VW Nutzfahrzeuge in Hannover. Und hat zum allerersten „Sneak Preview“ zum Nachfolger der Markenikone Transporter in Wien vor Händlerschaft und Presse das komplette Management von VW Nutzfahrzeuge aufgefahren. Und reichlich „Pathos“: Man sei vor der Herausforderung gestanden, eine 60 Jahre Ikone neu zu erfinden, dabei die Bulli-Linie zu bewahren und dem Transporter ein „happy face“ mit auf den Weg zu geben. Das darf allerdings als gelungen bezeichnet werden: Vor allem die Frontpartie mit dem Element einer weiß durchgefärbten Spange mit ihrer großen Weißfläche wirkt freundlicher als der bullige schwarze Grill des Ford-Pendants.

Das Design führt auch die relative Geschlossenheit der Front fort, die man schon beim neuen Caddy als Stilmerkmal ersonnen hat und die die Horizontale betont. Am Heck stechen die ebenfalls aus weiß durchgefärbtem Kunststoff bestehenden Aussparungen der LED-Leuchten hervor, nebenbei mit dem mittigen Weißraum eine gute Werbefläche. Zumal 50 Prozent der Transporter ohnehin Weiß sind, wie die Verantwortlichen wissen.

Ein „logisches und zeitloses“ Design haben man schaffen wollen, so Chefgestalter Albert Kirzinger. Das Design-Getrommel ist umso mehr geboten, als es neben dem Zeitversatz die Eigenständigkeit eines Produkts zu betonen gilt, das in Kooperation mit Ford und auf Basis des Ford Transit Custom entstanden ist, der allerdings schon in diesem Herbst an den Start geht. Wobei: Den Anfang macht der Diesel – und der Stromer kommt erst ab dem vierten Quartal 2024.

Jetzt startet erstmal der Vorab-Vorverkauf

Womit man beim BEV zeitlich in etwa auf Linie mit dem technisch baugleichen VW Transporter liegen dürfte, bei dem ab Ende des Jahres der Vorab-Vorverkauf des Diesel (81 kW, ab 36.780 netto) startet, und ab Mai 2024 dann wohl Plug-in-Hybrid und Stromer bestellbar sein sollen, scharf getimt mit dem Produktionsende des T6.1 Transporter im Juni 2024, dessen Bestellungsliste so lang war, dass die Neuorder Mitte 2023 eingestellt worden ist. Das Warten auf das Elektromodell, das aufgrund der Komplexität die Basis der Entwicklung des „Multitraktionsmodells“, wie es bei VW heißt, bildete, könnte sich lohnen.

Zwei Akkugrößen zur Wahl

Denn der Transporter T7 „Nutz“, so sein interner Spitzname in Abgrenzung vom MQB-basierten Großraumkombi T7 Multivan, rollt als Elektrovariante wohl anders als bei Ford und praxisnah in zwei Akkukapazitäten an, zu 54 und 83 kWh brutto, was für Reichweiten von 250 bis 420 Kilometer genügen soll. Jede Wette, viele Logistiker oder Handwerker werden sich aus Kosten- und Bedarfsgründen mit dem Basis-Stromer begnügen, zumal auch in der 54-kWh-Basis schon 85 kW für flotten Antritt sorgen und nötigenfalls mit 125 kW Gleichstrom geladen werden kann, aus technischen Gründen etwas ungünstig rechts im vorderen Stoßfänger positioniert. 210 kW im Elektro-Allrad, das ist eher ein Fall für Privatkunden …

Der Baby-BEV dürfte vielen Gewerbetreibenden genügen

Zudem bietet der „Baby-BEV“ sicher auch mehr Nutzlast, die beim E-Modell 1.020 Kilo betragen soll, bei 1.380 Kilo maximal beim nutzlaststarken Diesel, jeweils mit 3,2 Tonnen Gesamtgewicht (beim BEV sowieso Standard). Bei der Anhängelast kann der BEV auch lange mithalten, die soll 2,0 bis 2,2 Tonnen betragen, bei 2,5 bis 2,8 Tonnen im Falle des Verbrenners. Daneben soll es von der Elektroversion auch eine Doka-Pritsche (nur mit großem Akku) geben, zudem kommt ein Allrad mit zusätzlichem Frontmotor zum standardmäßigen Heckantrieb, der ebenfalls von Ford selbst stammt. Wie übrigens auch die 2,0-Liter-Diesel-Eco-Blue-Aggregate unter der sehr eigenständig gestalteten Haube, die mit 81, 110 und 125 kW und bis zu 390 Nm Drehmoment kommen und deren Kraft von Sechsgang-Handschalter und wahlweise Achtgang-Automatik sortiert wird.

Wozu noch einen Plug-in-Hybrid, wenn man einen Stromer hat?

Und auch der Plug-in-Hybrid, an dessen Berechtigung man bei VW ebenso wie bei Ford glaubt, stammt von den US-Amerikanern und übernimmt das Ford-Kuga-Setup aus 2,5-Liter-Atkinson-Benziner und E-Maschine, zusammen 168 kW stark, aber maximal 60 Kilometer emissionsfrei. Man wird sehen, ob sich die sinnvollerweise nicht mehr staatlich incentivierte „Brückentechnologie“ auch bei gewerblichen Anwendern durchsetzt, wenn man einen zukunftssicheren Vollstromer haben kann.

Und auch VW will ja das Ziel erreichen, bis 2025 35 Prozent BEV und PHEV und dann bis 2030 sogar 55 Prozent der Fahrzeuge als Vollelektroversionen zu verkaufen, wozu neben dem weithin ausverkauften ID.Buzz (der neue L2 leider nicht als Cargo) eben vor allem der T7 Transporter und irgendwann mal ein elektrischer Nachfolger des erstmal für ein Elektronik-Update anstehenden Crafter beitragen soll. Andererseits betont VWN-Chef Carsten Intra, dass man bis zum gesetzlichen Ausstiegsdatum 2035 auch auf den Diesel setze.

Eher schlechtere Raumeffizienz: Plus 15 Zentimeter Länge

Mit dem gesamten Package des Ford Custom kann man sonst gut leben bei VW, wo man die generell gute Zusammenarbeit mit den Amerikanern betont. Allerdings wäre das Fahrzeug der Hannoveraner Tradition und Raumkunst gemäß wohl eher nicht noch weiter gewachsen, auf fast schon amerikanische 5,05 und 5,45 Meter Länge (plus 15 Zentimter) in den beiden Varianten sowie auf eine VW-Crafter-Breite von 2,03 Meter, ein Plus von 13 Zentimeter. Das man innen wenigstens in 15 Zentimeter mehr Innenbreite ummünzt, sprich viel Spielraum auch zwischen den flachen Radkästen für Palettenbefrachtung. Zudem baut der Bulli mit unter zwei Meter so flach wie zuvor, soll aber in Sachen Aerodynamik selbstredend deutlich besser geworden sein.

Geschlossene Front im Multivan-Look

Das deutet nicht nur die ziemlich geschlossene Front, sondern auch die Lufteinlässe in der Frontschürze nach Formel-1-Vorbild an, die die Verwirbelungen von den Rädern minimieren sollen. In Summe schrumpft das Grundvolumen vom T6.1 zum T7 dennoch: 5,5 statt 5,8 Kubikmeter dürfen in der kurzen Basis mit. 8,9 Kubikmeter sind es dann in der langen Hochdachversion, wo der alte T6.1-Hochdach 9,3 Kubik packte, bei 4,90 Meter Länge und 1,90 Meter Breite. Der T6 war schon einfach ein verflixt raumeffizientes Package. Zum Trost dürfen dann ja noch 170 Kilo Dachlast oben drauf. 2,60 Meter im L1 oder drei Meter Ladelänge beim L2 stehen bei 1,43 Meter Ladehöhe zur Verfügung, plus 40 Zentimeter mit der obligaten Durchlade. Außerdem wirbt VW damit, dass Kunden ihre möglicherweise teuren Ausbauten in die neue Version transferieren werden können.

Ausbauten sollen kompatibel zum Neuen sein

Apropos Ausbauten: Auch im Interieur setzt VW Nutzfahrzeuge komplett eigenständige Akzente und grenzt sich mit dem gewohnten Mix aus wertiger Materialanmutung, geradlinigem „3D-Design“ und Praktikabilität ein wenig vom Partner ab und will in der Bedienung einen am gewerblichen Kunden orientierten Mix aus digitalen und mechanischen Bedienelementen bieten. Auch das Digital-Cockpit mit dem zentralen Instrumentencluster und dem mittigen Infotainmentscreen (10,3“ Serie, 13“ Option) wirkt hochwertiger.

Obligat sind bei Ford wie bei VW die stämmigen 17-Zoll-Räder, LED-Leuchten, eine elektrische Parkbremse, schlüsselloser Start, optional Goodies wie der externe 2,3-kW-Anschluss beim BEV, ein digitaler Innenspiegel oder die LED-Matrix-Scheinwerfer. Und selbstredend fährt man in Sachen Konnektivität und Assistenz auf dem gleichen (hohen) Level wie Ford. Wenn es nur nicht mehr so lange dauern würde. Ganz schön früh geklappert, liebe VW-Leute!

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