Genesis

Genesis G90

Tests

Test Genesis G90 (2024): Die S-Klasse im Blick

Der Genesis G90 3.5T V6 AWD SWB* auf einen Blick

  • 5,28 m lange Chauffeurs-Limousine
  • Gibt es auch verlängert auf als 5,47 m
  • Oberklassiges Interieur mit viel Leder
  • 3,5-Liter-V6-TwinTurbo mit 415 PS
  • 0-100 km/h in 5,2, Vmax 250 km/h
  • Grundpreis ab 111.000 Euro (Fünfsitzer)

*(Kraftstoffverbrauch kombiniert (WLTP): 11,0-10,5 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 248-237 g/km; CO2-Klasse: G)²

test genesis g90 (2024): die s-klasse im blick

Der Genesis G90 ist staatstragend gezeichnet. Der große Kühlergrill und die schmalen LED-Scheinwerfer schinden Eindruck.

Leder, wem Leder gebührt

Augen auf, Ohren spitzen und die Nase ausrichten: Der Genesis G90 darf noch einmal so richtig die Sinne betören. Handschmeichelndes Semianilinleder, Aluminium, Sichtcarbon und hinterschäumte Kunststoffflächen sehen nicht nur edel aus, sondern sind im Innenraum (bis auf die dürftig gepolsterten und minimal nackelnden Armlehnen in den vorderen Türen) auch handfest verarbeitet. Es riecht, Echtleder sei Dank, sogar noch nach guter alter Oberklasse. Unweigerlich kommen uns die angenehmen Ausdünstungen einer Mercedes S-Klasse (W140), eines Audi A8 (D2) oder eines BMW 7er (E38) in den Sinn. Alles Autos der 1990er-Jahre, in denen die Materialqualität sicherlich noch einen anderen Stellenwert hatte als heute.

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Das Cockpit des G90 wird durch viel Sachlichkeit geprägt. Die Bedienung geht leicht von der Hand, für die Klimaanlage gibt es weiterhin eine eigene Steuereinheit.

Mit veganen (Kunst-)Materialien überzeugt man zwar immer mehr Kunden – auch bei der Hyundai-Kernmarke. Bei der luxuriösen Tochtergesellschaft Genesis wollen sie am oberen Ende der eigenen Modellpalette allerdings eine sehr verwöhnte Zielgruppe ansprechen, die sonst auf deutsche Premiumfahrzeuge jenseits der fünf Meter abfahren. Neben hoher materieller Qualität muss da freilich auch das Infotainment-System stimmen. Und in der Tat geht die Bedienung per Touchscreen oder Dreh-/Drücksteller leicht von der Hand und die hochauflösenden Bildschirme (vorne wie hinten) sind von einer klaren, meist verständlichen Menüstruktur geprägt. Als weiteres Highlight fahren beim Fahrzeugstart zudem zwei Hochtöner der serienmäßigen, 23 Lautsprecher starken Bang & Olufsen 3D-Soundanlage aus dem Armaturenbrett. Feinkritik: Apple CarPlay und Android Auto funktionieren einzig kabelgebunden.

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Der Flaggschiff-Genesis wirkt auch in der Seitenansicht wohlproportioniert. Ein verdienst von Luc Donckerwolke, seit 2016 Chefdesigner von Genesis und zuvor bei Bentley aktiv.

Der Genesis G90 ist in zwei Längen verfügbar – da staunt selbst die Maybach S-Klasse

In Südkorea, das konnten wir in Seoul schon hautnah erleben, ist die zweite Generation des Genesis G90 bereits eine feste Größe im Straßenbild. Schließlich wurden dort bereits im ersten Verkaufsjahr 2022 rund 23.000 Einheiten verkauft. Anderswo in der Welt wird derzeit daran gearbeitet, dass man überhaupt mal einen G90 zu Gesicht bekommt. Seit Ende letzten Jahres wird die mindestens 5,28 Meter lange Chauffeurs-Limousine auch in Deutschland angeboten. Die Preise für das Genesis-Flaggschiff starten, als Fünfsitzer, bei fairen 111.000 Euro und es locken durchaus interessante Leasingangebote ab 1.500 Euro (brutto) im Monat – inklusive dem für Genesis typischen Fünf-Jahres-Servicepaket für Privatkunden.

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Schon der G90 mit kurzem Radstand bietet in Sitzreihe zwei fürstliche Platzverhältnisse. Alles was man hier sieht, inklusive dem Rear-Seat-Entertainment, zählt beim Viersitzer zur Serienausstattung.

Schon das Längenmaß zeigt, dass sie in Südkorea vor allem die Mercedes S-Klasse im Blick haben. Die einfach verlängerte Modellreihe V 223 ist beinahe gleichlang, bietet mit 3,22 zu 3,18 Meter allerdings einen etwas üppigeren Radstand als der hier getestete Genesis G90 Short Wheelbase (SWB). Wie es die Bezeichnung schon erahnen lässt, geht da aber noch mehr. Der G90 Long Wheelbase (LWB) bringt es auf stolze 5,47 Meter, besticht mit einem Radstand von 3,37 Meter und wildert damit größentechnisch im Revier der erlauchten Maybach S-Klasse. Doch schon der “kurze” G90 sorgt keineswegs für klaustrophobische Zustände bei den Mitreisenden. Selbst der Autor mit über 1,90 Meter konnte sein Gebein von Reihe zwei aus stressfrei nach vorne räkeln. Purer Luxus ist dabei sicherlich die Fußmassage-Funktion, die in der Rückenlehne des Beifahrersitzes integriert ist. Natürlich können die hinteren Sitze auch herkömmlich massieren, sind klimatisier- und zigfach verstellbar.

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Hinten sitzen ist das eine. Hinten liegen das andere. Bereits der “kurze” G90 wird per Knopfdruck zur First-Class-Lounge.

Komfort steht an erster Stelle

Die Türen lassen sich von innen wie bei Rolls-Royce per Knopfdruck automatisch schließen – bei der Fahrertür funktioniert das auch mit einem beherzten Tritt aufs Bremspedal. Die Portale mit ihrer gut dämmenden Akustikverglasung fallen auch nicht profan ins Schloss, sondern werden die letzten Millimeter per Softclose-Funktion beigezogen. Was man hierzulande selbst aus der oberen Mittelklasse um Audi A6 und Mercedes E-Klasse kennt, hat im Hyundai-Imperium Seltenheitswert. Das trifft auch auf die Fahrwerkskonstruktion zu. Wo es beispielsweise bei einem gewaltigen Kia EV9 sogar an adaptiven Dämpfern mangelt, zeigt Genesis im G90, dass sie es im Konzern durchaus beherrschen, eine regelbare Mehrkammer-Luftfederung zu verbauen.

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Türtafeln sind ja meist wenig besonders. Die Designer bei Genesis haben sich allerdings reichlich Mühe gegeben. Die Zierelemente im Testwagen bestehen überdies aus geschmiedetem Carbon.

Der Federungskomfort ist auch wegen dem „Preview ECS“-System nicht weit von dem der Mercedes S-Klasse entfernt. Eine vorausblickende Frontkamera überwacht den Fahrbahnzustand und meldet zum Beispiel Bodenwellen oder Schlaglöcher blitzschnell an die Elektronik, die wiederum das Fahrwerk entsprechend anpasst. Es mag sein, dass der oberste Daimler noch etwas feinmütiger über Unebenheiten schwebt. Aber zumindest, wenn wir nach dem eigenen Gedächtnisprotokoll gehen, sind die Unterschiede nicht weltbewegend. Auf der anderen Seite haben seine Entwickler dem G90 auch eine gewisse Agilität mitgegeben. Aufgrund der insgesamten Weichheit – auch in der Lenkung – wird zwar nicht ganz das fahrdynamisch hohe Niveau eines Audi A8 erreicht, ausgerüstet ebenfalls mit permanentem Allrad und der serienmäßigen Hinterachslenkung muss sich der Genesis in Kurven dennoch nicht verstecken.

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Der Genesis G90 verfügt als eines von wenigen Modellen im Hyundai-Konzern über eine Mehrkammer-Luftfederung. Komfort und Agilität bewegen sich zwischen Mercedes S-Klasse und Audi A8.

Der 415 PS starke V6-TwinTurbo passt zum Wesen des G90

Derweil ist der G90 noch einmal ein Auto für Fans von Hubraum und Zylindern. Den V8 aus dem Vorgänger hat man zwar nicht mehr in die zweite Generation übernommen, dennoch können wir uns hinterm Steuer nicht über fehlende Leistung beklagen. Ein 3,5 Liter großer TwinTurbo-V6 mit zusätzlichem 48V-Kompressor stellt 415 PS und maximal 549 Nm Drehmoment bereit, die bereits ab 1.300 Umdrehungen pro Minute anliegen. Als Getriebe kommt eine verschliffen, aber manchmal auch etwas träge, arbeitende Achtgang-Automatik zum Einsatz. Nach nur 5,2 Sekunden erreicht die 2,3 Tonnen schwere Limousine aus dem Stand Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h erreicht.

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Unter der weltweit größten Clamshell-Motorhaube verbirgt sich etwas schmucklos angerichtet der 3,5-Liter-V6-TwinTurbo, der zusätzlich von einem 48V-Kompressor unterstützt wird.

Doch sind diese Fahrwerte eher etwas für die Tafelrunde oder Gespräche im Zigarrenclub. Denn trotz der ganzen Leistungsreserven: Der Genesis G90 bevorzugt das gediegene Reisen mehr, denn die angestrengte Hetzjagd. Dies wird auch durch den „Chauffeur-Fahrmodus“ unterstrichen, der vor allem die hinteren Passagiere in den Fokus rückt. Gas- und Bremspedal sprechen dann mit großer Sanftmütigkeit an, die Start-Stopp-Automatik wird deaktiviert, um im Stadtverkehr unnötige Vibrationen beim Anlassen zu unterbinden, und das Fahrzeug wird noch mehr zu einem Wellnesstempel auf Rädern. Selbst der Verbrauch sinkt so gefahren in entspannte Bereiche knapp unterhalb der zehn Liter auf 100 Kilometer. Wird es zum nächsten Termin dann zeitlich spürbar enger und wird der Fahrer gebeten, doch etwas mehr Sportlichkeit an den Tag zu legen, peitscht der Sechszylinder aber auch ohne Probleme an die 20 Liter durch die Einspritzdüsen.

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Der Genesis G90 empfiehlt sich für den automobilen Genießer, der das Außergewöhnliche schätzt. Die Preise starten ab 111.000 Euro.

Fazit

Es ist nicht zu erwarten, dass der Genesis G90 in absehbarer Zeit zu einer echten Konkurrenz für die Mercedes S-Klasse oder den BMW Siebener wird. Vergleichbare Stückzahlen (in Europa) abzusetzen, dürfte allerdings auch nicht das erklärte Ziel der Hyundai-Tochter sein. Viel eher richtet man sich mit dieser qualitativ überzeugenden und komfortablen Oberklasse-Limousine an automobile Genießer, die das Außergewöhnliche schätzen. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten – Genesis G90 3.5T V6 AWD SWB*

  • Modell: Genesis G90 3.5T V6 AWD SWB
  • Motor: Sechszylinder-Turbo-48V-Kompressor, 3.470 ccm
  • Leistung: 305 kW/415 PS bei 5.800 U/min
  • Drehmoment: 549 Nm bei 1.300 U/min
  • Antrieb: Allrad, Achtgang-Automatik
  • Verbrauch kombiniert: 11,0-10,5 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 248-237 g/km²
  • CO2-Klasse: G²
  • Beschleunigung (0–100 km/h): 5,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Länge/Breite/Höhe: 5,28 m/1,93 m/1,49 m
  • Leergewicht: ca. 2.305 kg
  • Grundpreis G90 Fünfsitzer: ab 111.000 Euro
  • Testwagenpreis: 115.000 Euro

*Herstellerangaben

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