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Tesla Model S

Mittwoch Magazin: Tesla Model S LR Palladium vs Newcomer. 1961 Bentley S2 Continental EV. Teslas Preisreduktionen beeinflussen nicht nur Gebrauchtmarkt.

Tesla Model S LR Palladium: wie schlägt er sich gegen die Newcomer?

Bjørn Nyland ist zweifellos ein Tesla-Fan. Zwar hat er in seiner Youtuber-Karriere schon unzählige Elektroautos mit auf die 90/120 km/h-Verbrauchsfahrten genommen, aber letztlich gewinnt immer ein Fahrzeug der Musk-Company. Zumindest bei der Effizienz. Die Aufregung um das Model S Plaid ist so weit abgeklungen. Quintessenz davon ist, dass es für Wettbewerber sehr schwer ist, die Elektrolimousine bei den Disziplinen 0-100 km/h, Sportlichkeit und Effizenz zu schlagen. Auch bei Preis/Leistung ist das Model S durchaus ein schwer zu knackender Konkurrent.

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Model S: seit mehr als 10 Jahren auf dem Markt, immer wieder verbessert. Wie schlägt sich der „Methusalem“ gegen die Luxus-Newcomer?

Mercedes & Lucid

Das will der Wettbewerb aber auch vermutlich gar nicht sein. Plaid-Fahrer ticken eben anders. Wer auf Gelsenkirchener Barock und Superbequemlichkeit steht, der greift zum EQS und wer Experimente machen will, der lässt sich auf den Lucid Air ein, der zumindest vom Design eine ganz andere Hausnummer ist. Trotzdem ist das Überleben von Lucid noch keinesfalls ausgemacht. Die Verkäufe des sehr hochpreisigen Elektroautos bleiben derzeit noch weit hinter den Projektionen zurück. Mercedes-Benz hingegen hat diese Probleme nicht, denn die Klientel ist es gewöhnt, eine Menge Geld für Dinge auszugeben, die bei anderen, weit günstigeren Fahrzeugen schlicht selbstverständlich sind.

Die Elektromobilität für die Wohlhabenden

Mit anderen Worten: hier wird Elektromobilität für die Wohlhabenden geboten. Wer es sportlich haben will UND viel Geld ausgeben will, der hat noch eine weitere Alternative: den Porsche Taycan. Der hält bei hartem Nürburgringeinsatz immerhin eine volle Runde durch. Das hatte vor nicht allzu langer Zeit das französische Automagazin L’argus festgestellt. Die testen Autos auf dem legendären Kurs aber auch äußerst kompromisslos. So verlor ein Model 3 Performance bereits nach weniger als einer Runde viel Leistung. Details gibts übrigens hier.

Mit dem Long Range Model S mit Zusatzbezeichnung „Palladium“ hingegen will die Musk-Company wieder mehr auf Reichweite und Effizienz setzen. Was mit den auf dem Testwagen aufgezogenen Reifen (255/45-19) gar nicht so einfach ist, wie man im Youtube-Beitrag sehen wird. Aber, auch das „kleine Model S“ mit „nur“ 685 PS schlägt im typischen Nyland-Test die meisten weit günstigeren Newcomer und eSUVs. Bei Tempo 90 und einer Außentemperatur von 19°C verbrauchte das große Elektroauto nur 14,9 kWh auf 100 Kilometer, bei 120 waren es 19,7 kWh. Die 20 kWh-Grenze wurde also nicht gerissen. Ganz anders der Mercedes EQS 500 4Matic. Der Verbrauch des zweifellos recht effizienten Stuttgarters lag hier bei 16, bzw. 21 kWh bei 20°C. Und der Lucid? Immerhin macht das Unternehmen viel Werbung damit, eines der effizientesten Autos (seiner Klasse) auf dem Weltmarkt zu sein. Hier lagen die Verbräuche bei 16,1 bzw. 19,8 kWh. Das ist bei 120 km/h schon recht nah am Tesla.

Nyland nicht ganz zufrieden

Nyland hatte mit einem deutlicheren „Sieg“ des Tesla gerechnet, denn der alte „Raven“ brauchte bei 16°C ein bißchen weniger als das aktuelle Modell. Die Erklärung? Der „Raven“ fuhr auf 245er Pneus, der „Palladium“ auf 255ern.

e-engine meint: Ganz ehrlich? Ob einer dieser riesigen und luxuriösen Stromer nun 20 kWh oder 30 kWh pro 100 Kilometer aufruft, ist doch völlig egal. Wer weit über 120.000 Euro für ein Elektroauto ausgeben kann, für den sind Verbrauchsunterschiede in der Nachkommastelle kaum relevant. Interessant ist es aber trotzdem allemal.

Bjørn Nyland | Tesla Model S LR Palladium im Sommer-Reichweitentest.

Bentley S2 Continental: Britische Eleganz und Elektromobilität

Bentley war in den 60ern eine Marke, die im selben Atemzug wie Rolls Royce genannt wurde. Kunststück, Bentley war viele Jahre lediglich der Markenname für geringfügig modifizierte Rolls-Royce. Das britische Traditionsunternehmen hatte bereits 1931 Bentley Motors übernommen. Heute sind Bentley und Rolls Royce zwei völlig verschiedene Luxusanbieter. Bentley gehört zu VW und RR zu BMW. Seitdem ist jegliche Ähnlichkeit der beiden Marken verschwunden.

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Noblesse oblige: der konvertierte Bentley S2 Continental ist und bleibt ein automobiles Kunstwerk. Zu sehen in der Savile Row No. 8 am 24. und 25. Mai 2023 in London.

1961 Bentley S2 Continental

Lunaz ist bekannt dafür hochwertige Oldtimer zu elektrifzieren. Dabei geht das englische Unternehmen äußerst behutsam vor. Wer in einen konvertierten Oldtimer wie den Bentley S2 Continental schaut, der findet kaum Anhaltspunkte für das elektrische Herz, dafür Holz, Leder und eine ganze Menge Stil. Der Bentley S2 Continental aus dem Jahr 1961, einer von weniger als 400 jemals gebauten Fahrzeugen, wurde in der Produktions- und Forschungseinrichtung von Lunaz in Silverstone auf vollelektrischen Antrieb umgerüstet. Anstelle des ursprünglichen Benzinmotors wird er nun von einer speziellen Version des von Lunaz entwickelten elektrischen Antriebsstrangs und Batteriepakets angetrieben.

Nachhaltigkeit auf die Spitze getrieben

Während des Veredelungsprozesses wurde die Lederausstattung entfernt und durch nachhaltige Materialien ersetzt, darunter Sitzleder, das mit natürlich gefallenen Olivenblättern gegerbt wurde, Teppiche aus 100 % regenerierten Nylonfasern und Holzfurniere aus vom Forestry Stewardship Council (FSC) zertifizierten Quellen. Im Sinne der Aufwertung von Materialien, anstatt sie wegzuwerfen, und um aus dem umweltschädlichen Zyklus „Ersetzen durch Neu“ auszubrechen, wird ein Teil der ursprünglichen Lederausstattung des Innenraums zu einem Paar maßgeschneiderter Lederschuhe für den Besitzer des Fahrzeugs verarbeitet. Die Schuhe werden von der britischen Firma Arthur Sleep handgefertigt, deren innovative „Mikrofabrik“ die erste neue Schuhmacherei ist, die seit über 100 Jahren in der Savile Row eröffnet wurde.

Auf dem Londoner Concours

Da ist es auch kein Wunder, dass der seltenste vollelektrische Oldtimer der Welt – das ist der Bentley S2 Continental von 1961 – den Concours auf der Londoner Savile Row am 24. und 25. Mai 2023 schmücken wird.

e-engine meint: Hyperscreen hin, Riesendrehmoment her, veganes-Leder hin oder unbeschreibliche Aerodynamik her – wer bei dieser Konversion nicht dahinschmilzt, dem ist vermutlich jeglicher Geschmack abhandengekommen. Dass dieses Auto regelrecht unbezahlbar sein wird, dürfte dann auch niemanden überraschen …

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Martin Weiss, Leiter DAT-Fahrzeugbewertung über die Auswirkungen der Tesla Preisreduktionen

DAT Marktbeobachtung: Teslas Preissenkungen bleiben nicht ohne Folgen

Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) befasst sich nun auch mit den Folgen der Tesla-Preiskorrekturen. Und die sind für den Gebrauchtmarkt nicht zu unterschätzen. Wenn ein Volumenhersteller wie Tesla solche Korrekturen bei den Neuwagenpreisen vornimmt, bleibt das, so Martin Weiss, Leiter DAT-Fahrzeugbewertung, nicht ohne Konsequenzen. Um die Bedeutung von Tesla für den Markt einzuordnen: Von allen 21.458 BEV-Besitzumschreibungen seit Jahresbeginn entfallen 2.460 auf die Modelle der Marke Tesla. Das sind knapp 11,5 Prozent. Von allen 137.077 BEV-Neuzulassungen seit Jahresbeginn hat Tesla 23.075 Einheiten in den Markt gebracht. Das sind fast 17 Prozent.

Model 3 dringt in neue Bereiche vor

Die deutlichen Preissenkungen haben beispielsweise dazu geführt, dass das Model 3 mittlerweile nach Subventionen deutlich unter 40.000 Euro zu haben ist, was die Limousine zum Wettbewerber von Fahrzeugen macht, die bislang in einer ganz anderen Kategorie waren. Andere Automobilhersteller kommen tatsächlich dadurch in Schwierigkeiten, denn sie bieten in dieser Klasse Fahrzeuge mit weniger Ausstattung, Leistung und geringerer Reichweite an. Was dazu führen wird, dass Kunden preissensibler werden. Zudem, und das sollte man nicht unterschätzen, bietet Tesla mit dem Supercharger-Netzwerk einen einzigartigen USP.

Komplexe Gesamtsituation

Anders als Tesla können oder werden andere Automobilhersteller die Preise für ihre Neuwagen mittelfristig nicht in dem Umfang senken. Sie können günstigere Einstiegsmodelle anbieten mit geringerer Leistung oder weniger Ausstattung. Oder sie können ihre Fahrzeuge z. B. durch günstige Leasingraten subventionieren. Aber aufgrund der noch hohen Kosten beim E-Automobilbau sind Preisnachlässe nur mit deutlichen Einbußen bei der Marge zu realisieren.

Konsequenzen für den Gebrauchtwagenmarkt

Die Preisreduzierung bei Tesla-Neuwagen hat Konsequenzen für den Gebrauchtwagenmarkt. Dort werden Tesla-Gebrauchtwagen vom Handel aktuell mit hohen Abschlägen angeboten, um sie für den Endverbraucher attraktiv zu machen, die Standzeiten niedrig zu halten und den Abstand zum Neuwagen zu halten. Denn der Abstand zwischen Neupreis und Gebrauchtwagenpreis muss groß genug sein, sonst funktioniert der Markt nicht. Wieder am Beispiel der Model 3: wenn die Standard Range Version deutlich unter 40.000 Euro kostet, wird ein Endverbraucher nicht bereit sein, für ein drei Jahre altes Modell nur wenige Tausend Euro weniger unter diesem Preis zu bezahlen. Durch die kurzen Lieferzeiten bei Tesla steigt das Volumen derzeit ohnehin rasant.

Zusammenhang zwischen Gebraucht- und Neuwagenmarkt

Niedrige Gebrauchtwagenpreise haben aber auch einen Effekt auf Leasing- und Finanzierungsraten für Neuwagen. Denn immer dann, wenn Gebrauchtwagen zu hohen oder stabilen Preisen verkauft werden können, ist es möglich, Leasing- oder Finanzierungsraten etwas niedriger zu halten. So wie der Markt aber momentan aussieht, wird es kompliziert für all die Fahrzeuge, die derzeit in einem Leasingvertrag laufen, wenn sie später wieder als Gebrauchtwagen vermarktet werden müssen. Dies gilt besonders dann, wenn während der Laufzeit die Preise für neue Fahrzeuge massiv gesenkt werden. Weiss sieht hier die Gefahr, dass die Auswirkungen auf die Gebrauchtfahrzeuge für Tesla Modelle auch einen starken Einfluss auf das generelle Preisniveau von Gebrauchtfahrzeugen anderer Marken nehmen könnte.

Exportproblematik

Bekanntlich hat sich bei Elektrofahrzeugen, vor allem bei Teslas, ein regelrechter „grauer“ Exportmarkt gebildet. Viele Fahrzeuge gehen nach Ablauf der Haltefrist in Märkte wie die Niederlande, Dänemark oder Norwegen. Diese von der Bundesregierung mit Argusaugen beobachtete Unart scheint sich aber zu „normalisieren“, weil die Kalkulationen nicht mehr aufgehen.

Martin Weiss vermutet allerdings noch eine andere Strategie: „Tesla erkauft sich den Markt, bevor die chinesischen Hersteller in großen Stückzahlen auf den Markt kommen.“

e-engine meint: Interessanterweise scheinen die anderen OEMs völlig unvorbereitet auf die Preisreduktionen zu reagieren. Eine Strategie ist kaum sichtbar. Klar, Martin Wiess glaubt, dass kurzfristig nur günstigere Einstiegsmodelle der Wettbewerber hier Linderung versprechen. Die sind dann aber noch schlechter ausgestattet und bieten noch weniger Reichweite. Händler können zumindest mit dem „Hauspreis“ entgegenwirken, was letztlich auf Kosten des Gewinns geht. Und last but not least, war der BEV-Markt bislang ein Verkäufermarkt, hat er sich nun zum Käufermarkt gewandelt.

Fotos: Bjørn Nyland (Youtube Stills), Mercedes-Benz, Tesla, Lucid, DAT, Lunaz

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