Finanzen

Porsche

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Porsche: Wie Nudging bei Mitarbeitenden für den Umstieg auf elektrische Dienstwagen sorgt

Porsche möchte, dass seine Mitarbeitenden elektrische Dienstwagen statt Benziner bestellen. Vorschreiben mag der Autobauer seinen Leuten das aber nicht. Er setzt auf eine andere Lösung: Nudging.

porsche: wie nudging bei mitarbeitenden für den umstieg auf elektrische dienstwagen sorgt

Porsche: Wie Nudging bei Mitarbeitenden für den Umstieg auf elektrische Dienstwagen sorgt

Bei uns in der Kantine hat es eine kleine Revolution gegeben: Unser Küchenchef Alfred Freeman hat die Speisekarte umsortiert. Jetzt steht ein veganes Gericht vorn, gefolgt von einem vegetarischen und zwei weiteren Angeboten. Gericht 4 setzt auf Fisch oder Fleisch – früher war es das Erste auf der Karte. „Inzwischen wird das vegane Gericht im Vergleich zu vorher mehr als doppelt so häufig bestellt“, erzählte mir gestern der vermutlich beste Kantinenchefs von allen. Das Beispiel zeigt: Manchmal braucht es nicht viel, um Verhalten und Entscheidungen zu verändern.

Das manager magazin fasst den Tag für Sie zusammen: Die wichtigsten Wirtschaftsnachrichten im Überblick als Newsletter. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Auch der Automobilhersteller Porsche setzt auf diesen Ansatz, den Verhaltensökonomen Nudging nennen. Porsches Ziel: den Anteil der elektrisch angetriebenen Dienstwagen in der eigenen Flotte zu erhöhen. Wie aber bringt man Benzinerfans, die den legendären Klang eines Porsche-Boxermotors über alles lieben, dazu, ihren Verbrenner gegen ein E-Fahrzeug zu tauschen?

Ein Team aus Wissenschaft und Praxis hat genau dies in einer 2023 veröffentlichten Studie untersucht. Die Leitfrage der Autoren um Wolfgang Freibichler und Cass R. Sunstein dabei: Wie erreicht man einen Bewusstseinswandel und eine Verhaltensänderung bei den Mitarbeitenden, damit sie künftig nachhaltiger agieren und mit alten Gewohnheiten und Vorlieben brechen?

In ihrem Artikel Mit Nudging zu mehr Klimaschutz – Porsche macht es vor beschreiben die Forscher, wie Porsche diese Herausforderungen erfolgreich bewältigt hat: Statt wie viele andere Unternehmen in solchen Fällen auf Vernunft, Richtlinien, Vorschriften oder Nachhaltigkeitsrankings zu verweisen, setzte der Sportwagenhersteller auf die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Methode der Nudges – zu Deutsch Stupser.

Dabei setzte Porsche ein spezielles Instrument des Nudging ein: Message-Framing – das Einbetten einer Botschaft in einen bestimmten Kontext.

In einem ersten Feldversuch entwickelte der Konzern dazu eine Entscheidungsarchitektur für die individuelle Bestellung von Firmen- und Leasingfahrzeugen. Sie sollte die Wahl eines reinen Elektrofahrzeugs oder Hybridfahrzeugs unterstützen. Während der Testphase erhielten mehrere Hundert zufällig ausgewählte, anonymisierte Angestellte mit Anrecht auf einen Leasing- oder Firmenwagen drei verschiedene Message-Framings.

  • Das emotionale Framing zielte darauf ab, E-Mobilität mit der Marke Porsche in Verbindung zu bringen. Dabei verwendete es den Slogan: „Das Herz elektrisch, die Seele Porsche“.

  • Das zweite, normative Framing appellierte an die Mitarbeitenden, als „Botschafter für eine nachhaltige Zukunft von Porsche“ einen Beitrag zur Unternehmensstrategie zu leisten.

  • Das dritte, nutzenbezogene Framing lenkte die Aufmerksamkeit auf die monetären Vorteile und informierte darüber, wie viel Geld die Beschäftigten sparen könnten: „Wechseln Sie von Benzin zu Strom und senken Sie Ihre monatlichen Betriebskosten um 100 Euro.“

Wie sich zeigte, half das Framing, die Beschäftigten in Richtung E-Mobilität zu bewegen: Von den fast 5000 Porsche-Mitarbeitenden, die sich einmal pro Jahr für einen neuen Leasing- oder Firmenwagen entscheiden können, wählte im Jahr 2021 mit 53 Prozent mehr als die Hälfte ein E-Fahrzeug. Bei ihrer Studie im Laufe des darauffolgenden Jahres richtete sich das Augenmerk der Forscher jedoch besonders auf eine Unterstichprobe von 147 Beschäftigten. Hier hatten 2021 lediglich 45,9 Prozent einen elektrifizierten Porsche bestellt – also weniger als bei der Gesamtzahl der Berechtigten. Nachdem das Nudging-Experiment durchgeführt worden war, stieg der Wert auf 66,5 Prozent. „Die Ergebnisse des Feldversuchs sind so vielversprechend, dass sich die Methode für eine Anwendung in großem Stil empfiehlt“, so das Fazit der Forscher.

Gut zu wissen: Bei allen drei Framings war die Wahrscheinlichkeit am größten, dass sich die Beschäftigten für ein vollelektrisches Fahrzeug oder ein Hybridfahrzeug entschieden, wenn sie die Bestellung kurz nach Erhalt der Framing-E-Mail abschlossen. Nach zwei Wochen ließ der Effekt nach, vor allem beim emotionalen Framing. Dagegen blieb der Effekt des nutzenbezogenen Framings stabil – und dies unabhängig davon, wie viel Zeit zwischen dem Erhalt der E-Mail und der Bestellung vergangen war. Das Timing der Botschaften ist also von entscheidender Bedeutung.

Sie möchten mehr zum Thema lesen? Das Buch „Nudge“ von Nobelpreisträger Richard Thaler und Cass Sunstein, dem Co-Autor unseres Artikels, ist der Goldstandard zum Thema.

Es muss nicht gleich ein ganzes Buch sein? Dann lege ich Ihnen die HBm-Artikel Nur ein kleiner Stupser und Wie Ihr Team lernt, die Vorschriften einzuhalten ans Herz.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Nudging gemacht? Ich freue mich auf Ihre Zuschriften hier.

Herzliche Grüße

Christiane Sommer

PS: „Strategie zum Frühstück“ erscheint alle zwei Wochen. Hier können Sie den Newsletter direkt abonnieren.

TOP STORIES

Top List in the World