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Volvo EX30: Die neue Größe unter den Kleinen

Erste Ausfahrt mit dem neuen Einstiegs-Stromer von Volvo, der im kommenden Jahr zu Preisen ab 36.590 Euro auf den Markt kommt.

Sie haben aus der Not eine Tugend gemacht und sich so in die erste Reihe der elektrischen Revolution gedrängelt. Weil ihre konventionellen Plattformen ausgereizt waren und der chinesische Mutterkonzern Geely außerhalb der Heimat alles auf Elektro setzt, hat Volvo früh den Schalter umgelegt, die Entwicklung und Produktion von Verbrennungskraftmaschinen ausgelagert und sich auf Batterie-Autos verlegt.

Das einzige Problem dabei: Bislang stehen die Stromer von Volvo, also der XC 40 und C40 Recharge, noch auf konventionellen Bodengruppen und sind entsprechend kompromissbehaftet. Doch damit ist es jetzt bald vorbei. Denn zum Jahreswechsel bringen die Schweden als EX30 endlich ihr erstes dezidiertes E-Auto auf einer Skateboard-Plattform und wollen damit den Markt von unten aufrollen. Mit einer Länge von 4,23 Metern und einem Grundpreis von 36.590 Euro ist der kompakte Fünftürer schließlich nicht nur das neue Einstiegsmodell der Nordländer, sondern auch ein veritabler Konkurrent für Modelle wie den neuen VW ID.3, den Renault Mégane E-Tech, den kommenden vollelektrischen Ford Explorer, aber auch für den chinesischen MG 4 Electric.

volvo ex30: die neue größe unter den kleinen

Kleiner Wikinger Mit einer Länge von 4,23 Meter ist der Volvo EX30 drei Zentimeter kürzer als ein VW ID.3, aber drei Zentimeter länger als ein Renault Megane E-Tech Electric. Mit einem Wendekreis von 10,6 Meter passt er gut in die Stadt.

Aber nur, weil der EX30 der aktuell kleinste Volvo ist, mangelt es ihm nicht an Größe. Im Gegenteil: Wer mit Männern wie Egbert Bakker, dem obersten Leiter für Fahrdynamik in der gesamten Volvo-Palette auf dem Testgelände bei Göteborg über die Rundstrecken räubert, der erlebt den kleinen Wikinger als souveränen und seriösen Familienwagen.

Nicht ganz so quirlig wie ein Smart #1

Klar ist er etwas handlicher und agiler als ein XC40, schließlich wiegt er auch weniger und ragt nicht so hoch auf. „Doch unsere Grundwerte der Vorhersehbarkeit, der Kontrollierbarkeit und des Komforts haben wir auch hier fest verankert“, sagt Bakker, „egal ob EX30 oder XC90, der Fahrer könnte einen Volvo auch mit geschlossenen Augen erkennen. Wenn denn das autonome Fahren schon funktionieren würde.“

volvo ex30: die neue größe unter den kleinen

Kurvenräuber Der Volvo EX30 baut auf der gleichen SEA-Plattform von Geely auf wie der Smart #1. Es gibt ihn mit Allrad- und Heckantrieb.

Vorhersehbar, kontrollierbar, komfortabel– der auf der gleichen Plattform aufgebaute Smart #1 mag quirliger sein, frecher und engagierter. Aber deshalb mangelt es dem EX30 noch lange nicht an Elan. Und er ist alles andere als ein Langweiler.

69 kWh-Akku für 480 Kilometer Reichweite

Um das zu beweisen, bleibt Bakker kurz stehen, wechselt auf dem Bildschirm in den Performance-Mode und steigt anschließend mit Wucht aufs Fahrpedal. Dann katapultieren die beiden zusammen 428 PS und 523 Nm starken E-Maschinen das Top-Modell in 3,6 Sekunden auf Tempo 100 und machen den kleinsten Volvo zum besten Sprinter in der Familie. Und der Elan hält an: Erst bei 180 km/h zieht die Elektronik den Stecker, später als bei VW & Co. Alternativ gibt es den EX30 auch mit 272 PS und 343 Nm Drehmoment allein an der Hinterachse. Der Sprintwert von 5,3 Sekunden ist dann noch immer imposant.

Auch bei den Akkukapazitäten lassen die Schweden den Kunden die Wahl: Wem 51 kWh für maximal 344 Kilometer Reichweite im Basismodell zu wenig sind, der bekommt für rund 5000 Euro Aufschlag noch einmal 18 kWh mehr. Damit kann er dann im besten Fall 140 Kilometer weiterfahren. Das sportliche Top-Modell kostet 48.490 Euro und kommt mit dem großen Akku auf 460 Kilometer Normreichweite. Nur an der Ladesäule ist der EX30 bestenfalls Durchschnitt: Denn beim Einstiegsmodell fließt der Strom nur bis zu 134 und bei der großen Batterie mit maximal 153 kW, so dass die 80 Prozent in beiden Fällen in 25 Minuten zu schaffen sind. Da sind andere inzwischen schneller.

volvo ex30: die neue größe unter den kleinen

Nordisch-nüchterne Kühle Wie bei Tesla ist im neuen Volvo der zentrale Touchscreen das zentrale Bedienelelement. Immerhin gibt es im EX30 noch einen Blinkerhebel und ein paar Tasten am Lenkrad. Zwei Schalter für vier Fensterheber liegen in der Mittelkonsole.

Genau wie beim Fahren beweist der EX30 auch innen Größe und hohe Reife: Statt auf Schnickschnack setzen die Schweden auf Substanz. Sie sparen sich digitale Spielereien und bauen lieber praktische Gadgets ein. So gibt es neben dem 400 Liter fassenden Kofferraum und einem kleinen, sieben Liter fassenden Frunk vorne unter dem Zentral-Bildschirm noch ein per Geheimcode geschütztes Wertfach. Das Handy lädt in einer Tasche darunter oder im Souterrain der Mittelkonsole. Cupholder und ein weitere Handyhalter surren bei Bedarf aus der Armlehne. Und weil die Lautsprecher in eine Soundbar unter der Frontscheibe wandern, gibt es in den Türen größere Taschen als bei jedem anderen Auto.

Schlicht, aber nicht schmucklos

Kein Schnick-Schnack – das gilt auch für die Bedienung, die Volvo nach dem Vorbild von Tesla radikal reduziert hat. Zwei Schalter für vier Fensteröffner auf der Mittelkonsole, zwei Knöpfe für den Warnblinker und den Notruf im Dachhimme – mehr gibt es nicht, was die nordisch-nüchterne Kühle im Cockpit stören könnte.

volvo ex30: die neue größe unter den kleinen

Feinabstimmung Egbert Bakker, oberster Leiter für Fahrdynamik bei Volvo, erläutert unserem Autor auf dem Testgelände bei Göteborg, worauf er bei der Entwicklung des EX30 besonderen Wert legte. Bilder: Volvo

So wirkt der X30 zwar schlicht, aber alles andere als schmucklos. Dafür sorgt nicht zuletzt die spannende Materialauswahl, die neben ästhetischen auch ethischen Gesichtspunkten genügen soll. Schließlich ist Nachhaltigkeit mit dem E-Antrieb alleine noch nicht zu Ende gedacht. Je nachdem, für welche der vier Themenwelten sich die Kundschaft entscheidet, bekommt sie deshalb Dekore aus geflochtenem Flachs der Leinsamenpflanze, Bezugsstoffe aus alten Jeans, Konsolen aus recycelten Rollläden, Teppiche aus PET-Flaschen und Polsterstoffe aus biologisch angebautem Kiefernöl. Die 25 Prozent recyceltes Aluminium und die 17 Prozent Recycling-Stahl sind da noch nicht einmal eingerechnet.

Volvo EX30 wird zum Volumenmodell

Ein neues Format, ein neues Segment, die erste rein elektrische Plattform aus China und deshalb viel Abstimmung mit Schwestermarken wie Zeekr und Smart : Man kann sich leicht vorstellen, dass Männer wie Bakker mit dem EX30 ein bisschen mehr Arbeit hatten als üblich. Doch der Aufwand dürfte sich lohnen. Denn mit ihrem kleinsten Auto haben die Schweden Großes vor: Die Produktionskapazität liegt bei 200.000 Autos im Jahr. Schon im nächsten Jahr könnte jeder dritte verkaufte Volvo ein elektrischer EX30 sein.

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